Untersuchungshaft – Festnahme / Antworten auf häufige Fragen (FAQs)

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Vorläufige Festnahme

Eine vorläufige Festnahme erfolgt durch die Polizei. Ein richterlicher Haftbefehl liegt (noch) nicht vor. Die Polizei hält einen solchen aber für möglich.

Bei einer vorläufigen Festnahme muss der Beschuldigte mit der Polizei mitgehen, auch dann, wenn er davon ausgeht, nicht schuldig zu sein. Eine Aussage muss er aber nicht machen.

Wenn die Polizei den Beschuldigten nicht wieder frei lässt, muss er spätestens am Tag nach der Festnahme dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Der entscheidet sodann, ob er gegen den Beschuldigten einen Untersuchungshaftbefehl erlässt.

Untersuchungshaft (= U-Haft) / U-Haftbefehl

Damit ein U-Haftbefehl ergeht, müssen ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund vorliegen.

- dringender Tatverdacht

Dieser liegt vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass ein Beschuldigter eine Tat begangen hat oder daran teilgenommen hat. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren, sodass es grundsätzlich um eine nicht unerhebliche Straftat geht.

- Haftgründe:

Der Tatverdacht allein reicht für einen Haftbefehl aber nicht aus. Es müssen auch Haftgründe vorliegen.

Diese sind Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr.

-- Fluchtgefahr

Fluchtgefahr wird angenommen, wenn das Risiko besteht, dass ein Beschuldigter sich einem Strafverfahren eher entziehen wird als dass er sich diesem stellt. Dieses Risiko kann auch bei einem festen Wohnsitz sowie guten familiären und beruflichen Verhältnissen vorliegen, wenn eine hohe Strafe zu erwarten ist. Auch darf berücksichtigt werden, ob ein Beschuldigter (evtl. zusätzlich) einen Wohnsitz im Ausland hat. Dazu zählt auch ein Wohnsitz im benachbarten Ausland wie z. B. in Österreich.

-- Verdunkelungsgefahr

Dieser Haftgrund liegt vor, wenn das Verhalten eines Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, dass er auf Zeugen einwirkt und damit deren Aussagen manipuliert, oder sachliche Beweismittel vernichten möchte, diese dem Zugriff der Polizei entziehen möchte.

-- Wiederholungsgefahr

Wiederholungsgefahr ist als Haftgrund zulässig bei schweren Straftaten, wozu auch Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz zählen können, insbesondere wenn Gegenstand des Vorwurfs nicht mehr geringe Mengen von Drogen sind.

Voraussetzung ist, dass die begründete Möglichkeit besteht, dass ein Beschuldigter vor einer rechtskräftigen Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen wird.

Rechte des Beschuldigten

- Aussageverweigerungsrecht

Ein Beschuldigter hat das Recht, sich zu den Vorwürfen und auch zu seinen persönlichen Verhältnissen zu äußern. Aber insbesondere hat er das Recht, zu allem zu schweigen.

Dieses sog. Aussageverweigerungsrecht sollte er auf jeden Fall vor der Beratung mit einem Strafverteidiger wahrnehmen. Eine Aussage, welche erfolgt, ohne die Einzelheiten der Ermittlungen zu kennen, ohne nachvollziehen zu können, worauf sich der Tatverdacht gründet, dazu in einer Situation größter Aufregung, kann zu einer nicht kalkulierbaren (Eigen-)Belastung führen, an die man zudem das weitere Verfahren gebunden ist. Auch wenn Aussagen später widerrufen werden, ändert dies nichts an deren Verwertbarkeit im späteren Verfahren.

- Recht der freien Anwaltswahl

Ein Beschuldigter hat das Recht, sich unverzüglich mit einem von ihm zu wählenden Verteidiger in Verbindung zu setzen, auch wenn er auf einen Pflichtverteidiger angewiesen ist. Das Recht der freien Anwaltswahl soll sicherstellen, dass er zumindest eine Person an seiner Seite hat, der er vollständig vertraut.

