Vollzeit arbeiten trotz Kurzarbeit, ist das zulässig?
- 4 Minuten Lesezeit
Kurzarbeit und Vollzeit arbeiten schließt sich erstmal gegeneinander aus. Der Arbeitgeber beantragt Kurzarbeitergeld unter der Begründung, dass krisenbedingt es zu einem Rückgang von Aufträgen und mithin Arbeit kommt, sprich die Arbeitnehmer nicht in dem Maße verwenden werden können, wie Sie als Arbeitnehmer angestellt sind. Steht zum Beispiel im Arbeitsvertrag eine 40 Stunden Woche und ist derzeit nur Arbeit da für 36 Stunden, kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anmelden, wenn dies bei 10 % der Beschäftigten der Fall ist. Sind also beispielsweise 100 Mitarbeiter angestellt und kann die Arbeit so verteilt werden, dass 90 Mitarbeiter die Arbeit erledigen können und 10 Mitarbeiter nur noch teilweise Arbeit zu erledigen haben oder gar keine, kann der Arbeitgeber diese 10 Personen in Kurzarbeit „stecken“. Die Mitarbeiter würden, wenn dies der Vertrag vorsieht, oder aber Vereinbarungen getroffen werden, anteilig weniger weniger Lohn bekommen. Nehmen wir an 90 Mitarbeit arbeiten beinahe voll und 10 Mitarbeiter nur zu 90 % (geht rechnerisch nicht auf, aber einfach als Theorie nehmen).
Es kann auch schlimmer kommen, es ist nur noch 10 % Arbeit da. 100 Mitarbeiter sind angestellt, 10 Personen arbeiten 100 %, die anderen 0 %. Dann wäre volle Kurzabriet für 90 % der Belegschaft anzuordnen.
In höhe des prozentualen Wegfalls ist dann Kurzarbeitergeld anzumelden. Die Beschäftigten erhalten 60 Prozent des Netto-Entgelts als Kurzarbeitergeld (Beschäftigte mit mindestens einem Kind: 67 Prozent). Der Abreitgeber kann, muss aber nicht die Differenz zu den 100 % ausgleichen.
Nun kommt der einen oder andere Arbeitgeber auf die Idee, na da kann ich ja super Arbeitslohn einsparen. Die Arbeitnehmer arbeiten offiziell nur 10 % und inoffiziell läuft der Laden einfach weiter auf 100 % für alle. Sprich, es wird die Lohnzahlung auf den Staat abgewälzt. Trotz der Tatsache, dass die Voraussetzungen für die Kurzarbeit (weniger Arbeit) nicht vorliegen. Die Frage ob das zulässig ist, muss also mit NEIN beantwortet werden. Der Arbeitnehmer kann nicht in Kurzarbeit geschickt werden und gleichzeitig voll arbeiten. Das schließt sich gegeneinander aus. Ist weniger Arbeit da, dann ist auch weniger zu arbeiten und weniger Lohn zu zahlen. Ist Arbeit voll da, muss dem Arbeitnehmer die Arbeit zur Ableistung zur Verfügung gestellt werden.
Dabei nicht beachtet wird vom Gesetzgeber, dass es auch bereits bezahlte und versteuerte Aufträge aus dem Vorjahr gibt, die aktuell kein Geld mehr bringen oder zu wenig um die Personalkosten zu decken, weil nur noch Teilbeträge zu begleichen sind, die Arbeit aber dennoch abgeleistet werden muss, also Arbeit vorhanden ist, die Einnahmen aber zum Bestreiten der Fixkosten nicht ausreicht und gegebenenfalls der Arbeitgeber nicht Antragsberechtigt ist für die Überbrückungshilfen. Das mag unbefriedigend sein, dennoch ist aber dies kein Grund Kurzarbeit zu beantragen und weiter arbeiten zu lassen in vollem Maß. Derart vorzugehen stellt einen Sozialbetrug dar.
Es wird von Unternehmen berichtet, die Ihre Mitarbeiter dazu anhalten sich nach der Hälfte der Arbeitszeit auszustempeln.
Das ist ein strafrechtlich erhebliches Problem: Im Rahmen der Antragsstellung auf Zahlung von Kurzarbeitergeld haben die Arbeitgeber behauptet, dass erhebliche Arbeitsausfälle nach §§ 169 Nr. 1, 170 StGB vorliegen. Arbeiten die Arbeitnehmer mehr, als bei der Arbeitsagentur angezeigt (wie im obigen Beispiel mehr als 90 bzw. 10 %) liegt eine Täuschung bzgl. der Arbeitsausfälle vor. Ein Betrug wäre insoweit zu bejahen. Setzt der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zudem noch unter Druck („ihr mach das jetzt so oder ich kündige euch“) käme weiterhin noch Nötigung in Betracht.
Dabei muss der Arbeitgeber beachten: Das Entdeckungsrisiko ist sehr groß. Solange die Beziehung des Arbeitgebers zu seinen Angestellten gut ist, verschweigen alle Beteiligten vielleicht das strafbare Verhalten. Aber Wehe dem, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass von der Belegschaft ein Tipp an die Behörden geht. Zudem ist der Missbrauch bekannt. Die Behörden haben bereits Maßnahmen zur Überprüfung getroffen in Form von Sonderprüfgruppen.
Wie so oft bei strafbaren Handlungen, wird man nicht erwischt lohnt es sich finanziell sicherlich, wird es bekannt, kann dies das Ende der Firma bedeuten, denn Gelder sind zurückzuzahlen und der Entscheidungsberechtigte Organ der Firma, beispielsweise der Geschäftsführer, muss gegebenenfalls ins Gefängnis.
Arbeitnehmer hätten zudem die Möglichkeit ihren Arbeitgeber legal zu erpressen, in eingeschränktem Maß. Sie könnten ausstehenden Lohn oder die Ausbezahlung von Überstunden verlangen, wenn der Arbeitgeber sagt nein, könnten die Arbeitnehmer damit drohen, den Betrug öffentlich zu machen durch Anzeige bei der Polizei. Sie denken das ist unzulässig? Naja, nicht ganz. Mit einem zulässigen Übel kann man durchaus drohen, wie zum Beispiel mit der Anzeige eines strafbaren Verhaltens, um berechtigten Ansprüchen den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Strafbar ist das per se nicht, es kommt dabei auf die innere Gesinnung an, die sich objektiv aber meist iohnehin nicht feststellen lässt. Es hat insoweit ein Geschmäckle, das größere Risiko trägt aber der Arbeitgeber.
SIe haben arbeitsrechtliche Probleme, als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber? Wenden Sie sich gerne an uns, wir prüfen die Angelegenheit.
Artikel teilen: