Allgemeines zur Arzthaftung

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Der Arzthaftungsprozess ist die für den Prozessanwalt sichtbare Kehrseite von Mängeln im Risikomanagement und in der Qualitäts­sicherung. So beeindruckt es, wenn ein großer Krankenhausver­sicherer einen Anstieg der Schadensaufwendungen im Heilwesen von 39,2 °/o, nämlich von ca. 8,1 Mio. Euro auf ca. 11,3 Mio. Euro im Jahr 2005 gegenüber 2004 meldet.

 

Die Zahl der außergerichtlich und gerichtlich geltend gemachten Haftpflichtansprüche gegen Krankenhäuser und Ärzte bewegt sich auf hohem Niveau. Die Schlichtungsstellen verzeichnen seit 1990 steigende Zahlen von Patientenanträgen. Die Anträge bei der Ärz­tekammer Westfalen-Lippe stiegen von 2001 bis 2004 von 1452 auf 1777 Anträge. Auch die Haftpflichtversicherer bestätigen eine stetig steigende Zahl zu regulierender Haftungsfälle. Geschätzt sind es 30.000 bis 40.000 Fälle pro Jahr. In der Krankenhauslehre wird schon die Frage gestellt, wie lange sich das Gesundheitswesen noch unzureichende Qualität leisten kann. Die Verunsicherung ergreift auch den Markt der Krankenhausbetriebshaftpflichtversicherer, die Versicherungsfähigkeit von Krankenhäusern sowie die Möglichkeiten und Grenzen von Haftpflichtversicherungen werden diskutiert. Die Entwicklung der Rechtsprechung kann in diesem Zusammenhang für alle Be­teiligten die Bedeutung des medizinischen Standards und die Notwendigkeit standardgerechter Arztpraxis- und Krankenhaus­organisation auch in Aufklärung und Dokumentation aufzeigen. Der Berichtszeitraum 2005/2006 befasst sich, wie in den Vor­jahren, schwerpunktmäßig mit Rechtsfragen der Patientenaufklä­rung, der arbeitsteiligen Medizin und bezeichnenderweise fach­gebietsbezogen mit Haftungsfällen aus der Geburtshilfe, dem „Sorgenkind der Versicherer", die sich vielfach von diesem Risiko getrennt haben. Aus den Entscheidungen zur Patientenaufklärung ragt die Entscheidung des Arzthaftungssenates des BGH heraus, wonach auch im Bereich der therapeutischen Aufklärung ein die Beweislast umkehrender Beratungsfehler in Betracht kommen kann, wenn - an sich selbstverständlich - Sicherungshinweise nicht dokumentiert sind. Auch die Robodoc-Entscheidung vom 13.6.2006 hat nicht nur in der Fachpresse Aufsehen erregt, eben­so die in diesem Jahr veröffentlichte Entscheidung des BGH zur Aufklärung bei Blutspenden. Die Aufklärung über Behandlungs­alternativen erlangt in der forensischen Praxis immer größere Be­deutung. Im Übrigen beeindrucken vor allem die Entscheidungen aus der Geburtshilfe, die sowohl hinsichtlich der Dokumentations­pflicht, der Aufklärung über Behandlungsalternativen oder der unterlassenen Befunderhebung als auch - auf der Rechtsfolgen­seite - der Schmerzensgeldhöhe die hohen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Arzt und Krankenhaus postulieren.

Die Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten er­streckt sich nicht nur auf die notwendigen Hinweise zu Diagnose, Verlauf und Risiko der ärztlichen Behandlung (Selbstbestimmungs­aufklärung), sondern auch auf die Beratung zu richtigem prä- und postoperativem Patientenverhalten (Sicherungsaufklärung). Der Überblick über die aktuelle Rechtsprechung bestätigt die forensi­sche Bedeutung der therapeutischen Sicherungsaufklärung. Bei der Selbstbestimmungsaufklärung liegen die Probleme wie in den ver­gangenen Jahren in erster Linie in der Aufklärung über Behand­lungsalternativen und der Berufung auf die hypothetische Einwil­ligung des Patienten.


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