Wegzugsteuer auf Fonds und ETFs: Aktuelles zur neuen Rechtslage
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Seit 1. Januar 2025 hat der Gesetzgeber die sog. Wegzugsteuer auf Investmentanteile und Anteile an Spezial-Investmentfonds nach dem sog. Investmentsteuergesetz (InvStG) erweitert. Der nachfolgende Beitrag zeigt die wesentlichen Änderungen für Kapitalanleger und die von den Änderungen betroffenen Kapitalanleger auf.
Ausdehnung der Wegzugsteuer auf Fonds, Spezialfonds und ETFs
Nach § 6 Abs. 1 S. 1 AStG (Außensteuergesetz) i.V.m. § 17 Absatz 1 S. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) wird der Vermögenszuwachs bei nicht im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften der Besteuerung unterworfen, wenn eine sog. wesentliche Beteiligung vorliegt. Eine wesentliche Beteiligung liegt vor, wenn diese mindestens ein Prozent am Kapital einer Kapitalgesellschaft (unmittelbar oder mittelbar) innerhalb der letzten fünf Jahre ausmacht und die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund der Aufgabe eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet oder die Anteile unentgeltlich auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person übertragen werden oder in sonstiger Weise das Besteuerungsrecht am Veräußerungsgewinn ausgeschlossen oder beschränkt wird. Die Wegzugsteuer soll nach dem Willen des Gesetzgebers sogenannte stille Reserven (das sind Wertzuwächse, die seit der Anschaffung entstanden sind) dem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu unterwerfen, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht durch Wegzug ins Ausland oder eine Übertragung auf eine im Ausland ansässige in Deutschland nicht steuerpflichtige Person erfolgt.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 hat der Gesetzgeber erstmals die Regelung der Wegzugsteuer unter bestimmten Voraussetzungen auf Beteiligungen an Investmentfonds, Exchange Traded Funds (ETF) und Spezial-Investmentfonds ausgedehnt. Bis zum 1.1.2025 unterfielen Anteile, die eine Privatperson an einem Investmentfonds oder Spezial-Investments nur in der Rechtsform eines Sondervermögens hält, nicht dem Tatbestand der Wegzugsbesteuerung. Der Wegzug eines Investors ins Ausland führte deswegen bislang nicht zur Aufdeckung stiller Reserven und deren Besteuerung in Deutschland.
Der Wegzug des Anlegers und die unentgeltliche Übertragung der Anteile
Ab dem 1.1.2025 werden Anteile an inländischen als auch an ausländischen Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds erfasst. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob die Anteile in einem inländischen oder ausländischen Depot verwahrt werden. Maßgeblich allein soll sein, dass der Anleger eine natürliche Person ist, der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Auch die vermögensverwaltende GmbH unterfällt grundsätzlich den neuen Regelungen zur Wegzugsteuer.
Ein weiterer wesentlicher Anwendungsfall ist die unentgeltliche Übertragung der Kapitalanteile auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person. Zunächst ist zu beachten, dass der Gesetzgeber die „unentgeltliche Übertragung“ als Tatbestandsmerkmal voraussetzt. Eine entgeltliche Übertragung der Kapitalanteile hingegen ist nicht erfasst. Bereits hier bilden sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten bei der Übertragung an, wobei davon auszugehen ist, dass die Finanzbehörden sehr genau prüfen werden, ob tatsächlich eine Entgeltlichkeit (also eine Leistung und Gegenleistung) vorliegen und z.B. und welche nicht etwa eine sog. gemischte Schenkung, bei der der Wert der übertragenen Anteile den dafür entrichteten Kaufpreis übersteigt.
Werden die Anteile unentgeltlich übertragen, sollte stets durch eine vertragliche Vereinbarung (z.B. im Schenkungsvertrag) zwischen Schenker und Beschenktem Klarheit darüber geschaffen werden, was der Zweck der Schenkung ist. Hierbei können zugleich weitere Vereinbarungen getroffenen werden (wie z.B. Rückforderungstatbestände bei drohendem Vermögensverfall des Beschenkten), um die Interessen des Schenkers neben der Vermeidung einer fiktiven Gewinnbesteuerung gleichsam zu erfassen. Zuvorderst bietet eine professionell erstellte schriftliche Vereinbarung z.B. die Transparenz der Unentgeltlichkeit der Übertragung sowie die Benennung der Steuerpflichten der Vertragspartner, um später gegenüber den Finanzbehörden schnell und rechtssicher nachzuweisen zu können, dass die gewählte Gestaltung rechtlich zulässig ist und keine Besteuerung auslöst.
Übersteigen die Anschaffungskosten 500.000 EUR oder ist eine wesentliche Beteiligung von einem Prozent gegeben (zu den Schwellenwerten sogleich mehr), bieten sich weitere Gestaltungsoptionen an, die aufgrund der Vielzahl der gesetzlichen Regelungen und individuellen Besonderheiten an dieser Stelle den Umfang sprengen würden.
Als letztes Tatbestandsmerkmal soll der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Investmentanteile gelten. Als Anwendungsfall könnten hier Doppelbesteuerungsabkommen, insbesondere mit Drittstaaten, infrage kommen, die die Gewinnbesteuerung zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland regeln.
Die wesentlichen Schwellenwerte für die Wegzugsteuer auf
Der Gesetzgeber hat sich weiter dafür entschieden, zwei alternative Schwellenwerte zur Voraussetzung für die Besteuerung zu machen.
Eine Steuerung des Wertzuwachses der Anteile soll danach dann erfolgen, wenn
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Veräußerungsfiktion mindestens ein Prozent der ausgegebenen Investmentanteile eines Investmentfonds gehalten wurden,
oder
wenn keine Beteiligung von mindestens ein Prozent vorliegt, die Anschaffungskosten je Beteiligung aber mindestens 500.000 € betrugen.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber bei sog. Spezial-Investmentfonds generell unterstellt, dass ein relevanter Beteiligungsumfang vorliegt. Ein Spezial-Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) ist ein Sondervermögen, das bestimmten rechtlichen und steuerlichen Anforderungen unterliegt. Diese Fonds sind in erster Linie für professionelle und institutionelle Anleger gedacht, nicht für Privatanleger.
Problematisch für Privatanleger ist somit stets die zweite Alternative, die sich auf den Wert der Anschaffungskosten von mindestens 500.000 EUR stützt. Nach dem Wortlaut enthält das Gesetz keine Regelung dahingehend, dass mehrere Beteiligungen an verschiedenen Investmentfonds zusammengerechnet („je Beteiligung“) werden.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesfinanzministerium die Änderungen im Jahressteuergesetz 2024 verstehen wird. Problematisch erscheint die überschießende Wirkung, die die Ausdehnung der Wegzugsteuer nach sich ziehen wird. Fraglich ist insbesondere, ob die neuen Regelungen europarechtskonform sind, da sie den Wegzug ins EU-Ausland weiteren nicht unerheblichen Hürden aussetzen.
Rechtsanwalt Markus Mehlig ist im Schwerpunkt im Bank- und Kapitalmarktrecht, insbesondere im Steuerrecht, tätig. Er berät und vertritt deutschlandweit Privatanleger, Selbständige und Unternehmer zum rechtssicheren Umgang mit der Wegzugsteuer. Durch die Vielzahl der von ihm betreuten Fälle kennt er die Fallstricke und bietet praxiserprobte Lösungen.
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