Verkehrsunfall: Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Nachbesichtigung Ihres Fahrzeugs

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In der Regel macht der Geschädigte seinen Unfallschaden nach einem Verkehrsunfall auf Grundlage eines von ihm in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens geltend. 

Nach Übermittlung der entsprechenden Gutachten an die gegnerischen Haftpflichtversicherungen wird von diesen jedoch wieder vermehrt eingewandt, dass der Schaden ohne eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs nicht ausgeglichen werden könne, da z. B. die Schadenshöhe anhand des vorgelegten Gutachtens nicht nachzuvollziehen sei. Derart allgemein gehaltene Einwände oder die bloße Mitteilung, dass das Fahrzeug nachbesichtigt werden müsse, lösen jedoch keinen Anspruch auf Nachbesichtigung aus und die Haftpflichtversicherung bleibt weiterhin zur Zahlung verpflichtet.

Denn ein pauschales und unsubstantiiertes Nachbesichtigungsverlangen ist nach ständiger Rechtsprechung schlichtweg unzulässig (vgl.: LG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2015, Az.: 2-10 O 200/15; LG Berlin, Urteil vom 13.07.2011, Az.: 42 O 22/10; LG Kleve, Urteil vom 29.12.1998, Az.: 3 O 317/98; LG München, Urteil vom 20.12.1990, Az.: I 19 S 11609/90; BGH, ZfSch 1989, 299). Insbesondere dann, wenn keine vernünftigen und stichhaltigen Gründe dafür vorgetragen werden, was an dem vorgelegten Gutachten auszusetzen sei bzw. welche konkreten Mängel es aufweisen soll.

In diesen Fällen sollte daher ein Nachbesichtigungsverlangen strikt abgelehnt werden. Dieser nach meiner Einschätzung als Zermürbungsversuch zu wertende Einwand der Versicherungen führt in aller Regel auch nicht zum Erfolg, wenn die Schadensersatzansprüche mit der entsprechenden Argumentation konsequent und nachhaltig weiterverfolgt werden.

Solche Nachbesichtigungsverlangen finden nämlich keinerlei Stütze im Gesetz. Der Geschädigte schuldet auch nach ständiger Rechtsprechung lediglich die Vorlage von Belegen. Dieser aus § 119 Abs. 3 VVG folgenden Verpflichtung wird er durch die Vorlage eines in sich schlüssigen und in seiner Höhe nach nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens hinreichend gerecht. Er muss vor allen Dingen weder eine Nachbesichtigung zulassen noch begründen, warum er eine solche nicht wünscht (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2015, Az.: 2-10 O 200/15).

Grundsätzlich ist es nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall jedoch ratsam, direkt rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, da in diesen Fällen die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit ohnehin von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zu tragen sind.

Häufig werden nämlich bei einem Versuch, den Unfallschaden in Eigenregie bzw. über eine Reparaturwerkstatt zu regulieren, bereits Fakten zum Nachteil des Geschädigten geschaffen, die dann später rechtlich nicht mehr korrigiert werden können.


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