Anklage einer Soldatin wegen Gehorsamsverweigerung – Welche Folgen drohen?
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Eine junge Soldatin ist vor dem Amtsgericht Tiergarten (Berlin) angeklagt. Der Grund: Trotz Krankschreibung seit mehren Monaten und trotz mehrfacher Befehle, Nebentätigkeiten einzustellen, trat sie wiederholte Male als DJ auf (unter anderem).
Was ist Gehorsamsverweigerung durch Soldaten?
Gehorsamsverweigerung im Sinne des § 20 WStG kann auf zwei unterschiedliche Weisen begangen werden.
Gehorsamsverweigerung ist nach dieser Norm …
- das Verweigern der Befolgung eines Befehls, indem sich der Täter gegen diesen Befehl auflehnt. Dies kann durch Wort oder Tat geschehen.
- das Beharren auf der Nichtbefolgung eines Befehls, auch wenn der Befehl bereits wiederholt wurde.
Ein Befehl ist dabei gem. § 2 Nr.2 WStG „eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt“.
Der Vorwurf einer Gehorsamsverweigerung kann auch im Raum stehen, wenn ein Soldat weiterläuft, obwohl er zum stehen bleiben aufgefordert wurde. Allerdings stellte das Oberlandesgericht Brandenburg in einer Entscheidung darauf ab, dass dies für sich allein noch nicht zur Bejahung einer strafbaren Gehorsamsverweigerung genüge. Hinzukommen müssen in einem solchen Fall weitere Umstände, wie beispielsweise ein entsprechender Gesichtsausdruck oder Tonfall. Vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 08.11.2012 – (2) 53 Ss 133/12 (62/12) in openJur 2014, 4108.
Ist Gehorsamsverweigerung eine Straftat?
Ja. Es gibt bestimmte, besondere Straftaten speziell für Soldaten. Solche sind zum Beispiel im Wehrstrafgesetz normiert. Nach § 20 Wehrstrafgesetz ist die Gehorsamsverweigerung mit Strafe bedroht.
Auch Ungehorsam ist gem. § 19 WStG eine Straftat.
Welche Folgen kann Gehorsamsverweigerung eines Soldaten nach sich ziehen?
Gem. § 20 WStG droht für Gehorsamsverweigerung eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
In bestimmten Fällen kann von einer Bestrafung wegen Gehorsamsverweigerung gem. § 20 WStG aber abgesehen werden. Das ist dann möglich, wenn der Befehl, dem zuwidergehandelt wird, nicht unmittelbar ausgeführt werden muss und der Soldat den Befehl auch noch sowohl rechtzeitig als auch freiwillig befolgt.
Zu beachten ist aber, dass hier das Gericht von einer Bestrafung absehen kann, dies aber kein zwingender Automatismus ist.
Welche Folgen drohen Soldaten für Gehorsamsverweigerung neben einer Freiheitsstrafe?
Gem. § 11 des Soldatengesetzes haben Soldaten die Pflicht zum Gehorsam. Eine schuldhafte Gehorsamsverweigerung stellt also eine schuldhafte Pflichtverletzung und damit ein Dienstvergehen nach § 23 Abs.1 des Soldatengesetzes dar.
Das wiederum hat zur Folge, dass neben einem Strafverfahren wegen Gehorsamsverweigerung auch ein Disziplinarverfahren und die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen drohen.
Bestimmte Disziplinarmaßnahmen können auch neben einer im Rahmen eines Strafverfahrens ausgesprochenen Strafe verhängt werden. Das gilt auch, wenn es zu keinem Urteil im Strafverfahren kam, sondern das Verfahren gegen die Erfüllung von Weisungen und Auflagen eingestellt wurde.
Disziplinarmaßnahmen sind zum Beispiel …
- der Verweis
- eine Disziplinarbuße
- Ausgangsbeschränkungen
- Disziplinararrest
- Kürzung der Dienstbezüge
- Kürzung des Ruhegehalts
- Entfernung aus dem Dienstverhältnis
(vgl. §§ 22,58 WDO)
Droht bei Gehorsamsverweigerung auch ein Disziplinarverfahren?
Disziplinarmaßnahmen werden nicht im Rahmen eines Strafverfahrens verhängt, sondern im Rahmen eines Disziplinarverfahrens.
Dieses kann zwar durch ein Strafverfahren bedingt sein (wenn die Pflichtverletzung des Soldaten in der Begehung einer Straftat besteht), ist aber ein hiervon zu trennendes Verfahren.
Es findet auch nicht vor ordentlichen Gerichten statt. Im Falle eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist das Truppendienstgericht zuständig.
Der sogenannte Wehrdisziplinaranwalt übernimmt vereinfacht ausgedrückt in gewisser Weise die Funktion der Staatsanwaltschaft.
Kann ich im Disziplinarverfahren einen Strafverteidiger haben?
Ja. Auch im Rahmen eines Disziplinarverfahrens können Sie einen Strafverteidiger hinzuziehen. Hierzu haben Sie gem. § 90 WDO ein Recht. Hier empfiehlt es sich, sich an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Das Disziplinarverfahren im Soldatenrecht und das Strafverfahren ähneln sich in weiten Teilen.
In bestimmten Fällen muss sogar ein Verteidiger am Disziplinarverfahren mitwirken, zum Beispiel wenn der Soldat verhandlungsunfähig oder minderjährig ist (vgl. § 90 Abs.1 WDO).
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