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Welche Rechte haben Sie als Angestellter bei einem Wegeunfall?

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Welche Rechte haben Sie als Angestellter bei einem Wegeunfall?

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Was ist ein Wegeunfall? 

Wegeunfälle sind Unfälle, die sich auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeit oder zurück ereignen. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII „zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.“ Demnach ergeben sich im sozialrechtlichen Sinne drei Komponenten:  

  • das zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Unfallereignis  

  • der Gesundheitsschaden oder Tod  

  • die Ursächlichkeit zwischen den ersten beiden Merkmalen (sogenannte haftungsbegründende Kausalität) 

Ist ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall? 

Ein Arbeitsunfall liegt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII vor, wenn ein Versicherter aufgrund einer Tätigkeit nach § 2, § 3 oder § 6 SGB VII (versicherte Tätigkeit) einen Unfall erleidet. Der Wegeunfall ist dem Arbeitsunfall gleichgestellt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII), obwohl der Arbeitsweg nicht zur Arbeitszeit zählt. Beschäftigte sind auf dem direkten Weg und auf notwendigen Umwegen über die Berufsgenossenschaft versichert. Ein Umweg ist gestattet, wenn der Arbeitsplatz über einen weiteren Weg schneller erreicht werden kann. Umwege sind auch erlaubt, um Kinder während der Arbeitszeit unterzubringen und bei Fahrgemeinschaften mit Versicherten oder Berufstätigen. Wenn Umleitungen aufgrund besonderer Verkehrsverhältnisse bestehen, ist der Umweg auch erlaubt. 

Beispiele für Wegeunfälle 

Auch Tätigkeiten im Haushalt, wie die Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang während der Arbeitszeit, können – etwa bei Heimarbeit – vom Versicherungsschutz erfasst sein. Versicherungsschutz besteht, wenn gleichartige Tätigkeiten bis zum 17.06.2021 bei Präsenzarbeit im Betrieb versichert wären. Für Versicherungsfälle davor verbleibt die Zuständigkeit der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung, da die Vorschrift mangels Rückwirkungsanordnung nicht anwendbar ist und der Tag des Unfalls daher maßgeblich ist. 

Ein Zusammenstoß mit einem Tier (Wildunfall) auf dem Weg zur Arbeit kann ebenso ein Wegeunfall sein. Auch ein Sturz auf dem Gehweg als Fußgänger, Inlineskater, E-Scooter- oder Fahrradfahrer kommt in Betracht. 

Verletzt sich ein Arbeitnehmer während der Raucherpause, liegt grundsätzlich kein Arbeitsunfall vor. Nach der Begründung ist das Rauchen eine persönliche Angelegenheit, die keinen Bezug zur Berufstätigkeit aufweist. Die Behandlungskosten werden aber normalerweise von der Krankenkasse übernommen. 

Entgeltfortzahlung nach Wegeunfall 

Da der Wegeunfall einem Arbeitsunfall gleichgestellt ist, wird der Lohn (gesetzlich: das Arbeitsentgelt) weitergezahlt. In § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist festgelegt, dass auch ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit als Arbeitsunfall gilt. Die Entgeltfortzahlung bei einem Arbeitsunfall wird anschließend nach sechs Wochen von der Krankenkasse übernommen. Allerdings wird von der Krankenkasse nur ein Betrag in Höhe von 80 Prozent des durchschnittlichen Bruttogehalts (sog. Verletztengeld) übernommen und ausgezahlt. Um nach sechs Wochen die Zahlung sicherzustellen, ist dem Arzt der sogenannte Zahlschein vorzulegen. 

Schmerzensgeld nach Wegeunfall 

Gemäß den §§ 104, 105 SGB VII ist ein Anspruch auf Schmerzensgeld gegeben, wenn dem Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern eine vorsätzliche Beschädigung vorzuwerfen ist. Da dies die Ausnahme darstellt, wird von der Berufsgenossenschaft grundsätzlich kein Schmerzensgeld gezahlt. 

Wenn jedoch ein Verkehrsteilnehmer einen Unfall verursacht und dabei eine Person verletzt, die sich gerade auf dem Weg zur Arbeit befindet, kann ein Anspruch gegenüber dem Verursacher gegeben sein. 

Wegeunfall ohne Verletzung 

Für Personen- und Sachschäden anderer Unfallbeteiligter auf dem Arbeitsweg ist die Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers eintrittspflichtig. Der Sachschaden des Arbeitnehmers wird bei einem Wegeunfall ebenfalls nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen.  