Wurde einem Beschuldigten bereits direkt durch den Ermittlungsrichter für die erste Vernehmung ein Pflichtverteidiger beigeordnet, hat der Beschuldigte das Recht, innerhalb von 3 Wochen die Abberufung dieses Verteidigers zu beantragen und die Beiordnung eines anderen Pflichtverteidigers zu beantragen.

- Information von Angehörigen oder einer Vertrauensperson

Es ist einem Beschuldigten die Gelegenheit zu geben, unverzüglich einen Angehörigen oder nahen Vertrauten zu benachrichtigen, sodass er auch diese bitten kann, sich um einen Strafverteidiger für ihn zu kümmern.

- Haftprüfung, Haftbeschwerde

- Wird ein Untersuchungshaftbefehl erlassen, hat der Beschuldigte die Möglichkeit, dagegen Haftbeschwerde einzulegen oder Antrag auf Haftprüfung zu stellen.

Der Haftbefehl wird in diesen Fällen von anderen Richtern überprüft.

Der Termin zur Haftprüfung soll innerhalb von 2 Wochen nach Stellung des Antrages stattfinden.

- Außervollzugsetzung eines Haftbefehls

Die Haftprüfung oder die Haftbeschwerde können dazu führen, dass der Haftbefehl aufgehoben wird oder dass er außer Vollzug gesetzt wird.

Eine Außervollzugsetzung bedeutet, dass zwar ein Haftbefehl ergeht, der Beschuldigte aber trotzdem nicht in U-Haft muss. Er erhält hingegen Auflagen. Nur wenn er diese nicht einhält, muss er in Untersuchungshaft.

Typische Auflagen für die Außervollzugsetzung sind eine regelmäßige Meldepflicht bei der Polizei, Abgabe von Personalausweis und Reisepass, die Anweisung, den Wohnort nicht zu verlassen, auf Ladungen der Ermittlungsbehörden bei diesen zu erscheinen oder auch eine Sicherheitsleistung (vulgo: Kaution).

- Untersuchungshaft / Ausgestaltung

Der Beschuldigte hat das Recht auf Besuch durch Angehörige oder Freunde. Diese benötigen dafür eine Erlaubnis, die sog. Dauerbesuchserlaubnis, welche in Bayern durch die Staatsanwaltschaft erteilt wird. Liegt diese Besuchserlaubnis vor, muss mit der JVA (Justizvollzugsanstalt) ein Termin zum Besuch vereinbart werden. Grundsätzlich werden nicht mehr als 3 Personen zum Besuch eines Beschuldigten zugelassen. Der Besuch wird für 2 x 30 Minuten oder 1 Stunde / pro Monat bewilligt. Bei jungen Strafgefangenen beträgt die Besuchszeit 4 x 60 Minuten oder 4 Stunden / pro Monat.

Ein Beschuldigter hat das Recht, eigene Wäsche zu tragen, wenn der sog. regelmäßige Wäscheaustausch gesichert ist, und nicht wichtige Gründe entgegenstehen. So müssen in Bayern Beschuldigte, welche sich wegen eines Deliktes nach dem Betäubungsmittelgesetz in U-Haft befinden, grundsätzlich Anstaltskleidung tragen.

Dem Beschuldigten darf auf sein sog. Eigengeldkonto Geld überwiesen werden, sodass er im Gefängnis Einkäufe machen kann. Die Einzahlung erfolgt über die Landesjustizkasse Bamberg.

Der Beschuldigte darf Briefe heraussenden und Briefe erhalten. Diese werden allerdings jeweils vorab durch die Staatsanwaltschaft gelesen, da Äußerungen zu den Vorwürfen nicht erlaubt sind. Dann können die Briefe zu Beweiszwecken angehalten und für die Akte kopiert werden.

Als Strafverteidigerin und Fachanwältin für Strafrecht bin ich eine Spezialistin insbesondere auch für die Verteidigung von Personen, welche sich in Untersuchungshaft befinden. Gern stehe ich Ihnen mit meiner auf jahrzehntelanger Tätigkeit gründenden Erfahrung sowohl als Wahlverteidigerin als auch als Pflichtverteidigerin zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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