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Zurückstellung von der Schule in Hessen gem. § 58 Hessisches Schulgesetz (HSchG)

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Wie kann ich mein Kind in Hessen von der Schule zurückstellen – § 58 HSchG?

Nachdem es eine Zeit lang eine Tendenz gab, immer jüngere Kinder einzuschulen, hat sich dies in den letzten Jahren geändert. Viele Familien sind besorgt, dass ihre Kinder noch nicht so weit sind, um eine Schule zu besuchen, und versuchen deshalb, eine Zurückstellung von der Schule zu erreichen.

Meist geht es demnach um sogenannte sozial-emotionale Gründe. D. h. die Kinder sind gesund und eigentlich auch intellektuell so weit, dass sie in eine Schule können, scheinen sich aber noch nicht im Schulalltag zurechtzufinden.

Unzutreffend ist die Legende, dass Eltern in Hessen selbst über eine Zurückstellung von der Schule entscheiden könnten. Auch in Hessen muss man demnach meist eine Zurückstellung von der Schule beantragen, denn von sich aus sprechen Schulen meist keine Zurückstellung von der Schule aus.

Wie man eine Zurückstellung von der Schule in Hessen erreicht, zeigen nachfolgende Ausführungen.

Zurückstellung von der Schule und Einschulungsstichtag in Hessen – § 58 Schulgesetz Hessen

Einen Antrag auf Zurückstellung von der Schule müssen in Hessen alle Kinder stellen, die vor dem Einschulungsstichtag das sechste Lebensjahr vollendet haben und damit grundsätzlich schulpflichtig werden.

Der Einschulungsstichtag ist in § 58 Absatz 1 Hessisches Schulgesetz:

Für alle Kinder, die bis zum 30. Juni das sechste Lebensjahr vollenden, beginnt die Schulpflicht am 1. August. Diese sind in den Monaten März/April des Jahres, das dem Beginn der Schulpflicht vorausgeht, zum Schulbesuch anzumelden, dabei sind die deutschen Sprachkenntnisse festzustellen. Kinder, die nach dem 30. Juni das sechste Lebensjahr vollenden, können auf Antrag der Eltern in die Schule aufgenommen werden. Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter unter Berücksichtigung des schulärztlichen Gutachtens. Die Schulpflicht beginnt mit der Einschulung. Bei Kindern, die nach dem 31. Dezember das sechste Lebensjahr vollenden, kann die Aufnahme vom Ergebnis einer zusätzlichen schulpsychologischen Überprüfung der geistigen und seelischen Entwicklung abhängig gemacht werden. Satz 2 bis 6 gelten entsprechend an Schulen mit Eingangsstufe ( § 18 Abs. 3) für Kinder, die nach dem 30. Juni das fünfte Lebensjahr vollenden. 

Hessen gehört also zu den Bundesländern mit dem frühesten Einschulungsstichtag, sodass die Kinder bei der Einschulung vergleichsweise alt sind. Nur wer vor dem 30. 06. das sechste Lebensjahr vollendet, muss als in Hessen eingeschult werden!

Gründe für die Zurückstellung von der Schule in Hessen – § 58 Absatz 3 Hessisches Schulgesetz

Hessen hat alle 3 möglichen Zurückstellungsgründen (körperliche Gründe, geistige Gründe & seelische Gründe) geregelt:

In § 58 Abs. 3 HSchG heißt es:

Schulpflichtige Kinder, die noch nicht den für den Schulbesuch erforderlichen körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklungsstand haben, können auf Antrag der Eltern oder nach deren Anhörung unter schulpsychologischer Beteiligung und Beteiligung des schulärztlichen Dienstes von der Schulleiterin oder dem Schulleiter für ein Jahr von der Teilnahme am Unterricht der Grundschule oder der Förderschule zurückgestellt werden. Die Zeit der Zurückstellung wird nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet.

In Hessen gibt es demnach die breitestmögliche Palette an Zurückstellungsgründen für die Schule:

  • Eine Zurückstellung aus körperlichen Gründen ist möglich, wenn Kinder wegen schwerer Krankheiten entwicklungsverzögert sind oder diese Krankheiten eine aktuelle Einschulung verhindern.
  • Eine Zurückstellung aus geistigen Gründen kommt in Betracht, wenn Kinder noch nicht in der Lage sind, den Schulstoff zu bewältigen.
  • Und eine Zurückstellung aus seelischen Gründen kommt in Betracht, wenn die Kinder in sozial-emotionaler Hinsicht noch nicht soweit sind, d. h. in Schulsituationen noch nicht klarkommen.

Hierbei ist zu beachten, dass die Gründe für eine Zurückstellung von der Schule gewichtig sein müssen. Insbesondere bei den praktisch relevanten seelischen Gründen ist zu beachten, dass alle Kinder, die in die Schule kommen, entsprechende Übergangsprobleme haben, sodass die seelischen Gründe derart gewichtig sein müssen, dass sie einer Einschulung entgegenstehen.

Gerade hier bestehen oftmals falsche Vorstellungen, sodass man sich schnell in sein Unglück redet. Eine Vorabinformation erscheint demnach sinnvoll, bevor man loslegt. Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung kann ich Ihnen natürlich auch in Hessen weiterhelfen.

