Werberecht für Ärzte, Teil 2

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5. Werbung mit Auszeichnungen, Zertifizierungen und ähnlichen Mitteln

5.1 Auszeichnungen, Zertifizierungen

Es ist grundsätzlich erlaubt, auf eine erfolgreiche Zertifizierung hinzuweisen. Hierfür ist Voraussetzung, dass sachliche Kriterien für die Zertifizierung existieren, inhaltlich feststehen und nachvollziehbar sind. Außerdem muss die Vergabe eines Zertifikats oder einer sonstigen wertenden Auszeichnung auf einer Prüfung anhand festgelegter Standards beruhen und durch eine unabhängige Stelle erfolgen (Fritzsche, Grenzen des ärztlichen Werberechts, WRP 2013,272, 276 mwN).

Ist die Bezeichnung der Zertifizierung vergleichbar mit einem Facharzttitel, muss diese mit hinreichender fachlicher Fundierung und Unabhängigkeit vergeben werden. Beispielsweise wurde die Bezeichnung „Männerarzt“, die von einem privaten Verein nach dreiwöchiger Schulung in Seminaren vergeben wurde, als unzulässig angesehen (LG Münster, WRP 2008, 1137; OLG Hamm GRUR-RR 208, 434, 435 – Männerarzt)

Der Werbende muss auch über nennenswerte praktische Erfahrung auf dem Gebiet verfügen.

Werbung mit der Zertifizierung DIN EN ISO 9001 ist verboten, wenn diese dahin missverstanden werden kann, dass sich diese auf die ärztliche Qualifikation beziehe und nicht auf die Qualität der dortigen Organisationsabläufe. Der Gegenstand der Zertifizierung sollte daher unbedingt angegeben werden.

Beispiel: Angabe des DEKRA-Siegels auf einem Briefbogen über eine Zertifizierung nach ISO 9001 mit dem Satz „Qualitätsmanagement: Wir sind qualifiziert …“. Diese Werbung wurde verboten, da der Verkehr annehmen könne, dass die Zertifizierung sich nicht nur auf die Organisation beziehe, sondern auch auf die Qualität der Dienstleistung.

Die Werbung mit Qualitätssiegel ist zulässig, wenn sie beispielsweise die Einhaltung von Qualitätsstandards bestätigen.

5.2 Ähnliche Mittel

Bei Werbung für einen „Schutzbrief“ bei Schönheitsoperationen ist Vorsicht angebracht, da der Verkehr mit diesem Begriff eine Art von Absicherung die Dritte gewähren, wie die einer Versicherung, erwartet (OLG Hamm, WRP 2010, 1417 – Schutzbrief für Schönheitsoperationen).

6. Besondere Bezeichnungen für Gemeinschaftspraxen

Berufsausübungsgemeinschaften und Kooperationen nach §§ 18, 18a MBO-Ä, also sog. Gemeinschaftspraxen und Ärztehäuser werden des Öfteren aus werblichen Gründen anders bezeichnet. Untenstehend werden die vielfach verwendeten Bezeichnungen besprochen und erklärt, wann diese verwendet werden dürfen.

6.1 Ärztehaus

Ärzte dürfen mit dieser Bezeichnung werben, sofern darin eine gewisse Anzahl von Ärzten in dem Gebäude tätig ist und verschiedene Leistungsspektren angeboten werden (BVerfG, WRP 2011, 1435 – Zahnärztehaus).

6.2 Zentrum 

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, WRP 2012, 1094 – Neurologisches/Vaskuläres Zentrum) erwartet der Verkehr bei einem Unternehmen, welches sich als „Zentrum“ bezeichnet, dass dieses eine besondere Bedeutung und Größe aufweist. 

Allerdings vertritt das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zum Bundesgerichtshof die Ansicht, dass keine allzu hohen Anforderungen an die Verwendung des Begriffs Zentrum, hier für „Zentrum für Zahnmedizin“ zu stellen seien. Sicherheitshalber sollte der Begriff „Zentrum“ nur von großen und bedeutenden Ärztezusammenschlüssen, die eine gewisse Anzahl von Medizinern beschäftigt und von den Fallzahlen her zumindest regionale Bedeutung hat (Fritzsche, aaO, WRP 2013, 272, 279, OLG München, GRUR-RR 2005, 59- Brustzentrum), verwendet werden.

