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Welche Schadensersatzansprüche stehen mir als Geschädigtem nach einem Verkehrsunfall zu? – Teil 1

  • 5 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion

Ist nach einem Verkehrsunfall klar, dass die Gegenseite haftet bzw. hat diese die Haftung anerkannt, dann geht es nur noch darum, die Höhe der Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Hierbei sollte man die einzelnen Streitpunkte kennen:

Rechtsanwaltskosten

Wer als Geschädigter einen Anwalt zur Abwicklung des Verkehrsunfalls beauftragt, der muss üblicherweise die Gebühren des Anwalts nicht tragen. Die Gegenseite hat die Anwaltskosten zu tragen, wenn die anwaltliche Tätigkeit aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Dies ist bei Schäden am Fahrzeug oder bei Personenschäden in der Regel der Fall und der Geschädigte darf sofort, für die Gegenseite kostenpflichtig, einen Anwalt beauftragen.

Sachverständigengutachten

Nach einem Verkehrsunfall hat der Geschädigte einen Anspruch darauf, sich über den Schaden am Fahrzeug zu informieren. Überschreitet der Schaden eine Bagatellgrenze von 700 bis 750 €, dann darf der Geschädigte den Schaden durch einen Sachverständigen begutachten lassen. Dabei ist der Geschädigte in der Wahl des Gutachters frei. 

In der Regel bietet die gegnerische Versicherung einen Gutachter an. Diesem wird oft Parteilichkeit unterstellt, aber dessen Gutachten werden meistens akzeptiert und zügig reguliert. 

Das vom freien Gutachter erstellte Gutachten wird meist spezialisierten Abteilungen oder gar externen Firmen zur Überprüfung vorgelegt. Da für Kürzungen Provisionen winken, werden die im Gutachten ausgewiesenen Kosten in der Regel gekürzt, mit der Gefahr, dass unter Umständen die Versicherung weniger als tatsächlich geschuldet reguliert und die Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden müssen. 

Abschleppkosten 

Ist das Fahrzeug nicht mehr fahrtüchtig bzw. verkehrssicher, hat man als Geschädigter einen Anspruch auf Ersatz der Abschleppkosten. Als Geschädigter muss man in der Regel auch nicht die Mehrkosten tragen, wenn diese im Vergleich zu anderen Anbietern höher ausfallen. Als Geschädigtem kann einem nicht zugemutet werden, am Unfallort Vergleichsangebote einzuholen. Die Erstattungspflicht ist in der Regel aber nur auf diejenigen Kosten begrenzt, die erforderlich sind, um das beschädigte Fahrzeug von der Unfallstelle zu einer nächstgelegen, geeigneten Werkstatt abzuschleppen. 

Insbesondere werden bei einem Totalschaden nur die Kosten zur nächsten Werkstätte erstattet. Liegt jedoch kein Totalschaden vor und soll das Fahrzeug repariert werden, ist grundsätzlich auch das Abschleppen in die weiter entfernte „Heimatwerkstatt“ zu erstatten. Zumindest sind die fiktiven Rücktransportkosten bzw. die Abholkosten des Fahrzeugs zu erstatten, wenn dieses in der Nähe zum Unfallort repariert worden wäre. Zu der Frage, wann die Transportkosten zu einer weiter weg entfernten Werkstatt übernommen werden, verweisen wir ergänzend auf diesen Rechtstipp. 

Hat man den Unfall selbst oder zum Teil mitverschuldet und besteht eine Kaskoversicherung, sollte man darauf achten, dass die Abschleppkosten zu einer weiter entfernten Werkstätte, z. B. zu der Werkstatt seines Vertrauens, nicht stets vollständig von der Kaskoversicherung reguliert werden. Denn die Kosten werden nur erstattet, wenn diese bezüglich des Wiederbeschaffungswerts, der Reparaturkosten und des Restwerts nicht im Missverhältnis stehen. Da dies schwer abzuschätzen sein kann, sollte man das am besten bereits vor dem Abschleppen telefonisch mit der Kaskoversicherung klären.

Totalschaden

Bei einem Totalschaden erhält man den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts erstattet. Allerdings ist bei dem anzusetzenden Restwert darauf zu achten, dass regionale Angebote zugrunde gelegt werden, die in der Regel niedriger sind.