Zurückstellung von der Schule und Sonderpädagogischer Förderbedarf in Hessen

Seit es Inklusion (gemeinsame Beschulung von behinderten und nicht-behinderten Schülern) im schulischen Bereich gibt, gelangen Schulen plötzlich an Sonderpädagogen. Die Verlockung ist dann freilich groß, selbst solche Fälle zu konstruieren, um an diese Ressourcen möglichst umfassend zu gelangen.

Ein Hauptanwendungsfall eines solchen Missbrauchs seitens der Schule besteht bei den Einschulungsfällen: Statt dem Antrag auf Zurückstellung von der Schule zu entsprechen, sollen diese Schüler nämlich mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeschult werden!

Anknüpfungspunkt sind dann ausgerechnet die seitens der Eltern vorgebrachten Zurückstellungsgründe, die Schulen zwar nicht für eine Zurückstellung von der Schule anerkennen, diese aber kurzerhand für sonderpädagogischen Förderbedarf missbrauchen!

In Folge dessen muss man nicht nur aufpassen, dass die Gründe für die Zurückstellung der Schule zu läppisch sind, sodass sie nicht für eine Zurückstellung ausreichen, sondern auch, dass man nicht über das Ziel hinausschießt und plötzlich mit sonderpädagogischem Förderbedarf konfrontiert wird!

So gerät nicht nur die Zurückstellung von der Schule rasch aus dem Blickfeld, sondern sonderpädagogischer Förderbedarf (das vormalige Behindertenrecht) stellt eine erhebliche Stigmatisierung für das betroffene Kind dar. Die Feststellung erfolgt meist unbeschränkt per Dauer-Verwaltungsakt, d. h. es ist alles andere als einfach, dies später wieder loszuwerden (siehe ausführlich zum Thema meine Website: www.sonderpädagogischer-förderbedarf-inklusion.de).

Der Antrag auf Zurückstellung von der Schule von der Schule in Hessen

Auch wenn ein Kind vor dem Einschulungsstichtag das sechste Lebensjahr vollendet hat, muss der Schulleiter natürlich grundsätzlich die Schulreife prüfen. In der Praxis ist es aber extrem selten, dass ein Schulleiter von sich aus auf die Idee kommt, eine Zurückstellung von der Schule auszusprechen.

Folglich muss man regelmäßig selbst einen Antrag auf Zurückstellung von der Schule stellen.

Der Schulleiter ist bei seiner Entscheidung weitgehend frei, werden aber durch Schulpsychologen und den schulärztlichen Dienst unterstützt. Hierzu heißt es in § 58 Abs. 3 HSchG:

Schulpflichtige Kinder, die noch nicht den für den Schulbesuch erforderlichen körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklungsstand haben, können auf Antrag der Eltern oder nach deren Anhörung unter schulpsychologischer Beteiligung und Beteiligung des schulärztlichen Dienstes von der Schulleiterin oder dem Schulleiter für ein Jahr von der Teilnahme am Unterricht der Grundschule oder der Förderschule zurückgestellt werden. Die Zeit der Zurückstellung wird nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet. 

In der Praxis kann man in Hessen vom schulärztlichen Dienst nicht allzu viel erwarten, die Schulpsychologen zeigen sich wesentlich offener. Schlussendlich ist es indes der Schulleiter, den man überzeugen muss. Und natürlich ist es hierfür hilfreich, wenn man selbst eigene Gutachten und Stellungnahmen bspw. des Kindergartens, von Ärzten, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten etc. beibringt.

Widerspruch gegen die Ablehnung der Zurückstellung von der Schule in Hessen

Wie bereits eingangs erwähnt, werden an das Vorliegen eines Zurückstellungsrundes in Hessen hohe Anforderungen gestellt. Insbesondere im praktisch relevanten sozial-emotionalen Bereich wird genau geschaut, denn Übergangsprobleme haben mehr oder weniger alle Schüler und eine Zurückstellung von der Schule soll eine Ausnahme bleiben.

Erfolgt die Ablehnung der Zurückstellung von der Schule, so stellt dies einen Verwaltungsakt dar, gegen den man Widerspruch einlegen kann. Hierbei ist indes zu beachten, dass nach wie vor die Meinung des Schulleiters maßgeblich bleibt, Schulämter verwalten meist mehr den Widerspruch, als dass sie sich selbst einschalten.

Wie bei vielen schulischen Themen ist es demnach auch hier so, dass es immer schwerer wird, je weiter das Verfahren voranschreitet, zumal sich viele Eltern leider in ihr Unglück reden, weil ihnen naturgemäß die praktische Erfahrung fehlt, was eine Schule mitträgt und was nicht und wo Gefahren beginnen.

Ich berate deshalb bei Zurückstellungswünschen von Eltern sehr viel vor Antragstellungen und greife notfalls auch bundesweit ein.

Näheres finden Sie auf meiner Website: www.zurueckstellung-schule.de

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwaltskanzlei Zoller – Anwalt für Schulrecht


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