Wann kann der Pflichtteilsberechtigten eine eidesstattliche Versicherung verlangen?

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seiner Entscheidung vom 01.12.2021 (IV ZR 189/20) festgestellt, dass sowohl bei einem privatschriftlichen Nachlassverzeichnis als auch bei einem notariellen Verzeichnis ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bestehen kann.

Falls Zweifel daran bestehen, ob die Erstellung des Nachlassverzeichnisses sorgfältig erfolgt ist, kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangen, die Richtigkeit aller aufgeführten Positionen an Eides Statt zu versichern. Nach der Entscheidung des BGH ist es unerheblich, ob das Verzeichnis von einem Notar oder von dem Erben selbst erstellt worden ist.

Unterscheidung zwischen notariellem und privatschriftlichen Nachlassverzeichnis nicht gerechtfertigt

Der Erblasser war Vater von 2 Söhnen und hatte einen Sohn als Alleinerben eingesetzt und den anderen Sohn damit enterbt, so dass dieser lediglich Pflichtteilsansprüche geltend machen konnte.

In einem privatschriftlichen Verzeichnis hatte der Erbe ein Bankkonto des Vaters nicht angegeben und wurde erstinstanzlich zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt.

In dem Verzeichnis hatte der Notar Angaben zu diesem Konto gemacht, die er selbst recherchiert hatte.

Der pflichtteilsberechtigte Sohn verlangte, dass der Erbe die Vollständigkeit und Richtigkeit aller Positionen des Nachlassverzeichnisses an Eides Statt versichere. Erstinstanzlich wurde dieser Antrag vollständig abgelehnt. Zweitinstanzlich gab das Oberlandesgericht Schleswig diesem Antrag bezüglich aller Positionen statt, die auf Angaben des Erben beruhten, aber nicht für den Inhalt des Nachlassverzeichnisses, den der Notar erstellt hatte.

Aufgrund der Revision beider Parteien hob der BGH das Urteil auf und wies den Fall an das Oberlandesgericht Schleswig zurück.

Ersteller des Nachlassverzeichnisses unerheblich

In seiner Entscheidung stellt der BGH ein privatschriftliches und ein notarielles Nachlassverzeichnis gleich.

Danach kann ein Pflichtteilsberechtigter vom Erben die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auch dann verlangen, wenn dieser ein notarielles Verzeichnis vorlegt. Kann angenommen werden, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden ist, ist der Erbe verpflichtet, die Richtigkeit des Nachlassbestands zu beeiden. Diese Verpflichtung gilt auch für Positionen, die der Notar erstellt hat.

Sollte der Erbe mit einzelnen Angaben des Notars nicht einverstanden sein, kann er dies in seine eidesstattliche Versicherung aufnehmen. Der Erbe muss also nichts beeiden, was er für falsch hält.

Nach der Entscheidung des BGH ist folgendes zu berücksichtigen: Ein notarielles Verzeichnis bietet eine höhere Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben. Sollte eine eidesstattliche Versicherung entfallen, würde auch diese Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses entfallen.

Aus praktischer Erfahrung empfehlen wir, bei der Abwicklung und Abwehr aber auch bei der Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen anwaltliche Beratung oder Vertretung in Anspruch zu nehmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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