Untersuchungshaft I Einkauf in der U-Haft I Beschränkungen I

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Im Jahr 2021 saßen in Deutschland rund 30.000 Menschen in Untersuchungshaft.
 
Untersuchungshaft ist immer staatliche Freiheitsberaubung von Unschuldigen. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil – und bei Freispruch auch noch danach – gilt für Sie die Unschuldsvermutung.
 
Dennoch sind die Haftbedingungen in Untersuchungshaft kein Zuckerschlecken und können äußerst hart sein.

Wie hart sie sind, wissen viele nicht.  

Darf ich in Untersuchungshaft einkaufen? Was darf ich einkaufen? Was ist verboten?  

In diesem Rechtstipp und meinem Video erfahrt ihr, wie stark man beim Einkauf von Lebensmitteln bzw. Dingen des täglichen Lebensbedarfs in der Haft eingeschränkt ist und was man dagegen tun kann.  


Einkauf
 
Unter Einkauf versteht man die Möglichkeit in der Untersuchungshaft Nahrungs- und Genussmittel oder Dinge des täglichen Bedarfs einzukaufen.
 
Für Untersuchungsgefangene ist dies extrem wichtig, da dies einer der wenigen Möglichkeiten ist, ein Minimum an Lebensqualität aufrechtzuerhalten.
 
Kaffee, Tee, Zigaretten, Zahnpasta, Shampoo, Brotaufstrich, Tütensuppe, etc. Ohne Einkauf hat man das in Untersuchungshaft nicht.

 
Wie läuft das praktisch ab?

Die Möglichkeit einzukaufen besteht meist nur alle 14 Tage. Der Untersuchungsgefangene bekommt dafür einen Einkaufszettel und kann Ankreuzen was er gerne hätte. Ein paar Tage später wird ihm dies dann ausgehändigt.  
 
 
Wenn man hier aber etwas vergessen hat anzukreuzen, muss man dann 14 Tage bis zum nächsten Einkauf zum Beispiel auf den Zucker in den Kaffee oder ein Feuerzeug zum Anzünden der Zigarette verzichten. Diese 14 Tage können manchmal recht lange und hart sein.
 
Im Gefängnis gibt es keinen Lidl oder Aldi und auch keinen Edeka, sondern den ausschließlich den sogenannten Anstaltskaufmann, der ein Monopol im Gefängnis hat.
 
Monopole haben immer die Angewohnheit, dass sie die Preise verteuern und das Warenangebot geringer ist. So kostet z.B. ein Liter Cola bei Lidl vielleicht 0,99 €, beim Anstaltskaufmann aber 1,99 €. Eine Tafel Milka Schokolade gibt's bei Edeka für 0,89 €. Der Anstaltskaufmann verlangt dafür aber 1,79 €.
 
Im Durchschnitt sind die Preise in der JVA deshalb im Vergleich zu den Discountern um circa 20 bis 100 % Prozent höher.
 
Den Einkauf von Untersuchungsgefangenen beim Anstaltskaufmann hat jedes Bundesland für sich in einem eigenen Gesetz geregelt.
 
Nur in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen ist dieser Einkauf betragsmäßig begrenzt. Meist sind es um die 200,00 € pro Monat.  
 
Wegen den deutlich höheren Preisen in einer JVA dürfte dies einer Kaufkraft von rund 100 € pro Monat bei Lidl oder Aldi entsprechen. Dies sind nur 3,00 € Einkauf pro Tag. Nicht viel.
 
Diese betragsmäßige Beschränkung halten wir für rechtswidrig, da sie der Unschuldsvermutung von Untersuchungsgefangenen widerspricht.
 
Wenn man zum Beispiel Raucher ist und täglich 2 Päckchen raucht, heißt dies, ab dem 11-ten Tag eines Monats, hat man keine Zigaretten mehr und ist auf Zwangsentzug. Hart.
 
In Bayern wird die betragsmäßige Beschränkung des Einkaufs mit Sicherheit und Ordnung der Anstalt, Übersichtlichkeit des Haftraums, Gleichbehandlung mit Strafgefangenen oder auch Vermeidung von Subkultur begründet.

 
Diese Argumente überzeugen nicht.
 
Die Sicherheit und Ordnung der Anstalt kann alleine deshalb nicht beeinträchtigt werden, weil das Angebot des Anstaltskaufmanns alleine von der Anstalt selbst bestimmt und vermittelt wird. Wie soll das die Sicherheit der Anstalt gefährden?
 
Bei der Übersichtlichkeit des Haftraums und dessen Kontrollmöglichkeit handelt es sich ausschließlich um eine Frage des Kontrollaufwands und ist deshalb lediglich ein Personal- und Kostenproblem, das nicht zu Lasten des Untersuchungsgefangenen gelöst werden darf.
 
Wenn der Staat Unschuldige in Untersuchungshaft einsperrt, ist es ausschließlich sein Problem, das nötige Personal bereitzuhalten damit Hafträume kontrolliert werden können.  
 
Auch einer Argumentation, dass diese Beschränkung deshalb gilt, um das für Strafgefangene geltende Maß subkulturellen Aktivitäten vorbeugen, ist falsch. Strafgefangene sind rechtkräftig Verurteilte. Untersuchungsgefangene sind unschuldig Inhaftierte. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
 
Zudem gilt, dass ein Tauschhandel in vielen JVA alltäglich ist. Unterschiede bei Besitztümern, die Missgunst anderer Untersuchungsgefangener hervorrufen, die Gefahren von Tauschhandel, oder auch Abhängigkeiten sind keine Argumente für diese vorgebliche „Nivellierungsbefugnis“.  
 
Diese Argumentation verkennt, dass Unterschiede bei Besitztümern und Einkommen wesentliche Säule unserer Gesellschaft ist. Milliardäre verdienen teilweise 1 Million € pro Stunde, DAX Vorstände regelmäßig über 3.000,00 € die Stunde, unser Bundeskanzler immerhin noch rund 180,00 €, aber eine Pflegekraft in einem Altenheim nur 15,00 € pro Stunde.  
 
Angesichts dieser krassen Einkommensunterschiede außerhalb der Untersuchungshaft, gibt es aber keine Rechtfertigung weshalb alle Untersuchungsgefangenen auf ein monatliches Einkaufslimit von 200,00 € nivelliert werden sollen.
 
 Auch hier empfehlen wir, gegen solche Maßnahmen gerichtlich vorzugehen.


Weitere Infos finden Sie unter:

GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

Foto(s): GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

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