Anhängen bei Amazon: Was tun, wenn in der ASIN nachträglich eine Marke eingetragen wird?

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Eine ASIN bei Amazon, die seit längerer Zeit existiert, ist häufig gut gelistet und hat eine Vielzahl von häufig guten Bewertungen.

Grundsätzlich gilt, dass ein Seller sich an die ASIN anhängen kann, wenn er im Fall der Bestellung exakt das beschriebene Produkt ausliefert. An dieser Stelle kommt die eingetragene Marke ins Spiel:

Wenn in der ASIN hinsichtlich des Produktes eine Marke genannt wird, muss im Falle einer Bestellung auch das Markenprodukt ausgeliefert werden. Eine eigene Marke ist daher für viele Amazon-Verkäufer eine Alternative, um eine ASIN exklusiv nutzen zu können. Grundsätzlich gilt hier: Die Marke muss für die Waren registriert worden sein, für die sie auch tatsächlich benutzt wird. Nach unserer Erfahrung ist dies häufig nicht der Fall. Es wurde vor Jahren eine Marke angemeldet, die dann aktuell für ganz andere Produkte genutzt wird. Der markenrechtliche Schutz bei Amazon ist dann besonders stark, wenn die Marke bei Amazon registriert wird. Zudem bietet Amazon bei einer Markenregistrierung einen Zugriff auf Tools an, die Markeninhabern bei Amazon vorbehalten sind. Die Marke wird zudem bei Amazon unterhalb der Artikelüberschrift und bei den Produktdetails angezeigt. Ohnehin ist es nach unserem Eindruck seit längerer Zeit so, dass unterhalb der Artikelüberschrift so gut wie immer Marken angezeigt werden, egal ob es eingetragene Marken gibt oder nicht.

Wenn ein anderer Händler sich an eine Marken-ASIN anhängt, kann der Markeninhaber einen Markenrechtsverstoß bei Amazon melden. Es gibt bei Amazon die Möglichkeit, eine „Mitteilung an Amazon.de über eine Rechtsverletzung“. Durch ein Formular können einfach Rechtsverletzungen gemeldet werden, insbesondere eine Urheberrechtsverletzung, eine Verletzung im Markenrecht, Patentrecht oder Designrecht. Aufgrund der Rechtsprechung würde Amazon selbst haften, wenn bei einer derartigen Meldung nicht unverzüglich durch Amazon reagiert wird. Amazon entfernt daher in der Regel den Händler von der ASIN, der angeblich markenrechtsverletzende oder designrechtsverletzende Produkte anbietet. Denkbar ist auch eine komplette Sperrung einer ASIN selbst, die angeblich gegen Schutzrechte Dritter verstößt.

Problem Nachtragen einer Marke

Amazon-Verkäufer mit Schreibrechten haben ggf. die Möglichkeit, eine ASIN dahingehend zu verändern, dass aus einem No-Name-Produkte plötzlich ein Markenprodukt wird. Ob dies davon abhängig ist, dass der Verkäufer, der die Änderung vornimmt, die ASIN ursprünglich selbst angelegt hat, ist uns nicht bekannt.

Folge ist dann jedenfalls, dass das Markenprodukt in diesem Fall plötzlich nur noch durch den Markeninhaber angeboten werden darf bzw. bei einer Bestellung ein Original-Markenprodukt ausgeliefert werden muss. In der Praxis ist es häufig so, dass bei einer Bestellung identische No-Name-Produkte ausgeliefert werden. Dies ist bei dem Nachtragen einer Marke bei einer ASIN dann nicht mehr möglich.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten für betroffene Händler, die plötzlich von einer ASIN ausgeschlossen werden, gegen ein derartiges Kapern der ASIN vorzugehen. Es geht dabei um Fälle, in denen der Markeninhaber entweder den Händler markenrechtlich abmahnt, der an der ASIN hängt oder diesen über eine Infringement-Meldung bei Amazon von der ASIN ausschließt.

