Verjährung in Fällen sexuellen Missbrauchs

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Die Verjährungsvorschriften sowohl für die strafrechtliche Verfolgung von Sexualstraftaten, als auch für die zivilrechtliche Geltendmachung von Schmerzensgeld und Schadensersatz haben sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. In Folge des Bekanntwerdens von etlichen Missbrauchsfällen in Internaten wurde ein Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ eingerichtet und es kam zu erneuten Gesetzesveränderungen. Seit dem 30.06.2013 beträgt zivilrechtlich nunmehr die Verjährung nicht mehr 3 sondern 30 Jahre und im Strafrecht ruht der Lauf der Verjährungsfristen nicht mehr nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sondern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.

Strafrecht:

Die Verjährung richtet sich nach der angedrohten Strafe und ist für einzelne Delikte unterschiedlich. Sie beträgt zwischen 5 und 20 Jahren. Die konkrete Verjährungsfrist richtet sich nach dem Strafrahmen zum Zeitpunkt der Tat. Diese haben sich im Laufe der Zeit mehrfach verändert. Da es z. B. den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern erst seit dem 01.04.1998 als eigenständigen Straftatbestand gibt, beträgt hierfür die Verjährungsfrist auch erst seit diesem Zeitpunkt 20 Jahre. Für Taten vor diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist 10 Jahre.

Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit dem Ende der Tat. Betrifft die Tat Kinder oder Jugendliche, ruht der Beginn jedoch seit dem 30.06.2013 bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. Bereits seit dem 30.06.1994 existierte eine solche Ruhensfrist, jedoch nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

Für die Frage der Verjährung ist im Hinblick auf sog. „Altfälle“ damit entscheidend, welcher Strafrahmen zum Tatzeitpunkt für die Tat existierte. Wenn die Tat vor dem 30.06.1994 stattgefunden hat, kommt es darauf an, ob sie zu diesem Termin bereits nach altem Recht verjährt war oder ob die Verjährungsfrist noch lief.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass zurzeit zwar ab dem 39. Lebensjahr auch eine Vergewaltigung in der Kindheit nicht mehr verfolgt werden kann, künftig wird dies ab dem 42. Lebensjahr aber der Fall sein.

Beispiele:

Wenn ein 10jähriges Kind (geb. am 03.04.1972) 1982 sexuell missbraucht wurde, betrug die Verjährung hierfür 10 Jahre, d.h. die Tat konnte ab 1992 nicht mehr verfolgt werden. Wurde Geschlechtsverkehr mit Gewaltanwendung ausgeübt (Vergewaltigung) betrug auch damals die Verjährung 20 Jahre, sodass die Tat zum Stichtag der Einführung der Ruhensvorschrift am 30.06.1994 noch nicht verjährt war, also die Verjährungsfrist bis zum Beginn des 19. Lebensjahres ruhte. Im Beispielsfall ist dies der 03.04.1990. Damit ist auch eine solche Tat verjährt.

Wenn ein 12jähriges Kind (geb. am 03.04.1986) 1998 sexuell missbraucht wurde, beginnt die Verjährungsfrist mit dessen 18. Geburtstag am 03.04.2004. Unabhängig vom konkreten Tatgeschehen ist hier keine sexuelle Handlung verjährt. Verjährung wäre mit der alten Ruhensvorschrift am 02.04.2014 eingetreten. Durch die Neuregelung der Ruhensvorschrift 2013 verschiebt sich hier die Verjährung um drei Jahre, sodass also nach wie vor die Strafverfolgung noch möglich ist.

Zivilrecht:

Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung zivilrechtlicher Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche beträgt nun 30 Jahre. Diese lange Verjährungsfrist gilt aber nur für Fälle, die zum 30.06.2013 noch nicht verjährt waren. Die alte Verjährungsfrist betrug 3 Jahre und war gehemmt bis zum 21. Lebensjahr, und wenn das Opfer zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebte, bis zum Ende dieser Gemeinschaft. Wer am 30.06.2013 also bereits 24 Jahre alt war und mit dem Täter nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft lebte, kann wegen sexuellen Missbrauchs in der Kindheit kein Schmerzensgeld mehr geltend machen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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