Anrechnung von Treueprämie und Schichtzulage auf Mindestlohn

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BAG 22.3.2017, 5 AZR 424/16

Sowohl Treueprämie als auch Schichtzulage für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde werden auf den Mindestlohn angerechnet.

Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde eine Treueprämie und/oder Schichtzulage, so werden diese Zahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn voll angerechnet.

Zur Sache

Bis Ende 2014 arbeitete der Kläger bei einem Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel als Schichtarbeiter.

Für das Arbeitsverhältnis fanden zunächst die mit der Industriegewerkschaft BAuen-Agrar-Umwelt bestehenden Tarifverträge Geltung. Im Manteltarifvertrag (MTV) war dabei eine Treueprämie für einen sogenannten kontinuierlichen Arbeitseinsatz vorgesehen, deren Höhe sich nach § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag (LTV) richtete und für die Lohngruppe des Klägers 0,65 Euro brutto pro Stunde betrug.

In der Folge wurden die Tarifverträge gekündigt und die Beklagte zahlte den Angestellten ab Mai 2009 auf der Basis einer „Betrieblichen Entgeltregelung“ bis März 2010 noch eine Treueprämie von nur noch 0,25 Euro/Std. und anschließend von 0,50 Euro/Std. Ab Dezember 2010 wandte die Beklagte eine von ihr vorformulierte „Betriebliche Mantelregelung“ an, die zur Treueprämie eine entsprechende Regelung des MTV beinhaltete. Überdies fanden die Regelungen des Tarifvertrags für Mindestbedingungen (TV) in der Fleischwirtschaft Anwendung mit einem Mindestlohn von 7,75 Euro/Std. und ab 01.12.2014 ein Mindestlohn von 8,00 Euro. Von August bis November 2014 bezog der Kläger einen Stundenlohn von 7,15 Euro zzgl. Treueprämie von 0,50 Euro und Schichtzulage von 0,10 Euro. Im Dezember 2014 erhielt er einen höheren Stundenlohn von 7,40 Euro. Treueprämie und Schichtzulage blieben gleich.

Mit seiner Klage forderte der Kläger Differenzvergütung für die Monate August bis Dezember 2014, da der Anspruch auf Mindestlohn nicht vollständig erfüllt sei und die Treueprämie 0,65 Euro betrage. Vor dem LAG als auch vor dem BAG hatte die Klage bezüglich der Treueprämie Erfolg, hinsichtlich des Mindestlohnanspruches wiesen beide die Klage ab.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Höhe der Treueprämie hat Betrug zum streitgegenständlichen Zeitraum 0,65 Euro/Stunde.

Es ist unbestritten, dass der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf die Treueprämie besitzt. Deren Höhe folgt aus der in der betrieblichen Manteregelung enthaltenen Gesamtzusage, mit welcher die Beklagte eine Erhöhung der Treueprämie versprochen und auf § 8 LTV verwiesen hat, wonach die Höhe der Prämie 0,65 Euro beträgt. Durch die Gesamtzusage in der BM steht dem Kläger bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen ein einzelvertraglicher Anspruch auf die zugesagte Leistung zu. In der Gesamtzusage ist ein Angebot zu sehen, welches keiner Annahme durch den Kläger bedarf. Es wird gem. § 151 S. 1 BGB angenommen. Der eindeutige Wortlaut der Regelung, dass sich die Höhe der Treueprämie nach § 8 LTV richten soll, lässt für einen verständigen Dritten nur den Schluss zu, dass ein Anstieg der Treueprämie auf 0,65 Euro gewollt ist. Für § 305 c Abs. 2 BGB ist aufgrund der Eindeutigkeit der Regelung keine Anwendbarkeit gegeben.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf Mindestlohn nach dem TV Mindestbedingungen ist durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Sowohl Schichtzulage als auch die Treueprämie sind mindestlohnwirksam. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Zusatzleistungen erfüllt wird hängt davon ab, ob die erbrachten Leistungen die Normzwecke des TV Mindestbedingungen erfüllen. Das Ziel der Verordnung liegt darin, angemessene Mindestentgeltsätze für geleistete Arbeit zu schaffen. Die Treueprämie und auch die Schichtzulage gewährleisten dies gleichsam. Die Beklagte hat beide Beträge neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich erbrachte Arbeit gezahlt. Treueprämie und Schichtzulage sind nicht additional neben dem Mindestlohnanspruch zu sehen, sondern tragen zu dessen Erfüllung bei.

Quelle: BAG online


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