Vorsicht rutschig! Skiunfall in Österreich und das Skirecht in Österreich

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Skiunfälle in Österreich – wenn aus dem Sport ein Rechtsstreit wird

Vorsicht rutschig! Das gilt nicht nur beim Wintersport, sondern auch bei rechtlichen Fragen, die sich aus Unfällen beim Skifahren, Rodeln, Wandern oder anderen Wintersportarten ergeben.

Jedes Jahr zieht es viele Menschen in die österreichischen Alpinregionen, um dort den verschiedenen Wintersportarten nachzugehen: vom klassischen Skifahren über Langlauf, Snowboarden, Rodeln bis zu Wandern und Bergsteigen. So schön diese Sportarten auch sind, sie sind nicht ganz ungefährlich, und so kommt es jedes Jahr zu Unfällen. Allein in Tirol gibt es jedes Jahr mehr als tausend Skiunfälle!

Wir wollen nun einen Blick werfen auf die Gründe von Unfällen, welche rechtlichen Folgen nach Zivil- und auch Strafrecht die Unfälle haben und welche Ansprüche daraus resultieren. Wenn im Folgenden von Skiunfällen die Rede ist, so gilt dies immer entsprechend auch für die anderen Wintersportarten.

Die meisten Unfälle fallen in eine dieser zwei Kategorien:

  • Kollision eines Skifahrers mit einem anderen Skifahrer oder einem Pistengerät
  • Unfall aufgrund eines Fehlers des Betreibers des Skigebietes

Gerade beim Skifahren können Kollisionen besonders schwere Verletzungen verursachen, weil die Beteiligten oft mit relativ hoher Geschwindigkeit unterwegs sind. Dies wiederum kann an einer Selbstüberschätzung oder Fehleinschätzung der Situation und des eigenen Könnens liegen, wodurch man schneller fährt, als es vernünftig und angemessen wäre. Auch schlichte Unachtsamkeit spielt natürlich als Unfallursache eine Rolle.

Diese Wahrnehmungs- und Fahrfehler verursachen ca. 80 % aller Unfälle beim Skifahren. Die Haftung ist in diesen Fällen eindeutig: Wer den Unfall verursacht hat – und zwar schuldhaft und rechtswidrig –, muss dafür geradestehen und haften.

Rechtswidrig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Regel verletzt wurde. Zu den Regeln, die Skifahrer oder überhaupt alle Benutzer einer Skipiste einhalten müssen, gehören – neben den allgemeinen Gesetzen – auch die sogenannten FIS-Regeln des internationalen Ski-Verbandes und der POE (Pistenordnungsentwurf des österreichischen Kuratoriums für alpine Sicherheit). Dies sind zwar keine Gesetze, werden aber von den Gerichten als Maßstab herangezogen, ob sich ein Skifahrer richtig verhalten hat oder nicht.

Hier einige der wichtigsten FIS-Regeln:

  • FIS-Regel Nr. 2: Der Skifahrer muss so fahren, dass seine Geschwindigkeit den Gelände- und den Sichtverhältnissen entspricht. Er muss „auf Sicht fahren“, das heißt innerhalb seiner Sichtbereiches anhalten oder ausweichen können, wenn ein Hindernis auftaucht.
  • FIS-Regel Nr. 4: Beim Überholen anderer Pistenbenutzer ist ein ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten, der dem Überholten genug Platz für seine Bewegungen lässt. Der korrekte Mindestabstand hängt von sehr vielen Faktoren ab wie Geschwindigkeit, Pistenverhältnisse, Fahrkönnen, Sicht, Verkehrsaufkommen und Witterung.
  • FIS-Regel Nr. 5 (und auch POE § 4) betrifft das Thema Pistenkreuzungen. Ein hangaufwärts fahrender Pistenbenutzer muss sicherstellen, dass er keine Gefahrensituation schafft. Ihn trifft eine besondere Sorgfaltspflicht, weil er sich entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung bewegt, was für andere Pistenbenutzer sehr unerwartet sein kann. Er muss also genau beobachten und gegebenenfalls warten, bis er gefahrlos in die Piste einfahren oder diese überqueren kann.

Die Schuldhaftigkeit betrifft die Frage, ob der Schädiger für seine Handlung verantwortlich gemacht werden kann. Wenn zum Beispiel ein Skifahrer einen plötzlichen Herzanfall erleidet und bewusstlos in einen anderen Skifahrer fährt, dann ist die Handlung zwar rechtswidrig, aber nicht schuldhaft. Kinder sind ebenfalls nicht oder nur eingeschränkt schuldfähig, allerdings trifft dann die Aufsichtspersonen die Pflicht, auf die Kinder so aufzupassen, dass diese keinen Schaden verursachen.

Die zweite Kategorie von Unfällen passiert aufgrund mangelhafter Skipisten oder Liftanlagen.

Den Pistenbetreiber treffen gewisse „Verkehrssicherungspflichten“ und dieser ist für geschaffene Gefahrenquellen insofern verantwortlich, als dass er sicherstellen muss, dass niemand durch eine Gefahrenstelle verletzt wird. Der Pistenbetreiber hat daher unter anderem z. B. dafür zu sorgen, dass die Pisten und Liftanlagen ordnungsgemäß gewartet, entsprechend gesichert sind und nötige Warnhinweise vor atypischen Gefahren vorhanden sind.

Wenn also zum Beispiel die Skipiste mangelhaft präpariert wurde oder bei einem Sessellift ein technisches Gebrechen einen Unfall verursacht, so haftet der Betreiber. Denn dieser ist verpflichtet, die Skifahrer gegen die sogenannten atypischen Gefahren durch entsprechende Vorkehrungen abzusichern. Atypische Gefahren sind solche, mit denen man als normaler Benutzer nicht rechnen muss.

