Zum Auskunftsanspruch eines Journalisten über das Bruttogehalt in der „Verwandtenaffäre“

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Ein klagender Journalist hat gegen das bayerische Landtagsamt einen Anspruch auf Auskunftserteilung über die Höhe des Bruttogehalts, das ein Landtagsabgeordneter an seine Ehefrau für die Beschäftigung als Sekretärin im häuslichen Abgeordnetenbüro gezahlt hat. So entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27.09.2018 klar (Az.: 7 C 5.17).

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist der damalige Chefredakteur des Nordbayerischen Kuriers, Joachim Braun. Er machte gegenüber dem Landtagsamt einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend, da er wissen wollte, welches monatliche Bruttogehalt der ehemalige Bayreuther CSU-Abgeordnete Walter Nadler seiner Ehefrau als Sekretärin im häuslichen Abgeordnetenbüro gezahlt hat.

Da eine Presseanfrage im Vorhinein von der Präsidentin des Landtags mit der Begründung abgelehnt wurde, dass unter anderem nicht alle für eine Beantwortung erforderliche Unterlagen vorliegen würden und zudem eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht bestünde, erfolgte schließlich die gerichtliche Geltendmachung.

Der Kläger begehrte die Informationen, da sie seines Erachtens für eine sachlich fundierte und kritische journalistische Darstellung und Kommentierung der Ausgabenpolitik des CSU-geführten Landtagsamtes des Beklagten unerlässlich seien. Zudem gab er an, dass die Öffentlichkeit ein Interesse daran habe, welche Ausgaben das Landtagsamt getätigt habe und ob die Vergütung der Ehefrau im Verhältnis zu ihrer Leistung stünde.

Die Entscheidung der ersten Instanz des VG München (Urteil vom 16.04.2015 – M 10 K 13.4759) fiel für den Kläger aus. Dagegen legte jedoch der Beklagte beim Bayrischen Verwaltungsgericht München (BayVGH, Urteil vom 24.11.2016 – 7 B 16.454) Berufung ein, womit die Entscheidung anders ausfiel und ein Anspruch verneint wurde. Im Revisionsverfahren wurde ihm schließlich doch ein Auskunftsanspruch zugesprochen.

Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gebührt der in Art. 5 I 2 GG verankerten Pressefreiheit Vorrang gegenüber der Freiheit des Mandats und dem Schutz personenbezogener Daten des Abgeordneten sowie seiner Ehefrau.

Die Begründung des Urteils ist abzuwarten. 

Dem erstinstanzlichen, den Anspruch zuerkennenden, Urteil ist zu entnehmen, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach Art. 4 I 1 BayPrG begründet ist. So heißt es, dass zunächst kein Auskunftsverweigerungsrecht in dem Sinne vorliege, dass gegen beamtenrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtungen verstoßen werde. Denn solche bestehen nur dann, wenn die Behörde als Organisationseinheit für eine Auskunft in Anspruch genommen werden soll. Bestimmungen, die den einzelnen Beamten oder Bediensteten zur Dienstverschwiegenheit verpflichten, sind keine Geheimhaltungsvorschriften i. S. v. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG (vgl. BayVGH, U. v. 7.8.2006 – 7 BV 05.2582 – VGHE 59196 – juris Rn. 41 m. w. N.).

Zudem geht aus der Begründung hervor, dass auch das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nicht dagegenstehen kann. Denn die Anwendbarkeit ist bereits abzulehnen, da das Gesetz nur für Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Behörden des Bundes oder gleichgestellten Bundeseinrichtungen oder von diesen zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Aufgaben Beauftragter anwendbar ist. Hinsichtlich etwaiger Beschränkungen von Auskünften von oder über Mandatsträgern ist keine Regelung vorhanden.

Hervorzuheben ist, dass das Gericht im Rahmen der vorgenommenen Abwägung der beiderseitigen Interessen, nämlich dem Informationsinteresse der Presse aufgrund der Pressefreiheit einerseits und dem Geheimhaltungsinteresse der Behörde bzw. schützenswerter Dritter andererseits, der Pressefreiheit den Vorzug gegeben hat.

Es wird in der Begründung klargestellt, dass hinsichtlich des freien Mandats einem Abgeordneten nicht „hineingeredet“ werden kann, für was er die ihm zustehenden Diäten, Aufwandsentschädigungen und sonstigen Zuwendungen verwenden soll. 

Jedoch liegt nach der vertretenen Auffassung eine Offenlegungspflicht der verwendeten Mittel gegenüber der Presse vor, da ein publizistisches Interesse daran besteht, ob und wie Aufwandsentschädigungen des Beklagten für und von einem einzelnen Abgeordneten verwendet wurden. Dem stünde das freie Mandat nicht entgegen, da eine Beeinträchtigung dessen nicht ersichtlich ist. 

Auch ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht liegt nach der Begründung nicht vor. So heißt es, dass der Schutz des Einzelnen vor der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten zwar vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung als einer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 I, 2 1 GG umfasst ist. 

Eingriffe sind jedoch möglich, wenn sie gerechtfertigt sind. Und nach der Auffassung des bekennenden Gerichts ergibt die Abwägung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dass der Erstere überwiegt. 

Auch geht das Gericht darauf ein, dass eine Person des öffentlichen Lebens hinsichtlich der Tätigkeit als Abgeordneter weniger schutzwürdig ist, als Privatpersonen. So wird formuliert, dass Personen in öffentlicher Funktion grds. eine Kontrolle ihrer aus öffentlichen Abgaben finanzierten Gehälter oder Bezüge durch die Öffentlichkeit hinnehmen und deshalb auch deren Publizität dulden müssten.

Zudem sei die informationelle Selbstbestimmung der Ehefrau nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt, indem die Höhe ihres Gehalts oder von sonstigen Bezügen öffentlich gemacht werde. Denn das Einkommen sei schließlich häufig allgemein zugänglichen Quellen zu entnehmen.

Es bleibt abzuwarten, in wie weit das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung den überblickartig dargestellten Auffassungen des Ausgangsgerichts folgt. 

Die aufgeführte Streitigkeit wird in den Medien auch als „Verwandtenaffäre“ bezeichnet und betraf im Jahr 2013 weitere Abgeordnete im Bayerischen Landtag. Diese hatten Ehepartner oder nahe Verwandte beschäftigt und zahlten ihre Arbeitsleistung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. So musste beispielsweise ein damaliger CSU-Fraktionschef von seinem Posten zurücktreten, da er seine Ehefrau über 20 Jahre lang beschäftigt hat.


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