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Zu sexy gekleidet: Darf der Chef das verbieten?

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In welchen Situationen darf der Chef eine Kleiderordnung verlangen? Etwa, wenn sich eine Mitarbeiterin (oder ein Mitarbeiter) zu sexy kleidet? Die Situation ist vertrackt und oftmals juristisch kaum lösbar.

Wo niemand die Kleiderordnung hinterfragt

Der Feuerwehrmann in Sandalen und T-Shirt? Kaum zu empfehlen. Der Polizist im Holzfällerhemd und mit Cowboystiefeln? Höchstens, wenn er verdeckt ermittelt. Und selbst der Mann an der Kasse von McDonalds muss sich einem bestimmten Dresscode unterwerfen. Hinterfragt wird das in aller Regel nicht, man hat sich dran gewöhnt, dass es in bestimmten Branchen oder bei bestimmten Firmen eine Kleiderordnung gibt. Was aber, wenn das nicht der Fall ist? Inwieweit müssen sich Mitarbeiter vorschreiben lassen, was sie anziehen? Und erst recht dann, wenn sie sich für ein Outfit entscheiden, das sexy ist?

„Da kommt sie wieder, die heiße Schnitte!“

Stellen wir uns eine Arztpraxis vor. Der praktizierende Arzt hat bisher davon abgesehen, den Mitarbeiterinnen am Empfang einen Dresscode aufzuerlegen. Bis diese neue Kollegin auftaucht. Im Vorstellungsgespräch und den ersten Monaten fiel sie nicht weiter auf. Dann plötzlich (die Probezeit war gerade vorbei) wechselte die Mitarbeiterin ihre Garderobe. Sie stellte um auf kurze Röcke, enge Hemden und Dekolletees, die einen Blick bis zum Mittelpunkt der Erde erlaubten. In der Praxis war mächtig was los, die alteingesessenen Kolleginnen fühlten sich durch das Outfit der neuen Kollegin provoziert, wandten sich an den Chef, damit der dieses Problem beseitigen konnte. Was der auch tat, indem er der Mitarbeiterin verbot, so freizügig zur Arbeit zu erscheinen. Die Kollegin fügte sich, sie hätte aber wahrscheinlich auch vor einem Arbeitsgericht wenig Chancen gehabt, als Siegerin aus der Sache hervorzugehen.

Kundenkontakt geht vor

Der Grund dafür, dass die freizügige Mitarbeiterin ihre Garderobe ändern musste, lag im Kunden-, bzw. Patientenkontakt. Wenn der vorhanden ist, müssen sich die Mitarbeiter daran anpassen. In einer Arztpraxis kann man also davon ausgehen, dass kurze Röcke und tiefer Ausschnitt eher unpassend sind.

Anders sieht es aus, wenn es sich um Mitarbeiter im Backoffice handelt. Die sitzen dort, ohne direkt mit Kunden zu tun zu haben, es dürfte daher für jeden Chef schwer sein, sie zu einem bestimmten Dresscode zu verpflichten. Andererseits sind da ja auch noch die anderen Kollegen, die sich – ähnlich wie bei den Kolleginnen der oben genannten Arztpraxis – von allzu freizügiger Kleidung belästigt fühlen können. Was ist in solchen Fällen zu tun?

Alles im „akzeptablen Rahmen“ – doch wie verläuft der genau?

Schon Herbert Grönemeyer fragte in seinem Hit „Männer“ etwas ratlos: „Wann ist ein Mann ein Mann?“ Bezogen auf die Kleiderordnung in Unternehmen könnte man die Frage etwas variieren und fragen: Wann ist sexy zu sexy? Oder: Was genau ist ein „akzeptabler Rahmen“? Während die einen über lockere oder sexy Kleidung gekonnt hinwegsehen, fühlen sich andere belästigt. Und was Männern an Frauen gefällt, mag anders herum noch längst nicht so sein. Und umgekehrt.

Es kommt – wie so oft im Rechtswesen – auf den Einzelfall an, und so lässt sich pauschal zur Kleiderordnung in Unternehmen eigentlich auch nur eines mit Sicherheit sagen: Sofern es in einem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, geht die Einführung eines Dresscodes nicht an ihm vorbei. Er muss zustimmen, wenn derlei Pläne in der Schublade liegen und zur Entscheidung herausgeholt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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