Wie ist der Ablauf eines Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren? Teil 1

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Im nachfolgenden Artikel beschreibe ich den möglichen Ablauf des Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren vom vorgeworfenen Verstoß bis Abschluss des behördlichen Verfahrens. Dieser soll als grobe Orientierung dienen, falls Sie selbst betroffen sind.

1. Messung oder beobachteter Verstoß

Das Verfahren beginnt, nachdem ein Verkehrsordnungswidrigkeitenverstoß begangen wurde. Dieser wurde entweder durch ein Messgerät festgestellt oder durch einen Polizeibeamten beobachtet.

Sofern der Verstoß durch einen Polizeibeamten beobachtet wurde, wird dieser Ihnen vermutlich gefolgt sein und Sie zum Anhalten aufgefordert haben. Sobald Sie angehalten haben, wird der Polizeibeamte Ihnen den Tatvorwurf mitteilen, Ihre Daten aufnehmen und versuchen nach Belehrung eine Aussage von Ihnen zu erhalten. Diese wird dokumentiert. Bitte machen Sie daher keine Aussage gegenüber der Polizei. Versuchen Sie sich nicht zu rechtfertigen. Sagen Sie einfach, dass Sie sich zum Vorwurf nicht äußern wollen. Lassen Sie sich auch nicht in einen netten Smalltalk verwickeln. Dies dient als psychologischer Trick, um eine Aussage von Ihnen zu bekommen. Was einmal gesagt und dokumentiert wurde, kann hinterher nur schwer widerrufen werden.

2. Anhörungsbogen oder Zeugenfragebogen
Der Anhörungsbogen ist im Bußgeldverfahren in der Regel das erste Schreiben was Sie erhalten. Er dient dazu Ihnen die Möglichkeit zu geben von Ihrem rechtlichen Gehör Gebrauch zu machen.

Außerdem führt der Anhörungsbogen dazu, dass die Verjährungsfrist unterbrochen wird. Der Anhörungsbogen muss Ihnen innerhalb von 3 Monaten nach dem Verstoß übersandt werden, ansonsten tritt Verjährung ein und der Verstoß darf nicht mehr geahndet werden. Nach Übersendung des Anhörungsbogen hat die Behörde erneut 3 Monate Zeit um Ihnen den Bußgeldbescheid zu übersenden.

Der Anhörungsbogen ist vergleichbar mit der Einladung zur Beschuldigtenvernehmung im Strafverfahren. Ich kann Ihnen nur raten, sofern Sie beabsichtigen Einspruch einzulegen, nicht auf den Anhörungsbogen zu antworten, denn alles was sie als schriftliche Antwort auf diesen erwidern kann im Verfahren gegen Sie verwendet werden. In Einzelfällen kann eine Äußerung dennoch Sinn ergeben, aber diese sollte nie ohne vorherige Absprache mit einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin erfolgen.

Einen Zeugenfragebogen erhalten Sie, wenn offensichtlich ist, dass Sie nicht der Fahrer des PKWs waren. War der Fahrer einer Ihrer nahen Familienmitglieder, dann haben Sie ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Wichtig: Sie dürfen niemals eine dritte Person als Fahrer angeben, die nicht gefahren ist, selbst dann nicht, wenn diese Person die Tat auf sich nehmen möchte. Sie könnten sich wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 StGB strafbar machen.

3. Bußgeldbescheid
Ein Bußgeldbescheid ist ein rechtlich verbindlicher Verwaltungsakt, sobald er rechtskräftig wird. Die Rechtskraft eines Bußgeldbescheides tritt 2 Wochen nach Zustellung ein. Wann Ihnen der Bußgeldbescheid zugestellt wurde, kann man dem gelben Umschlag, in dem Ihnen dieser übersandt wurde, entnehmen. Wenn Sie Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen wollen, sollten Sie also schnell sein und am besten direkt nach Erhalt Kontakt mit einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin aufnehmen.

Da das Zustellungsdatum so große Relevanz hat, ist es immer wichtig den Umschlag aufzuheben und gemeinsam mit dem Bußgeldbescheid dem Rechtsanwalt oder der Rechtsanwältin zu übergeben.

Wichtig: Erhalten Sie nach Ablauf der Verjährungsfrist einen Bußgeldbescheid müssen Sie dennoch Einspruch gegen diesen einlegen, da dieser sonst rechtskräftig wird. Bei Vorliegen der Verjährung wird der Einspruch erfolgreich sein.

4. Einspruchseinlegung und Antrag auf Akteneinsicht
Haben Sie sich entschieden Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen, dann sollte dieser gemeinsam mit einem Antrag auf Akteneinsicht erfolgen. Erst nachdem man die Akte geprüft hat, zeigt sich, ob alle erforderlichen Unterlagen für ein standardisiertes Messverfahren vorliegen und ob diese fehlerfrei sind.

Im Falle eines beobachteten Verstoßes kann man der Akte die entsprechende Dokumentation entnehmen. Diese ist oftmals nicht ausreichend und bietet daher gute Angriffspunkte für die Begründung des Einspruchs.

5. Prüfung der Aktenlage und Begründung des Einspruchs
Nachdem der Einspruch eingelegt wurde und Akteneinsicht gewährt wurde, kann die oben bereits genannte Überprüfung stattfinden. Sofern sich Fehler zeigen, werden diese nun genutzt um den Einspruch inhaltlich zu begründen.

Die Begründung kann jedoch auch darin bestehen, dass Sie als Betroffener über Ihren Verteidiger Angaben machen, welche sich entlastend für Sie auswirken können. Dies ist vor allem relevant bei Fahrverboten.

Aber auch, wenn am Tattag eine andere Beschilderung galt, als angegeben, kann Ihre Angabe als Betroffener für die Begründung des Einspruchs von erheblicher Relevanz sein.

6. Entscheidung der Behörde auf die Einspruchsbegründung
Nachdem die Einspruchsbegründung bei der Behörde eingegangen ist, führt diese zu einer erneuten Überprüfung durch den Sachbearbeiter.

a. Rücknahme des Bußgeldbescheid oder Abänderung des Bußgeldbescheides
Hält der Sachbearbeiter die Begründung des Einspruchs für überzeugend, nimmt dieser den Bußgeldbescheid entweder zurück oder ändert diesen ab.

Eine Abänderung  des Bußgeldbescheides ist häufig im Falle eines angeordneten Fahrverbotes möglich.

b. Ablehnung der Rücknahme oder Abänderung des Bußgeldbescheides
Hält der Sachbearbeiter die Begründung des Einspruchs für nicht überzeugend, teilt er dies schriftlich mit und der Bußgeldbescheid bleibt aufrecht erhalten. Außerdem wird man in der Regel gefragt, ob der Einspruch zurückgenommen wird.

Nun gibt es die also die Möglichkeit den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückzunehmen oder diesen aufrechtzuerhalten. Wird der Einspruch nicht zurückgenommen wird der Sacharbeiter die Angelegenheit an die zuständige Staatsanwaltschaft abgeben.



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