Waldorf Frommer: AG Traunstein verurteilt Anschlussinhaber nach Einholung eines SV-Gutachtens

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Amtsgericht Traunstein vom 11.09.2017, Az. 319 C 859/16

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Der Beklagte trug in dem genannten Verfahren vor, er habe die Rechtsverletzung selbst nicht begangen. Er sei einziger Nutzer des ermittelten Internetanschlusses. Als Diplom-Informatiker habe er sein System entsprechend eingerichtet, sodass Rechtsverletzungen über Tauschbörsen nicht über seinen Computer begangen werden könnten. Der von ihm benutzte Router sei jedoch mit einer Sicherheitslücke behaftet gewesen, welche über einen sogenannten „Wasserloch-Angriff“ ausgenutzt worden sei.

Das Gericht erhob in der Folge Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Im Rahmen dieses Gutachtens wurde der Vortrag des Beklagten widerlegt. Der Sachverständige kam in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass sich die Begehung der vorliegenden Rechtsverletzung mittels der „Wasserloch-Attacke“ als sehr unwahrscheinlich darstellt. Nach persönlicher Befragung des Sachverständigen durch die Parteien sowie das Gericht kam das Gericht schließlich zur Überzeugung, dass ein Fremdzugriff vorliegend auszuschließen ist.

Das Gericht verurteilte den Beklagten in der Folge vollumfänglich.

„Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme […] geht das Gericht davon aus, dass die Einlassung des Beklagten nicht glaubhaft ist.

Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass im Februar 2014 eine Sicherheitslücke betreffend die FRITZ!-Box Modelle des Herstellers AVM bekannt wurde und diese zu einer sogenannten Wasserlochattacke genutzt werden konnte, d. h. die Zugangsdaten aus einem Router AVM FRITZ!-Box 2170 unberechtigt ausgelesen werden konnten und in der Folge durch einen anderen DSL-Anschluss genutzt wurden. […] Eine andere Möglichkeit des Beschaffens von Zugangsdaten bestehe im illegalen Kauf.

Beide Möglichkeiten hielt der Sachverständige zwar für technisch möglich, jedoch wie er überzeugend ausführte, für sehr unwahrscheinlich.“

Es sah nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Zugriff eines unbekannten Dritten als lediglich theoretisch an. Es war daher weiterhin von der tatsächlichen Vermutung der Verantwortlichkeit des Beklagten auszugehen:

„Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung nachgewiesen.

Das bloße Aufzeigen einer theoretischen Zugriffsmöglichkeit unberechtigter Dritter, wobei das Gericht eben aus den genannten Gründen nicht überzeugt ist, dass tatsächlich ein entsprechender Zugriff erfolgt ist, lässt die tatsächliche Vermutung, dass allein der Beklagte als Anschlussinhaber die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Internetanschluss innehatte, nicht entfallen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Beklagte darauf verzichtet hatte, Protokolle seiner Nachforschung in seiner Recherche im angeblich installierten Fortinet-Firewall anzulegen, um so das angeblich negative Ergebnis zu belegen. Dass er dies nicht für erforderlich gehalten hatte, ist angesichts dessen, dass ihm bereits in anderer Sache ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wurde, nicht glaubhaft.“

Im Übrigen sah das Gericht die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes sowie der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung als angemessen an und verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten einschließlich der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens.

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