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Verbote und Strafen in der Schule: Was dürfen Lehrer?

  • 4 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion

Für viele Eltern beginnt ein neuer Lebensabschnitt, wenn der Zögling wird ABC-Schütze wird. Bereits am ersten Tag lernt der Erstklässler viele neue Regeln und Verbote. Diese laden zum Übertreten ein und ziehen in der Folge Bestrafungen nach sich. Dabei legen Lehrer bei Bestrafungen eine oft erstaunliche Kreativität zu Tage. Daher stellt sich für viele Eltern die Frage: Was ist erlaubt und was nicht?

Was dürfen Lehrer verbieten?

Was Lehrer genau verbieten dürfen und was nicht, ist nicht abschließend gesetzlich geregelt. Die gesetzliche Regelung, was in den Schulen verboten ist, variiert von Bundesland zu Bundesland. Als Faustregel gilt: Der Lehrer darf alles verbieten, was den Schulfrieden und den Erziehungsauftrag stört. Die Schule soll kein Schlachtfeld politischer, religiöser, weltanschaulicher oder wirtschaftlicher Ideologien und Interessen sein. So sind beispielsweise im Bayrischen Gesetz über das Erziehungs- und Bildungswesen (BayEUG) Erziehungsauftrag, Verbote und Strafen geregelt:

Der Erziehungsauftrag

Die Lehrer sind nach Art. 1 Abs. 1 BayEUG verpflichtet, Geist und Körper, Herz und Charakter der Schulkinder anhand der Werte unserer Gesellschaft zu formen. An erster Stelle steht die Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung, die Würde des Menschen und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen sowie Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt. Dabei sollen die Schüler im Geist der Demokratie, in der Liebe zur bayerischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinn der Völkerversöhnung erzogen werden.

Der Lehrer ist nicht nur gehalten, sondern verpflichtet, diesen Erziehungsauftrag umzusetzen und zugleich sämtliche störende Elemente zu unterbinden.

Verbote nach der BayEUG

Die Schüler haben nach Art. 56 Abs. 4 S. 3 BayEUG hingegen alles zu unterlassen, was den Schulbetrieb oder die Ordnung der von ihnen besuchten Schule stören könnte.

So ist gemäß Art. 84 Abs. 1 S.1 BayEUG der Vertrieb von Gegenständen aller Art sowie Werbung hierzu und das Sammeln von Bestellungen untersagt.

Auch ist nach Art. 84 Abs. 2 BayEUG in der Schule politische Werbung nicht zulässig. Allerdings ist gemäß Art. 84 Abs. 3 BayEUG das Tragen von Abzeichen, Anstecknadeln, Plaketten, Aufklebern und ähnliche Zeichen erlaubt, wenn dadurch nicht der Schulfriede, der geordnete Schulbetrieb, die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags, das Recht der persönlichen Ehre oder die Erziehung zur Toleranz gefährdet wird.

Zudem dürfen Schüler nach Art. 56 Abs. 5 BayEUG in der Schule Handys und sonstige digitale Speichermedien nicht eingeschaltet lassen.

Verbote durch Schulordnung

Zusätzlich kann eine Schule eine Schulordnung und damit weitere Verbote erlassen. Der aktuell prominenteste Fall ist eine Schule, die eine Kleiderordnung erlassen und „aufreizende“ Kleidung verboten hat. Allerdings ist diese Kleiderordnung noch nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen. Erlässt eine Schule eine Kleiderordnung, um den Schulfrieden und den Erziehungsauftrag zu erfüllen, kann dies zulässig sein. Auch ohne Kleiderordnung ist nicht das Tragen jeder Kleidung erlaubt: So haben bereits mehrfach Gerichte, unter anderem auch der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (VGH Bayern), zugunsten von Lehrern entschieden, die Schüler mit Gesichtsschleier, also der sogenannten „Nikab“ oder „Burka“, nicht am Unterricht teilnehmen ließen (VGH Bayern, Beschluss v. 22.04.2014, Az.: 7 CS 13.2592, 7 C 13.2593).

Welche Strafen sind zulässig?

Auch hier variieren wieder die Bundesländer. Im Freistaat Bayern wurden diese teilweise in der BayEUG geregelt:

Darf der Lehrer das Handy wegnehmen?

Wenn ein Schüler gegen das Verbot verstößt, das Handy auf dem Schulgelände auszuschalten, dann darf der Lehrer dem Schüler das Handy wegnehmen und es „vorübergehend“ einbehalten, gemäß Art. 56 Abs. 5 BayEUG. Wie lang der Zeitraum des Handyentzugs sein darf, ist gesetzlich nicht festgelegt und wurde auch gerichtlich noch nicht entschieden. Nachdem den Schülern die Nutzung des Handys auf dem Schulhof untersagt ist, dürfte der Einbehalt bis zum Ende des jeweiligen Unterrichtstages gerechtfertigt sein.

Darf der Lehrer nachsitzen lassen?

Beteiligt sich ein Schüler nicht hinreichend am Unterricht, darf der Lehrer ihn unter Aufsicht einer Lehrkraft laut Art. 86 Abs. 1 S. 2 BayEUG zur Nacharbeit verpflichten. Allerdings sollte diese Maßnahme verhältnismäßig sein und die Eltern sind davon in Kenntnis zu setzen.

Dürfen Strafarbeiten aufgegeben werden?

Das BayEUG schweigt zu dieser Strafe, lässt aber nach Art. 86 Abs. 1 S. 1 BayEUG für die Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder zum Schutz von Personen und Sachen Erziehungsmaßnahmen zu. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise die „Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen“, also die Strafarbeit, als Strafe ausdrücklich zugelassen, gemäß Art. 53 Abs. 2 NRW SchulG.

Welche Strafen sind nicht zulässig?

In Art. 86 Abs. 3 BayEUG ist geregelt, dass körperliche Züchtigung und Gruppenstrafen nicht zulässig sind. Auch Strafen wie „In-die-Ecke-stellen“ bzw. „Strafstehen“ oder andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind nicht zulässig. Allerdings kann eine Ohrfeige auch gerechtfertigt sein: Eine männliche Pausenaufsicht wurde von mehreren sich prügelnden Kindern bedrängt, die teilweise auch auf ihn einschlugen. Zur Abschreckung versetzte er einem Schüler eine Ohrfeige – zu Recht, wie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschied: Der Mann handelte in Notwehr (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 02.06.2016, Az.:  III-1 Ws 63/16)

Fazit

Lehrer haben einen Auftrag zu erfüllen und sind daher mit Befugnissen ausgestattet. Allerdings haben diese ihre Grenzen. Eltern sollten daher die für Bundesland gültigen Schulordnungen sowie die Schulordnungen der jeweiligen Schule kennen.

(FMA)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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