Urlaubsanspruch in der Elternzeit
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Am 16.04.2024 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in dem Verfahren 9 AZR 165/23 über die Urlaubsabgeltungsansprüche einer Arbeitnehmerin während der Mutterschutzzeiten und anschließender Elternzeit.
Der zu entscheidende Fall beschäftigte sich mit einer Arbeitnehmerin, die von 2009 bis 2020 als Therapeutin bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, und sich seit August 2015 aufgrund von Mutterschutz und anschließender Elternzeit nicht mehr in der Lage befand, ihren vertraglichen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen pro Jahr in Anspruch zu nehmen. Zum Zeitpunkt des Eintritts in den Mutterschutz im August 2015 hatte sie noch einen Urlaubstag für das laufende Jahr übrig. Anschließend befand sie sich bis November 2020 ununterbrochen in Mutterschutz und Elternzeit, da sie während dieser Zeit zwei Kinder gebar.
Die Arbeitnehmerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis im Juli 2020 zum Ende der Elternzeit im November 2020. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Arbeitgeber nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht, den auf die Elternzeit entfallenden Urlaub zu kürzen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Arbeitnehmerin die Abgeltung von insgesamt 146 Urlaubstagen, die sich aus dem Resturlaub für 2015 sowie den vollen Urlaubsansprüchen für die Jahre 2016 bis 2020 zusammensetzten.
Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung mit dem Argument, er hätte das Recht, den Urlaub nachträglich gemäß § 17 Abs. 1 BEEG zu kürzen. Zudem sei im Referenzzeitraum kein Entgelt gezahlt worden, sodass auch keine Abgeltungspflicht bestünde. Weiterhin berief sich der Arbeitgeber auf eine Verjährung der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2015 bis 2017.
Das BAG bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und sprach der Arbeitnehmerin den Anspruch auf Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche zu.
Das Gericht stellte fest, dass die Arbeitnehmerin während der Mutterschutzzeiten und Elternzeit Urlaubsansprüche erwarb. Für die Mutterschutzfristen ergibt sich dies aus § 24 MuSchG, der bestimmt, dass diese Zeiten für die Berechnung des Erholungsurlaubs als Beschäftigungszeiten gelten. Auch während der Elternzeit entstehen Urlaubsansprüche gemäß § 17 BEEG. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 1 BEEG setzt jedoch eine rechtzeitige Kürzungserklärung voraus. Da der Arbeitgeber dies unterlassen hatte, standen der Arbeitnehmerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch alle Urlaubsansprüche zu. Das Gericht stellte zudem klar, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Kürzungsrecht mehr besteht. Der Arbeitgeber hätte während des laufenden Arbeitsverhältnisses von seinem Recht Gebrauch machen müssen, den Urlaub zu kürzen. Eine nachträgliche Kürzung nach der Beendigung ist unzulässig. Außerdem stellte das Gericht fest, dass die Urlaubsansprüche nicht verjährt waren. Da sich die Arbeitnehmerin seit August 2015 durchgängig in Mutterschutz und Elternzeit befand, konnte die Verjährungsfrist für die Urlaubsansprüche aus den Jahren 2015 bis 2017 nicht beginnen, da Urlaubsansprüche während dieser Schutzfristen nicht verfallen können (§ 17 Abs. 2 BEEG, § 24 MuSchG).
Die Entscheidung zeigt, wie teuer es für einen Arbeitgeber werden kann, wenn dieser vergisst, den Urlaub mit einer Erklärung, die dem Arbeitnehmer nachweisbar zugehen muss, für die Zeit der Elternzeit anteilig zu kürzen.
Die Kürzungserklärung kann nach der Entscheidung des BAG ausdrücklich oder auch stillschweigend abgegeben werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte die Kürzungserklärung möglichst ausdrücklich und im Streit auch nachweisbar abgegeben werden.
Ein Arbeitgeber sollte vor Beendigung eines jeden Arbeitsverhältnisses genau und unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis endet, prüfen, ob vor dem Beendigungszeitpunkt noch eine Kürzungserklärung abgegeben werden sollte, wenn auch nur vorsorglich.
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