USA: Berufungsgericht verneint Haftungsprivileg für Access-Provider (BMG ./. Cox Communications)

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In einem viel beachteten Verfahren zwischen dem Musikverlag BMG und dem Accessprovider Cox Communications hat das Berufungsgericht des „Fourth Circuit“ gestern in den USA eine bedeutsame Entscheidung verkündet.

BMG hatte festgestellt, dass in fast zwei Millionen Fällen Kunden von Cox geschützte Musikinhalte, an denen BMG die Rechte zustanden, über Filesharing-Systeme zum Download anboten. Trotz entsprechender Hinweise von BMG an Cox dauerten die Rechtsverletzungen an. BMG klagte daraufhin auf Schadensersatz, die Jury sprach dem Verlag in erster Instanz 25 Mio. USD zu. Cox habe Beihilfe zu den Urheberrechtsverletzungen seiner Kunden geleistet, weil der Provider trotz Kenntnis von wiederholten Rechtsverletzungen keine Maßnahmen gegen derartige Wiederholungen ergriffen hätte, insbesondere wurde keinem Kunden der Internetanschluss gesperrt.

Der Digital Millennium Copyright Act (DMCA) sieht aber vor, dass Provider geeignete Maßnahmen vorhalten und ergreifen müssen, um gegen Wiederholungstäter vorzugehen („repeat infringer policy“). Fehlen solche Richtlinien – wie hier – verliert der Provider sein Haftungsprivileg.

Der Fourth Circuit Court hat das Urteil in diesem Punkt bestätigt und dabei Cox bescheinigt, es habe zwar auf dem Papier eine „repeat infringer policy“ gegeben, der Provider habe aber bewusst alles getan, um diese niemals zur Anwendung zu bringen. Im Ergebnis käme das einem Zustand gleich, in dem überhaupt keine derartigen Richtlinien existierten.

Gleichwohl wurde das Urteil zum Teil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Ausgangsgericht überwiesen. Wie in US-Verfahren üblich, hatte eine Jury darüber zu entscheiden, ob eine Beihilfe von Cox zu Urheberrechtsverletzungen der Kunden vorlag. Hierzu erhielt die Jury Anweisungen des Gerichts. Diese waren nach Ansicht des Fourth Circuit Courts zum Teil fehlerhaft. Konkret ging es um die Frage, ob es ausreicht, dass Cox von konkreten Rechtsverletzungen durch Kunden hätte wissen müssen, also Fahrlässigkeit vorlag. Dies verneint das Berufungsgericht abweichend von der Vorinstanz.

Die Jury hätte vielmehr prüfen müssen, ob seitens Cox „willful blindness“ vorlag, der Provider also bewusst die Augen vor den Rechtsverletzungen der Kunden verschlossen hat. Dieser Maßstab ist strenger, dürfte aber in dem nun zu wiederholenden Verfahren ebenfalls bejaht werden. Cox hatte von dem Ermittlungsdienstleister der Klägerin im Laufe mehrerer Jahre fast zwei Millionen Hinweise auf konkrete Rechtsverletzungen erhalten, diese aber allesamt ignoriert, da er den Absender auf eine sog. „Blacklist“ gesetzt hatte.

Ausgehend hiervon ist nach unserer Einschätzung ein bewusstes „die Augen verschließen“ zu bejahen, sodass mit einer erneuten Verurteilung des Providers zu rechnen ist.


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