Markeninhaber kann sich nicht gegen das Anhängen an seine Marken-ASIN wehren, wenn er selbst kein Markenprodukt ausliefert


Nach einer Entscheidung des Landgerichtes Mannheim (Az.: 22 O 11/20) hat ein Markeninhaber bezogen auf Amazon keine markenrechtlichen Unterlassungsansprüche, wenn der Markeninhaber selbst kein Markenprodukt ausliefert, sondern ein Produkt mit einer anderen Kennzeichnung. Der Markeninhaber, eine Marke hat immer eine Herkunftsfunktion, muss sozusagen der Hersteller sein.

Häufig ist dies nicht der Fall:

Das Produkt kommt häufig aus ASIN und wurde bis zum Nachtrag der Marke durch verschiedene Verkäufer als No-Name-Produkt verkauft. Es ist unproblematisch möglich, ein No-Name-Produkt mit einer Marke zu kennzeichnen. Dies nennt man White-Labeling. Es muss nur tatsächlich geschehen, d.h. das Produkt selbst muss mit der Marke gekennzeichnet sein. Keinesfalls darf es ein Produkt eines anderen Markenherstellers sein.

Weitere ASIN mit dem No-Name-Produkt ist keine Alternative


Nach einer Ansicht des Oberlandesgerichtes Hamm (OLG Hamm, Az.: 4 U 73/18) kann eine Abmahnung aufgrund eines Anhängens an eine Amazon-ASIN rechtsmissbräuchlich sein, wenn dem betroffenen Händler nichts anderes übrig bleibt, als eine bei Amazon unzulässige Dublette anzulegen. Nach unserem Eindruck hat sich diese Argumentation jedoch in der Praxis nicht durchgesetzt.

ASIN abändern, während diese durch andere Händler genutzt wird und dann abmahnen, ist Rechtsmissbrauch

Nach Ansicht des Landgerichtes Frankfurt (LG Frankfurt, Az.: 3- 08 O 104/14) ist es rechtsmissbräuchlich, wenn eine ASIN abgeändert wird, während noch andere Verkäufer die ASIN nutzen, um dann abzumahnen. Wir von Internetrecht-Rostock.de hatten in diesem Verfahren den Beklagten vertreten.

Argument aus der Praxis: Bewertungen wurden nicht für das Markenprodukt abgegeben

Wenn eine ASIN zunächst eine No-Name-ASIN war oder eine Marke, unabhängig davon, wie die ASIN ursprünglich gekennzeichnet war, erst nach Anlage der ASIN angemeldet wurde, hat dies weitreichende Folgen:

Kundenbewertungen, die für das Produkt abgegeben wurden, wurden ursprünglich für das No-Name-Produkt abgegeben, nicht jedoch Markenprodukt, welches aktuell in der ASIN steht. Der Markeninhaber, der eine derartige ASIN nutzt, handelt in diesem Fall irreführend, da sich formell gesehen die Kundenbewertungen nicht auf sein Markenprodukt beziehen. Dies gilt erst recht, wenn im Falle einer Bestellung kein Markenprodukt ausgeliefert wird. In einer derartigen Konstellation haben wir vor Kurzem für einen Amazon-Verkäufer eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das besondere an dem Fall war, dass die Marke in der ASIN sehr viel jünger war, als die ASIN selbst. Dies lässt sich in der Praxis leicht feststellen: Es gibt sowohl bei Amazon in jede ASIN die Information, seit wann es das Produkt auf der Plattform gibt. Die in der ASIN genannte Marke lässt sich über das Register leicht recherchieren.

Probleme beim Anhängen an eine ASIN bei Amazon? Ich berate Sie

Ich berate seit vielen Jahren Internethändler in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de. Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie, sowohl wenn Sie exklusiv über Amazon verkaufen möchten oder ein Problem mit Verkäufern haben, die sich an ihre ASIN anhängen. Ich berate Sie auch, wenn sie unberechtigt von der Nutzung einer ASIN ausgeschlossen wurden oder deshalb eine Abmahnung erhalten haben.

Sie können sich über die unten angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

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Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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