Was passiert eigentlich, wenn Klauseln kippen?

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Letzte Woche gingen mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) durch die Presse, in denen Klauseln zu Schönheitsreparaturen und zur Quotenabgeltung in Mietverträgen "gekippt" wurden. "Kippen" heißt in diesem Zusammenhang, dass der BGH festgestellt hat, dass diese Bestimmungen in Verträgen unwirksam sind, weil sie gerichtlicher Kontrolle nicht (mehr) standhalten.

Aber was bedeutet es eigentlich für unsere Verträge, wenn diese Klauseln enthalten, die unwirksam sind?

Grundsätzlich gilt, dass man sich an das, was vertraglich vereinbart wurde, auch halten muss. Stellt freilich ein oberstes Gericht wie der BGH fest, dass Regelungen, die die Parteien vereinbart haben, gegen das Gesetz verstoßen, sind diese Regelungen null und nichtig. Denn würden Sie eine Klage auf eine solche Regelung stützen, ist klar, dass diese Klage keine Aussicht auf Erfolg haben kann. Denn die Instanzengerichte (Amtsgericht, Landgericht) richten ihre Rechtsprechung zu allermeist an der Rechtsprechung der Obergerichte (Bundesgerichtshof) aus.

Enthält demnach ein Vertrag eine Regelung, die unwirksam ist, ordnet das Gesetz an, dass dann der ganze Vertrag nichtig ist, es sei denn, es ist anzunehmen, dass die Parteien den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten (§ 139 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]).

Man muss sich also fragen: Hätten wir den Mietvertrag auch dann geschlossen, wenn wir gewusst hätten, dass die Regelung zu den Schönheitsreparaturen unwirksam ist? In aller Regel wird die Antwort "ja" lauten.

Dies bringen die Vertragsparteien häufig dadurch zum Ausdruck, dass sie sog. "Salvatorische Klauseln" in ihre Verträge aufnehmen. Der Name dieser Klauseln hat nichts mit bayerischem Starkbier zu tun, sondern kommt von lateinisch "salvatorius" = bewahrend, erhaltend. Oft liest man am Ende von Verträgen folgende Formulierung:

"Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt."

Will im Sinne des § 139 BGB sagen: Es ist anzunehmen, dass wir den Vertrag auch ohne die unwirksame Bestimmung geschlossen hätten.

Was passiert dann aber im Hinblick auf den unwirksamen Regelungsgehalt?

Hier sind zunächst die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung anzuwenden: Die Parteien müssen sich bemühen, einen Interessenausgleich zu finden, indem sie nach einer wirksamen Regelung suchen, die ihren Zielvorstellungen und wirtschaftlichen Interessen möglichst nahekommt. Bei Formularverträgen (Allgemeinen Geschäftsbedingungen - AGB) ist hier allerdings Zurückhaltung geboten: Man darf unwirksame Klauseln nicht so verbiegen, dass sie irgendwie doch noch gelten (juristisch: "Verbot der geltungserhaltenden Reduktion") und muss sie bei der Überprüfung ihrer Wirksamkeit immer im schlechtesten Sinne für den Kunden auslegen (juristisch: "Gebot der kundenfeindlichsten Auslegung").

Gelingt dies nicht, muss geschaut werden, ob die Lücke im Vertrag durch gesetzliche Regelungen geschlossen werden kann. Für Schönheitsreparaturen beispielsweise sieht das Gesetz (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) vor, dass der Vermieter (!) die Mietsache während der Mietzeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erhalten, sprich die Schönheitsreparaturen durchführen muss. Findet sich keine wirksame Überwälzungsklausel auf den Mieter, gilt eben diese Vorschrift.

Findet sich auch keine passende gesetzliche Regelung, haben sich die Parteien über einen spezifischen Aspekt gar nicht geeinigt, juristisch heißt dies "Dissens".

Mein Tipp:

Ob Verträge wirklich das halten, was sich die Parteien bei der Unterschrift versprochen haben,  zeigt sich meistens erst dann, wenn der Streit darum vor dem Kadi endet. Das kostet Zeit, Nerven und Geld! Gute Anwälte helfen Ihnen durch vorausschauende und umsichtige Vertragsgestaltung, dies zu vermeiden. Lassen Sie Ihre Verträge also lieber gleich vom Fachmann machen bzw. überprüfen - und bitte bevor Sie unterschreiben!

Ihr

RA Daniel Siegl als Gelsenkirchen-Buer (www.kanzlei-schmidt-siegl.de)



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