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Umgangsrecht: Pflicht zum Waschen der Kinderbekleidung?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Getrennt lebende Elternteile einigen sich oft darauf, dass das gemeinsame Kind unter anderem jedes zweite Wochenende beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt. Klamotten und Hygieneartikel für das Kind liegen hier entweder schon bereit oder sie werden vom Nachwuchs bei jedem Umgangskontakt mitgebracht. Doch kann der umgangsberechtigte Elternteil dazu verpflichtet werden, die Kleidung des Kindes zu waschen?

Waschpflicht – ja oder nein?

Nach der elterlichen Trennung lebte ein Junge bei seiner Mutter. Sein Vater wollte das Kind aber auch regelmäßig sehen und stritt mit seiner Expartnerin um das Umgangsrecht bzgl. des gemeinsamen Sohnes. Die beiden einigten sich und das angerufene Gericht bestimmte in einer Umgangsregelung, dass der Junge jedes zweite Wochenende bei seinem Vater verbringen soll. Dieser wurde unter anderem auch dazu verpflichtet, die Kleidung des Sprösslings übers Wochenende zu waschen.

Der Vater hielt diese Umgangsregelung für unzulässig. Es könne nicht sein, dass er nicht frei bestimmen könne, ob und wann er die Wäsche seines Sohnes wasche. Die Regelung verstoße daher gegen sein Recht, selbst über die Art und Weise der Kindsbetreuung zu entscheiden. Der Streit der Eltern endete erneut vor Gericht.

Vater muss Kleidung des Sohnes nicht reinigen

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg gab dem Vater Recht. Solange sein Sohn am Wochenende bei ihm ist, darf er selbst entscheiden, ob er die Bekleidung des Kindes wäscht oder nicht. Der Vater durfte daher die Einigung über den Umgang in Bezug auf die Waschpflicht kündigen.

Was sind Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung?

Eltern sind nicht nur umgangsberechtigt, sondern auch -verpflichtet. Während der Umgangskontakte muss der jeweilige Elternteil aber das Recht haben, Entscheidungen über alltägliche Angelegenheiten allein zu treffen, vgl. § 1687 I 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn es wäre umständlich, wenn sich der umgangsberechtigte Elternteil vor jeder Entscheidung, z. B. welchen Film das Kind am Abend anschauen darf, erst einmal mit seinem Expartner absprechen müsste.

Ein alleiniges Entscheidungsrecht in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung liegt etwa vor bei Fragen zur Schlafenszeit, zum Fernsehkonsum, zur Freizeitgestaltung oder zur Ernährung. Während das Kind bei ihm wohnt, kann der umgangsberechtigte Elternteil ebenfalls über die Bekleidung des Kindes sowie dabei einzuhaltende Hygienestandards selbstständig entscheiden.

Kindeswohl war nicht gefährdet

Aufgrund der gerichtlichen Umgangsregelung ist der Vater vorliegend dazu verpflichtet worden, die Bekleidung seines Sohnes zu reinigen – ob er wollte oder nicht. Darin war jedoch ein Eingriff in sein alleiniges Entscheidungsrecht in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung zu sehen. Denn aufgrund dieses Rechts darf der Vater während der Umgangswochenenden eigentlich selbstständig darüber entscheiden, ob die Wäsche gewaschen werden muss bzw. ob es hygienisch ist, das Kind mehrere Tage in denselben Klamotten herumlaufen zu lassen.

Ein Eingriff in diese Befugnis ist aber nur zulässig, wenn die Entscheidungen des umgangsberechtigten Elternteils das Kindeswohl gefährden. Das OLG konnte vorliegend aber nicht erkennen, inwieweit das Nichtwaschen von Kleidung zu einer ungünstigen Entwicklung des Kindes führen könnte. Der Vater durfte die Umgangsregelung daher kündigen.

Doch Vorsicht: Diese Entscheidung darf nicht verallgemeinert werden. Jeder Sachverhalt muss vielmehr gesondert überprüft werden. So kann das Ergebnis ganz anders ausfallen, wenn das Kind beispielsweise nicht nur zwei Tage beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt, sondern z. B. ein oder zwei Wochen. Eltern ist daher anzuraten, dem Kind entweder ausreichend Wechselkleidung mitzugeben oder einen kleinen „Klamottenvorrat“ beim umgangsberechtigten Elternteil zu lagern. Dann kann der frei entscheiden, wann er die Kleidung wäscht, und das Kind hat ausreichend Wechselkleidung bei beiden Elternteilen.

Fazit: Während der Umgangskontakte betreut der umgangsberechtigte Elternteil sein Kind. In dieser Zeit darf er in der Regel auch allein über Alltagsfragen – z. B. wann das Kind ins Bett gehen soll – entscheiden. Allerdings ist – soweit möglich – eine vorherige Absprache mit dem Expartner zu empfehlen, damit überall die gleichen Regeln gelten und das Kind nicht überfordert wird.

(OLG Brandenburg, Beschluss v. 11.05.2016, Az.: 13 UF 37/16)

(VOI)

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