Ein Krankenhaus darf sich auch als Zentrum bezeichnen, wenn es die entsprechende Größe und Bedeutung aufweist.

7. Klinikbegriff

7.1 Klinik / Krankenhaus

„Klinik“ wird vom Verkehr mit dem Begriff „Krankenhaus“ gleichgesetzt, sodass vor der werblichen Verwendung sichergestellt werden sollte, dass die werbende Ärztegemeinschaft über eine gewisse personelle und auch operative Mindestausstattung für die stationäre Betreuung verfügt (LG Amberg WRP 2010, 162; Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2008 – I-20 U 168/07; BGH GRUR 1996, 802, 803 – Klinik; OLG München GRUR 2000, 91; LG Düsseldorf, Urteil vom 15.06.2007 – 12 O 366/04).

Hinweis: Eine Konzession nach § 30 GewO reicht alleine nicht aus, um sich als „Klinik“ in der Werbung zu bezeichnen, es müssen vielmehr die o. g. Voraussetzungen erfüllt sein.

7.2 Praxisklinik

Praxisklinik ist eine Einrichtung zur Durchführung operativer Eingriffe nach denen der Patient in der Regel die Nacht wieder zu Hause verbringt, die Versorgung über Nacht und in Notfällen jedoch möglich ist.

7.3. Tagesklinik

Der Begriff „Tagesklinik“ ist nach der Verkehrsauffassung mit der Vorstellung von stationärer Unterbringung für Heilung und Pflege verbunden (vgl. OLG München GRUR 2000, 91, 91 f.). Die Einschränkung „Tages-“ bedeutet, dass eine Übernachtung nicht gewährt wird. Es wird daher auf die Ausstattung und Arbeitsweise der Einrichtung abgestellt.

8. Sachlich unangemessene Werbung

8.1 Ausdrückliche Erwähnung der Herstellerfirma

Hierin hat das Bundesverfassungsgericht (GesR 2011, 660) eine unzulässige Werbung für Fremdprodukte erkannt. Dies gilt auch, wenn nur der Herstellername auf einem Foto sichtbar ist.

8.2 Werbung für gesundheitsbezogene Maßnahmen

Für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung gilt generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. 

Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis fehlt, die die werbliche Behauptung stützen könnte. Unzulässig ist es auch, wenn mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen (BGH, GRUR 2013, 649 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).

Beispiel: Arzt wirbt mit Erfolgen bei der Behandlung des sog. „Kiss- bzw. Kidd-Syndroms bei Säuglingen und Kindern“ durch manuelle Therapie (LG Dortmund, Urteil vom 15.5.2012 – Az 19 O 7/12).

Unwahre Angaben darüber, dass eine Dienstleistung Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen können, sind stets unzulässig (§ 3 Abs. 3 UWG iVm Anhang Nr. 18).

Eine Werbung unter Hinweis auf Heilung und Linderung von Krankheiten durch die Zubereitung von Nabelschnurblut ist wettbewerbswidrig (OLG Dresden, Urteil vom 19.7.2011 – 14 U 87/11).

9. Preiswerbung

Das Unterschreiten der Mindestsätze der Gebührenordnungen der Ärzte ist generell unzulässig. Die Werbung für Behandlungsleistungen mit Pauschalpreisen oder Pauschalrabatten wird daher als unlauter angesehen (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.7.2016 – 6 U 136/15). Zulässig ist hingegen, auf die jeweiligen Gebührensätze hinzuweisen. Dies stellt eine sachliche Information und keine berufswidrige Preiswerbung dar.

Das Anbieten von kostenlosen Beratungsgesprächen zu Operationen stellt grundsätzlich eine unlautere Werbemaßnahme dar (OLG München, Urteil vom 8.10.2009 – 6 U 1575/08).

Auch die Werbung mit einer „kostenlosen Zweitbegutachtung“ (LG Hamburg, Urteil vom 14.10.2014 – 312 O 19/14) oder einem „kostenfreien Eignungscheck“ verstößt gegen das Wettbewerbsrecht (LG München, WRP 2017, 363).



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