Wegeunfall in der Mittagspause 

Wenn ein Unfall in der Mittagspause auf dem Weg zum oder vom Essen passiert, ist er als Wegeunfall grundsätzlich vom Versicherungsschutz umfasst. Dies gilt jedoch nicht, wenn er sich nicht im öffentlichen Verkehrsraum ereignet. Ein Treppensturz innerhalb eines Gebäudes ist beispielsweise nicht vom Versicherungsschutz erfasst. 

Eine Sekretärin, die auf dem Weg zur Reinigung war, um private Kleidungsstücke abzuholen, klagte, weil Sie einen Wegeunfall annahm. Sie berief sich darauf, dass sie nebenan in einem Restaurant essen wollte. Das Landessozialgericht (LSG) Hessen urteilte am 25. März 2015 (Az.: L 3 U 225/10), dass der private Gang zur Reinigung im Vordergrund stand und sie demzufolge nicht versichert war. Erforderlich ist ein Nachweis vor Gericht. 

Wer einen Unfall erleidet, während er sich in der Mittagspause in einem Supermarkt etwas zu essen für die Pause kauft, ist prinzipiell vom Versicherungsschutz erfasst. Dies gilt jedoch nicht, wenn zusätzlich noch überwiegend private Einkäufe getätigt werden. Wenn ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit nach dem Einkauf von Obst im Supermarkt auf dessen Parkplatz mit einem fahrenden Pkw zusammenstößt und sich dabei verletzt, ist er nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht versichert (BSG, Urteil vom 02.12.2008 – B 2 U 17/07 R). 

Der Unfall hatte zu einer Verletzung seines linken Sprunggelenks geführt. Dieser Unfall ist nach Feststellung des Bundessozialgerichts jedoch kein Arbeitsunfall, da die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses – die Fahrt auf dem Parkplatz des Supermarktes im Anschluss an den Einkauf von Äpfeln – nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand (BSG, Urteil vom 02.12.2008 – B 2 U 17/07 R). 

Der Weg zum Betrieb wurde demzufolge durch den Erwerb der Äpfel unterbrochen. Der Versicherungsschutz wäre erst wieder mit dem Einbiegen in die zur Arbeitsstätte führende Straße entstanden. Ein Arbeitsunfall ist im Übrigen nach der Senatsentscheidung vom 2.12.2008 auch nicht anzunehmen, weil die Äpfel während der Arbeitszeit hätten verzehrt werden sollen.  

Das Essen – die Nahrungsaufnahme – wird als Privatangelegenheit angesehen. Unfälle infolge des Essens oder Trinkens (z. B. Verschlucken, Vergiftungen) sind somit unversichert.  

Rutscht ein internatsmäßig untergebrachter Lehrgangsteilnehmer sofort nach Beendigung der Mahlzeit in der Kantine aus und stürzt, greift jedoch der Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 24.02.2000, B 2 U 20/99 R). Für den inneren Zusammenhang spricht nach Feststellung des Bundessozialgerichts auch der Umstand, dass die Mahlzeiten in der Kantine der Fachschule für den Kläger kostenfrei waren. 

Meldepflicht für Wegeunfall 

Meistens besteht gegenüber der Berufsgenossenschaft eine Meldepflicht. Dies wird damit begründet, dass die Versicherten so schnell wie möglich mit geeigneten Mitteln betreut werden können. Unfälle, die absehbar zu nicht mehr als zu einer dreitägigen Arbeitsunfähigkeit führen, müssen jedoch nicht gemeldet werden. Tödliche Unfälle müssen sofort gemeldet werden.  

Meldung gegenüber der Berufsgenossenschaft 

Hat sich ein meldepflichtiger Unfall ereignet oder liegt der Verdacht auf eine Berufskrankheit vor, muss das Unternehmen dies bei der Berufsgenossenschaft anzeigen. Der Wegeunfall ist der Berufsgenossenschaft über eine Unfallanzeige zu melden, die vom Arbeitgeber innerhalb von drei Tagen nach Kenntnisnahme erfolgen muss. Der behandelnde Arzt hat die Stelle ebenfalls zu informieren. Viele Versicherungen bieten im Internet kostenlose Vordrucke für diese Fälle an.

Foto(s): ©Adobe Stock/Andrey Popov

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