Reparaturkosten 

Bei den Reparaturkosten sind mehrere Aspekte zu beachten: Ob man die Reparatur durchführen will oder nicht und stattdessen die fiktiven Kosten erstattet verlangen möchte, sowie, bis zu welcher Höhe Reparaturkosten verlangt werden können und ob die Reparatur einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangt werden kann.

Möchte man die Reparatur nicht durchführen lassen, kann man die fiktiven Kosten, also die durch das Sachverständigengutachten festgestellten Kosten, erstattet verlangen. Allerdings ohne Mehrwertsteuer, da diese ohne Durchführung der Reparatur nicht anfällt.

Die meist höheren Kosten der Reparatur einer markengebundenen Fachwerkstatt können verlangt werden, wenn das Fahrzeug nicht älter als drei Jahre ist oder stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt scheckheftgepflegt und repariert wurde. Ist das Fahrzeug älter als drei Jahre, und wurde stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, aber kann die Scheckheftpflege in einer markengebundenen Fachwerkstatt nicht nachgewiesen werden, dann kann die gegnerische Versicherung auf die Reparatur in einer günstigeren freien Werkstätte nur bestehen, wenn sie beweisen kann, dass die freie Werkstatt technisch denselben Qualitätsstandard hat.

Bei der Höhe der Reparaturkosten ist zu beachten, dass diese nur bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts (siehe Totalschaden) erstattet werden. Lässt man die Reparatur durchführen und nutzt man sein Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter, dürfen die Reparaturkosten auch bei bis zu 130 % der Wiederbeschaffungskosten abzüglich Restwert liegen.

Mietwagenkosten 

Hier wird am meisten mit den Versicherungen gestritten. Solange das Fahrzeug repariert wird, kann man dieses nicht nutzen. Für diesen Zeitraum steht einem der Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten zu, wenn man das Fahrzeug täglich für Fahrten von mindestens 30 bis 40 km nutzt. Besondere Gründe müssen erst bei täglichen Fahrten von unter 20 km vorliegen, z. B. dass die öffentlichen Verkehrsmittel nicht ausreichen, um in die Arbeit zu kommen oder die Kinder zur Schule bzw. Krippe gefahren werden müssen. Vorsicht bei Luxusfahrzeugen, hier müssen Abstriche hingenommen werden, wenn die Mietwagenkosten unverhältnismäßig hoch sind.

In der Regel darf der Geschädigte einen gleichwertigen Fahrzeugtyp oder zumindest ein klassengleiches Fahrzeug anmieten. Dabei kommt es darauf an, in welcher Kategorie das Mietfahrzeug abgerechnet wird. Bei über fünf Jahre alten Fahrzeugen, sollte ein klassentieferes Fahrzeug angemietet werden. Auch ist zu beachten, dass Mietwagenvermieter allzu gerne einen überteuerten „Unfallersatztarif“ anbieten. Dem Geschädigten kann es in der Regel zugemutet werden, die Tarife insbesondere mit der „Schwacke-Liste Automietwagenklassen“ zu vergleichen. Diese Liste kann jeder selbst von der Firma Schwacke beziehen, aber auch jeder versierte Anwalt hat sie. 

Nutzungsausfallschaden

Wer während der Reparatur keinen Mietwagen nimmt, kann stattdessen eine Entschädigung für den Nutzungsausfall verlangen. Voraussetzung ist, dass man den Wagen tatsächlich reparieren lässt und während der Reparatur auch tatsächlich benutzt hätte.

Die Höhe des Schadens ist aus der „Schwacke-Liste Nutzungsausfallentschädigung“ zu ermitteln. Auch diese Liste kann jeder selbst von der Firma Schwacke beziehen und auch jeder versierte Anwalt hat sie. Wird ein Anwalt beauftragt, berechnet dieser üblicherweise auch den Nutzungsausfallschaden.

Ein Verkehrsunfall zieht eine Vielzahl von Rechtsfragen nach sich. Bereits aus diesem Grund sollte ein Anwalt frühzeitig hinzugezogen werden, insbesondere wenn die Gegenseite haftet, da bei Sach- und Personenschäden die Gegenseite in der Regel auch die Rechtsanwaltskosten erstatten muss. Der Rechtsanwalt berät, welche Kosten von der gegnerischen Versicherung erstattet werden müssen und setzt diese Ansprüche auch durch. Im Teil 2 werden die Ansprüche der Geschädigten erklärt, die Gesundheitsverletzungen erlitten haben.

(FMA)

Foto(s): ©Fotolia.com

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