Beachten Sie aber die folgenden zwei Einschränkungen:

  • Der Betreiber der Skipiste ist nur während der regulären Betriebszeiten für die Piste und ihren Zustand verantwortlich.
  • Die Verantwortlichkeit des Pistenbetreibers endet am Rand der Skipiste. Wer sich also in freies Gelände jenseits der Pistengrenzen begibt, tut dies auf eigene Gefahr.

Was tun bei einem Unfall? – Skiunfall und das Skirecht in Österreich

An erster Stelle steht natürlich die Erste Hilfe, die Verständigung der Bergwacht und die Absicherung der Unfallstelle. Danach, insbesondere bei einem Unfall mit Verletzten, sollten vom Verursacher des Unfalles sofort Name und Adresse festgehalten werden. Wie bei einem Autounfall empfiehlt es sich auch bei einem Skiunfall, Fotos zu machen, Namen und Adressen von Zeugen aufzuschreiben und unter Umständen auch die Pistenpolizei zu verständigen, die dann ein Protokoll aufnimmt. All diese Maßnahmen können sich bei einem späteren Rechtsstreit als sehr wertvoll erweisen, um den Hergang des Unfalls möglichst genau zu rekonstruieren.

Übrigens verlassen im Schnitt 20 % der Unfallverursacher den Unfallort, ohne sich weiter zu kümmern. Dies stellt Fahrerflucht dar und kann strafrechtliche Konsequenzen haben. Bereits das Im-Stich-Lassen eines Verletzten wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft.

Möglichst umgehend sollten Sie auch einen im Thema Skiunfälle erfahrenen Rechtsanwalt kontaktieren, der Ihre Interessen bei einem Rechtsstreit vertritt und auch bei Einvernahmen durch die Polizei dabei sein sollte, um missverständliche Aussagen zu vermeiden.

Vermeiden Sie auf jeden Fall, irgendwelchen Vergleichen mit Unfallgegnern oder deren Versicherungen zuzustimmen, ohne dass Ihr Rechtsanwalt sich den Vorschlag angesehen hat!

Auch eine etwaige Haftpflicht- und Unfallversicherung sollten Sie sehr schnell vom Unfall informieren. Der Abschluss einer solchen Versicherung mit ausreichender Deckungssumme ist übrigens unbedingt zu empfehlen, da Skiunfälle sehr hohe Kosten verursachen können. Denn zu den Kosten gehören nicht nur die Kosten einer medizinischen Versorgung, sondern es können auch Kosten für Schmerzensgeld (bemessen nach Tagen mit leichten, mittleren oder starken Schmerzen), entgangenen Verdienst, häusliche Pflege, Entschädigung bei bleibenden Schäden (Invalidität) oder gar Unterhaltspflichten gegenüber Hinterbliebenen anfallen.

Das österreichische Schadenersatzrecht – Skiunfall in Österreich

Wie schon anfangs erwähnt, sind für Schadenersatzansprüche drei Voraussetzungen nötig:

  • Es muss ein objektiver Schaden entstanden sein.
  • Der Schaden muss die Folge einer rechtswidrigen Handlung sein.
  • Der Verursacher des Schadens muss schuldhaft gehandelt haben.

Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen finden sich in den Paragrafen 1295 und 1325 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches.

Wenn eine dieser drei Voraussetzungen fehlt, dann gilt in Österreich die Regel, dass jeder seinen Schaden selbst trägt.

Eine Klage auf Schadenersatz bei Gericht wird immer auf einen bestimmten Betrag eingebracht. Zusätzlich kann noch die Feststellung beantragt werden, dass der Unfallverursacher auch für künftige Schäden haftet, die zum Zeitpunkt des Gerichtsverfahrens noch nicht genau bekannt oder absehbar sind. Hier ist es wieder wichtig, einen in der Materie erfahrenen Rechtsanwalt beizuziehen, um nicht spätere Ansprüche zu verlieren.

Oft erzielt erst der im Skirecht erfahrene Rechtsanwalt die entsprechend hohen und fairen Schadensersatzbeträge, die das unerfahrene Opfer selbst nicht einschätzen und ausreichend bestimmt geltend machen kann. Voreilig abgeschlossene Vergleiche, z. B. mit Versicherungen, sind daher nicht ratsam.

Der Schadensersatz soll die erlittene Körperverletzung inklusive der Spätfolgen sowie auch allenfalls vorhandene Sachbeschädigungen kompensieren. Es geht hier wie bereits erwähnt unter anderem um folgende Positionen:

  • Ersatz für die erlittenen Schmerzen, für allfällige Verunstaltungen oder gar Invalidität.
  • Schadenersatz in Bezug auf sonstige weitere Positionen wie Verdienstentgang, Kleidung, Ski, Auslagen, Operationen etc.
  • Unterhaltskosten oder Trauerschäden.

Für Schadenersatzklagen sind die Zivilgerichte zuständig, in deren Sprengel der Unfall passiert ist. Abhängig von der Schadenssumme kann dies ein Bezirks- oder ein Landesgericht sein.

Wenn Sie Ihren nächsten Skiurlaub richtig vorbereiten wollen, dann sollten Sie sich auf jeden Fall durch den Abschluss einer Unfall- bzw. Haftpflichtversicherung schützen und vorsichtshalber schon einmal die Kontaktdaten eines auf Skiunfälle spezialisierten österreichischen Rechtsanwalts mitnehmen.

Wir hoffen, Sie brauchen keines von beiden – aber besser ist besser!

Mehr Informationen unter: https://www.law-experts.at/skiunfall-skirecht



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