Völkermordfall Gaza: UN-Kommission stellt vorsätzlichen Völkermord durch Israel fest
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In ihrem 49seitigen Report vom 13. März 2025 mit dem Titel “More than a human can bear” (Mehr als ein Mensch ertragen kann) beschreibt die "Unabhängige Internationale Untersuchungskommission betreffend das besetzte palästinensische Territorium einschließlich Ost-Jerusalem und Israel" Israels "systematischen Gebrauch von sexueller, reproduktiver und anderer Formen geschlechtsspezifischer Gewalt" seit dem 7. Oktober 2023 im besetzten palästinensischen Territorium.
Die Kommission, die von der renommierten südafrikanischen Juristin und ehemaligen Richterin am Internationalen Strafgerichtshof Navi Pillay geleitet wird, hat bereits im Juni 2024 über entsprechende Verletzungen durch den militärischen Flügel der Hamas und andere palästinensische Gruppen im selben Zeitraum an die UN-Menschenrechtskommission und die UN-Generalversammlung berichtet, wobei sie zu dem Schluss gelangt war, dass "sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt" an "mehreren Orten in Israel" von einer "Vielzahl von palästinensischen Tätern" begangen wurde.
Der jetzige, sehr detaillierte Bericht, dem umfangreiche Beweiserhebungen zugrunde liegen, stellt neben der sexualisierten Folter von palästinensischen Männern und Jungen durch israelische Sicherheitskräfte und illegale israelische Siedler (Rz 206 ff) vor allem Angriffe auf die Fortpflanzung (Reproduktion) im Gazastreifen in den Mittelpunkt; unter Rz 218 wird ausgeführt (übersetzt):
"Einrichtungen, die der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung dienten, wurden systematisch im gesamten Gazastreifen zerstört, einschließlich Entbindungskliniken und Entbindungsstationen und, insbesondere, Gazas wichtigste Kinderwunschklinik. Israelische Behörden zerstörten diese Einrichtungen vorsätzlich und setzten sie außer Betrieb, während sie gleichzeitig eine Blockade erzwangen und humanitäre Hilfe in großem Stil unmöglich machten, einschließlich der Verhinderung der Lieferung erforderlicher Medikamente und medizinischer Ausrüstungen zur Ermöglichung sicherer Schwangerschaften, Geburten und Behandlung von Neugeborenen. Die israelischen Behörden haben Patienten systematisch die Bewilligung zum Verlassen des Gazastreifens zum Zwecke der auswärtigen Behandlung verweigert, einschließlich Patient(innen) mit gynäkologischen Krebsarten. Die Kommission stellt fest, dass die israelischen Behörden die reproduktiven Kapazitäten der Palästinenser in Gaza als Gruppe (zumindest) teilweise zerstört haben, einschließlich der Auferlegung von Maßnahmen, die darauf abzielen, Geburten zu verhindern, eine der genozidalen Handlungen, die im Römischen Statut (Anm: Statut des Internationalen Strafgerichthofs) und in der Völkermordkonvention aufgeführt sind" .
Besonders der Beschuss und die Zerstörung des Al-Basma-In-Vitro-Fertilisationszentrums, Gazas größter Kinderwunschklinik, im Dezember 2023 wird im Bericht hervorgehoben: Das dortige Labor wurde direkt getroffen und etwa 4.000 Embryonen wurden vernichtet, ebenso etwa 1.000 Samenspenden und unbefruchtete Eizellen (Rz 41). Durch visuelle Analysen konnte sich die Kommission davon überzeugen, dass der ausgedehnte Schaden durch ein Projektil großen Kalibers, mit großer Wahrscheinlichkeit aus einem israelischen Panzer, stammte. Da es sich um ein allein stehendes Gebäude handelte, welches klar mit dem Kliniknamen gekennzeichnet war und die Kommission auch keine glaubhaften Informationen erlangte, die auf eine Nutzung des Gebäudes für militärische Zwecke hindeuteten (Rz 42), gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die israelischen Sicherheitskräfte (die behaupten, von dem Beschuss des Zentrums sei ihnen nichts bekannt), die Kinderwunschklinik vorsätzlich und ohne Rechtfertigung angegriffen und zerstört haben.
Wörtlich heißt es (übersetzt) unter Randzeichen 175:
"Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die Zerstörung der Basma-Kinderwunschklinik dazu dienen sollte, Geburten unter Palästinensern in Gaza zu verhindern, was einen genozidalen Akt unter dem Römischen Statut wie auch unter der Völkermordkonvention darstellt. Ebenso gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass dies mit dem Vorsatz geschah, die Palästinenser in Gaza als Gruppe in ihrer Gesamtheit oder zum Teil zu zerstören - die einzige Schlussfolgerung, die aus den betreffenden Handlungen vernünftigerweise gezogen werden kann."
Da sämtliche UN-Organe, insbesondere die obige Untersuchungskommission betreffend das palästinensische Gebiet und Israel, dem Internationalen Gerichtshof wie auch dem Internationalen Strafgerichtshof "zuarbeiten" und dort große Glaubwürdigkeit besitzen, wird der obige Bericht nicht ohne Folgen für die dort anhängigen Verfahren betreffend die Situation in Gaza, der Westbank und Israel bleiben.
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