Aktuelle BGH-Urteile: Ein neuer Maßstab für die Kostenteilung im Wohnungseigentumsrecht
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Der Bundesgerichtshof hat gesprochen: Wohnungseigentümer haben das Recht, über die Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum zu entscheiden. Doch unter welchen Umständen können sie von der bisherigen Kostenverteilung abweichen? Zwei aktuelle Verfahren geben Aufschluss über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Macht der Wohnungseigentümer.
Verfahren V ZR 81/23: Die Frage der Nutznießer
In diesem Fall steht die Frage im Raum, ob die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung beschließen können, um bestimmte Eigentümer stärker zur Kasse zu bitten. Der Kläger, Eigentümer von Doppelparkern, sah sich mit einer solchen Entscheidung konfrontiert, als die Kosten für die Reparatur einer gemeinschaftlichen Hebeanlage nur den Teileigentümern der Doppelparker auferlegt wurden. Trotz Anfechtungsklage bestätigte der Bundesgerichtshof diese Regelung. Die Begründung: Die Kostenverteilung muss den Nutzen der Erhaltungsmaßnahmen widerspiegeln. Da nur die Teileigentümer der Doppelparker unmittelbar von der Reparatur profitieren, erscheint die Kostenübernahme gerechtfertigt. (V ZR 81/23)
Verfahren V ZR 87/23: Maßstabskontinuität und individuelle Fallbeurteilung
Im zweiten Verfahren ging es um den Austausch defekter Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums eines Wohnungseigentümers. Auch hier beschlossen die Wohnungseigentümer eine Kostenverteilung, die den Kläger allein belastete. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass eine Regelung für künftige gleichgelagerte Fälle nicht zwingend erforderlich ist. Vielmehr sei eine individuelle Fallbeurteilung geboten. Die Entscheidung für die Kostenübernahme durch den Kläger wurde als ordnungsmäßige Verwaltung angesehen, da sie die Gebrauchsmöglichkeit des Klägers berücksichtigte. (V ZR 87/23)
Die rechtlichen Grundlagen: Selbstorganisationsrecht und Gebrauchsmöglichkeit
Beide Urteile stützen sich auf das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes. Dieses gibt den Eigentümern die Befugnis, über die Kostenverteilung von Erhaltungsmaßnahmen zu entscheiden. Dabei ist entscheidend, dass die Regelung den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Eigentümer angemessen ist und keine ungerechtfertigte Benachteiligung Einzelner bedeutet. Zudem muss sie die Gebrauchsmöglichkeit des jeweiligen Eigentümers berücksichtigen.
Diese Urteile markieren einen wichtigen Wendepunkt im Wohnungseigentumsrecht. Sie verdeutlichen, dass die Wohnungseigentümer ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit bezüglich der Kostentragung haben, solange die Beschlüsse den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen.
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