AG meldet freie Stellen der Arbeitsagentur frühzeitig i.S.v. § 165 Satz 1 SGB IX als für Schwerbehinderte geeignet

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In dem Verfahren, welches im Übrigen vom LAG Chemnitz kam, ging es um die Frage, welche Indizien für eine Benachteiligung eines schwerbehinderten Bewerbers sprechen können und welche Anforderungen an die "Meldung" freier Stellen an die Bundesagentur für Arbeit als für Schwerbehinderte geeignet bei einem öffentlich rechtlichen Arbeitgeber zu stellen sind. Gleichzeitig kann man aber auch Parallelen zu der Pflicht des privaten Arbeitgebers nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX herstellen.

Das BAG kam zu der Aussage, dass es nicht ausreichend sei, die freie Stelle an die Bundesagentur zur Job-Börse zu melden. Es muss ausdrücklich ein Hinweis auf die Geeignetheit für schwerbehinderte Bewerber erfolgen. Dies kann man - meiner Meinung nach - auf die Pflicht des privaten Arbeitgebers simultan übertragen, weil die Norm in der Frage ähnlich ausgestaltet ist, so dass wir dort jetzt besondere Vorsicht anregen wollen.

Arbeitgeber sollten daher freie Stelle, die sie extern besetzen wollen oder/und ausschreiben, ausdrücklich der Bundesagentur als für schwerbehinderte Menschen geeignet anzeigen.

Im Übrigen ist - bei öffentliche-rechtlichen Arbeitgebern - große Vorsicht bei der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch geboten. Das sollte grundsätzlich nicht geschehen. Hierbei sollten öffentlich-rechtliche Arbeitgeber berücksichtigen, dass hierauf nur dann verzichtet werden kann, wenn der Bewerber offensichtlich ungeeignet ist, wobei die Hürde hierfür besonders hoch liegt. Allein die Tatsache, dass der Bewerber das eine oder andere Kriterium erfüllt, oder gar überqualifiziert ist, erfüllt das nicht.

Der mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger bewarb sich im November 2017 unter Angabe seiner Schwerbehinderung ohne Erfolg auf die ausgeschriebene Stelle. Zu einem Vorstellungsgespräch wurde er nicht eingeladen. Mit Schreiben vom 11. April 2018 wurde ihm mitgeteilt, dass sich der beklagte Landkreis für einen anderen Bewerber entschieden habe. 

Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der beklagte Landkreis den Kläger wegen der Schwerbehinderung benachteiligt und schuldet ihm deshalb die Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der beklagte Landkreis hatte es entgegen § 165 Satz 1 SGB IX unterlassen, den ausgeschriebenen, mit schwerbehinderten Menschen besetzbaren Arbeitsplatz der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit stellt keine Meldung iSv. § 165 Satz 1 SGB IX dar. Der Umstand der unterlassenen Meldung begründet die Vermutung, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. November 2021 – 8 AZR 313/20 –
Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 11. März 2020 – 5 Sa 414/18 –


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Karsten Zobel

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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