Von Tücken und Lücken der Rechtsschutzversicherung

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Deutschland ist ein Rechtsstaat und damit steht jedem der Rechtsweg offen.

So weit, so gut. In der Wirklichkeit hat die Rechtsverfolgung einen Haken. Sie ist nämlich verhältnismäßig teuer, sodass sich eigentlich nur der vermögende Mensch relativ sorglos den Gefahren eines Gerichtsprozesses aussetzen kann. Alle anderen sollten sich sehr gut überlegen, ob sie derartige Risiken eingehen; gerade, wenn auf der Gegenseite verhältnismäßig solvente Gegner, wie etwa Versicherer auftreten, die sich nämlich teure Gutachten und aufwendige Beweisaufnahmen leisten können und auch im Falle des Unterliegens nicht in die Insolvenz rutschen. Hier schreckt der normale Verbraucher zu Recht zurück und nimmt von der Durchsetzung berechtigter Ansprüche häufig Abstand. 

Das gilt nicht für den rechtsschutzversicherten Verbraucher. Mit der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung ist dieser nämlich mit theoretisch unbegrenzten Mitteln zur Durchsetzung seiner Rechte ausgestattet und braucht daher keine wirtschaftlichen Einbußen zu befürchten. Für verhältnismäßig wenig Geld ist der Versicherungsnehmer in der Lage, dem Gegner gleichstark gegenüberzutreten. 

Der kleine Haken, der hier im vorangegangenen Abschnitt versteckt ist, lautet Deckungszusage. Denn an diese heranzukommen ist manchmal nicht so leicht. Problematisch erweist sie sich in der Praxis häufig dann, wenn der Verbraucher einmal die Rechtsschutzversicherung gewechselt hat. 

Die Frage nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsschutzfalls, also in den weit überwiegenden Fällen der Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer oder dessen Gegner einen Verstoß begangen haben soll, führt häufig zu Schwierigkeiten. 

Insbesondere, wenn es um die Geltendmachung von Rechten im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses wie etwa im Mietrecht, Arbeitsrecht u. a. geht, wird der Verbraucher häufig zum Spielball beider Rechtsschutzversicherungen. Der aus Sicht des Versicherungsnehmers eintrittspflichtige aktuelle Rechtsschutzversicherer lehnt hier häufig unter Verweis auf angebliche Vorvertraglichkeit des maßgeblichen Versicherungsfalls die Deckungszusage ab und bittet den Versicherungsnehmer, sich an den Vorversicherer zu wenden. Zum Erstaunen des Versicherungsnehmers – oder auch nicht – kommt der Vorversicherer nach Prüfung seiner Eintrittspflicht zu einem gänzlich anderen Ergebnis und verweist den Versicherungsnehmer wieder zurück an seinen neuen Rechtsschutzversicherer mit Hinweis auf Nachvertraglichkeit. 

In solchen Fällen sitzt der Verbraucher zwischen zwei Stühlen und ist zunächst einmal gezwungen, dem eigentlichen Rechtsstreit einen weiteren voranzustellen und zunächst die Einstandspflicht zwischen zwei lückenlos bestehenden Rechtsschutzversicherungsverträgen zu klären. Der beauftragte Rechtsanwalt ist dann zunächst damit beschäftigt, ausführliche Korrespondenz mit zwei Rechtsschutzversicherern zu führen. 

Trotz mehrerer grundlegender Entscheidungen des BGH zur Frage des Eintritts des Versicherungsfalles in der Rechtsschutzversicherung, Dreisäulenmodell usw. (aktuell insbesondere zur Frage der Relevanz des Verstoßes des Anspruchsgegners, BGH IV ZR 214/14) kommt es hier nach wie vor zu unsäglich langwierigem Schriftverkehr. Eine zeitnahe Geltendmachung des ursprünglich verfolgten Anspruchs muss erst einmal zurückgestellt werden und es tut sich hier für den eigentlich Rechtsschutzversicherten ein neuer Rechtsstreit auf. Soll der Versicherungsnehmer nun auch noch zuvor auf dem Klagewege die Frage des Zeitpunktes des Verstoßes gegen Rechtspflichten bzw. Rechtsvorschriften klären? Lieber nicht, denn hierfür ist er ja nicht rechtsschutzversichert.

Aber auch ohne Wechsel des Rechtsschutzversicherers ist die Erlangung einer Deckungszusage häufig problembehaftet. Letztlich liegt es in der subjektiven Prüfungs- und Entscheidungssphäre des zuständigen Sachbearbeiters, ob die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (oder mutwillig ist). Je nach Versicherungsbedingungen lockt hier das Instrumentarium des sog. Stichentscheid-Verfahrens. Damit kann der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt auf Kosten des Versicherers eine Stellungnahme abgeben, in der er entscheidet, ob hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Diese Entscheidung ist für beide Teile bindend, sofern sie nicht offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht. Die vermeintlich bindende Entscheidung wird aber nicht selten mit vorgenannter Begründung seitens des Sachbearbeiters zunichtegemacht. Die Entscheidung des Rechtsanwalts ist damit eben nicht bindend, sondern zahnloses Instrument. 

Letztendlich kommt es in der Praxis wohl mehr auf die Sichtweise des Versicherers an und nicht auf die eigentlich maßgebliche, nämlich die des durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Hier wäre eine Nachbesserung der Bedingungswerke der Versicherer wünschenswert.

Unser Rat lautet:

Überlassen Sie die mit vielen Fallstricken versehene Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung dem Anwalt. Der kann Ihr Anliegen rechtlich am besten einordnen und auch fundiert bei Ihrer Rechtsschutzversicherung vortragen.

Wir, Rechtsanwälte Reichard & Kollegen, übernehmen dies gerne für Sie.

In einem ersten unverbindlichen Beratungsgespräch klären wir mit Ihnen den Sachverhalt, ordnen diesen rechtlich ein, und stimmen mit Ihnen die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens ab. Erst dann treten wir an Ihre Rechtsschutzversicherung heran und sorgen für die Einholung der notwendigen Kostendeckungszusage. 

Ihr

Rechtsanwalt Thomas Reichard

Rechtsanwälte Reichard & Kollegen


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