Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers während einer Corona-Schutzimpfung

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Da Impftermine von Arbeitnehmern auch in die vorgesehene Arbeitszeit fallen können, ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevant, ob ein Vergütungsanspruch auch dann besteht, wenn Arbeitnehmer aufgrund eines Impftermins ihre Tätigkeit vorübergehend nicht ausüben. Bleibt der Vergütungsanspruch für diese Zeit bestehen?

1. Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“

Verkürzt formuliert gilt auch hier der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“: Sind Arbeitnehmer aufgrund einer Schutzimpfung daran gehindert, ihrer Arbeitstätigkeit nachzugehen, verlieren sie für diese Zeit zumindest im Ausgangspunkt den ihnen zustehenden Vergütungsanspruch.

2. Fortbestehen des Vergütungsanspruchs nach § 616 BGB

Der Vergütungsanspruch kann aber nach § 616 S. 1 BGB fortbestehen, wenn Arbeitnehmer „durch einen in [ihrer] Person liegenden Grund“ ohne ihr Verschulden an der Dienstleistung gehindert werden.

Schutzimpfung als in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund

Gerade nicht erfasst sind sog. objektive Hinderungsgründe, die eine Mehrzahl von Personen treffen.  Dass hierzu auch die Schutzimpfung zählen könnte, zeigt sich möglicherweise an dem generell bestehenden Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren – dieses betrifft eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer. Für die Einordnung als in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund spricht jedoch, dass Arbeitnehmer sich individuell für eine Impfung entscheiden, was sich auch daran zeigt, dass keine Impfpflicht besteht. Insbesondere ist die Schutzimpfung mit Arztbesuchen vergleichbar. Diese können zumindest dann unter § 616 BGB fallen, sofern ein Termin außerhalb der Arbeitszeit nicht möglich und zumutbar ist.

Impftermine außerhalb der Arbeitszeit möglich? 

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer dazu angehalten, einen Arzttermin zu erhalten, der nicht in die übliche Arbeitszeit fällt. § 616 BGB greift nur dann, wenn eine Behandlung aus medizinischen Gründen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommen werden muss oder Arbeitnehmer -  trotz Bemühens - keinen Termin außerhalb der Arbeitszeit erhalten.

Allerdings sind die Auswahlmöglichkeiten von Impfterminen stark begrenzt, häufig wird die konkrete Uhrzeit vorgegeben. Hier besteht faktisch keine Wahlmöglichkeit. Anders würde es sich verhalten, wenn bezüglich des Termins Präferenzen angegeben und konkrete Uhrzeiten vereinbart werden können: Dann kann von Arbeitnehmern zu erwarten sein, einen Impftermin außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen. Falls mit den fortschreitenden Impfungen in Impfzentren und Arztpraxen mehr Einflussmöglichkeiten auf die Terminvereinbarungen einhergehen sollten, könnte dies die Annahme eines Vergütungsanspruchs  erschweren. Davon ist aber wegen der hohen Nachfrage nicht auszugehen.

3. Fazit und Hinweise

Sofern die Schutzimpfung einen persönlichen Hinderungsgrund im Sinne des § 616 BGB darstellt und Arbeitnehmer auf ihren Impftermin nicht bzw. nur eingeschränkt Einfluss nehmen können, kann der Vergütungsanspruch fortbestehen. Eine abschließende rechtliche Einschätzung fällt aber schwer.

Im Zweifel Vergütungspflicht 

Arbeitgebern ist deshalb anzuraten, im Zweifel von einer Vergütungspflicht auszugehen und zur Wahrnehmung von Impfterminen auch während der Arbeitszeit beizutragen.

Möglichkeit der vertraglichen Abbedingung des § 616 BGB

Zu beachten ist, dass § 616 (tarif-)vertraglich abbedungen werden kann. In diesem Fall kann der Vergütungsanspruch nicht nach § 616 BGB fortbestehen. Arbeitgeber, die die Regelung des § 616 BGB in Arbeitsverträgen bereits wirksam abbedungen haben, Impfungen ihrer Arbeitnehmer aber dennoch fördern möchten, können in Erwägung ziehen, die entsprechenden vertraglichen Regelungen ausdrücklich für Corona-Schutzimpfungen zu ändern. Bei Unsicherheiten sollten Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber das Gespräch über eine bezahlte Freistellung suchen.


(Autor: Niklas Koglin, Lektorat Patricia Hauto


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