Völkermordfall Gaza: Vereinte Nationen befürchten Völkermord durch Israel

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In einer Presseerklärung vom 20. Oktober 2024 erklären die Vereinten Nationen in Gestalt ihres Hohen Kommissariats für Menschenrechte (OHCHR), sie seien

"increasingly concerned that the manner in which the Israeli military is conducting hostilities in north Gaza, along with unlawful interference with humanitarian assistance and orders that are leading to forced displacement, may be causing the destruction of the Palestinian population in Gaza's northernmost governate through death and displacement" - 

übersetzt:

"... zunehmend besorgt, dass die Art und Weise der Kriegsführung des israelischen Militärs in Nordgaza, zusammen mit unrechtmäßigen Eingriffen in die humanitäre Hilfe sowie  Anordnungen, die zur zwangsweisen Vertreibung führen, die Zerstörung der palästinensischen Bevölkerung in Gazas nördlichstem Bezirk durch Tod und Vertreibung verursachen kann."

Der vom OHCHR bewusst gewählte Wortlaut deckt sich nahezu mit der Definition des Völkermordes in Artikel II der Völkermordkonvention

" ... genocide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group ...

(a) Killing members of the group;

(b) Causing serious bodily or mental harm to members of the group;

(c) Deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part;

(d) ..... ."

übersetzt:

"... Völkermord ist jede der folgenden Handlungen begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe im Ganzen oder zum Teil zu zerstören

(a) die Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

(b) die Verursachung von ernsthaftem körperlichem oder seelischen Schaden an Mitgliedern der Gruppe;

(c) Die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen gegenüber der Gruppe, die darauf angelegt sind, die physische Zerstörung der Gruppe im Ganzen oder zum Teil herbeizuführen; (d) ...".

Dass die Handlungen Israels, die das OHCHR in der Erklärung beschreibt, insbesondere die wiederholten "Evakuierungsanordnungen" bei gleichzeitiger Verhinderung aller notwendigen Hilfslieferungen und ununterbrochener Bombardierung des Gebietes seit Anfang Oktober 2024 jedenfalls die unter a), b und c) aufgeführten objektiven Tatbestände erfüllen, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Durch die Äußerung der "Besorgnis", dass diese Kriegsführung  die "Zerstörung" der palästinensischen Bevölkerung  "verursachen kann", macht das OHCHR aber nunmehr deutlich, dass aus seiner Sicht auch der für den subjektiven Tatbestand des Völkermordes erforderliche Grad der Antizipation der "Zerstörung", d.h. "Zerstörungsabsicht" oder "Zerstörungsvorsatz", der israelischen Verantwortlichen naheliegt.

Am Schluss seiner Erklärung "erinnert" das OHCHR den "Staat Israel" an die vorläufigen Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs betreffend seine Verpflichtungen zur Verhinderung eines Völkermordes an den Palästinensern in Gaza. Es "erinnert" Israel weiterhin daran, dass es als "Besatzungsmacht" für die Bevölkerung Gazas Nahrung, medizinische Güter und Unterkunft aktiv sicherstellen muss - was Israel jedenfalls in Bezug auf den Norden Gazas seit Anfang Oktober ganz unstreitig unterlassen hat.

Die jetzt zum Ausdruck gebrachte Einschätzung des OHCHR wird ihren Eindruck sowohl auf den Internationalen Gerichtshof, der in wenigen Tagen den wesentlichen Schriftsatz Südafrikas im Völkermordfall gegen Israel erhalten wird, als auch auf die zuständige Kammer des Internationalen Strafgerichtshofs, die demnächst über Haftbefehle gegen die israelischen Verantwortlichen entscheiden muss, (hoffentlich) nicht verfehlen.








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