Anwaltsvertrag: So beauftragen Sie einen Rechtsanwalt
- 4 Minuten Lesezeit
Was ist ein Anwaltsvertrag?
Ein Anwaltsvertrag stellt in den meisten Fällen einen Geschäftsbesorgungsvertrag über eine anwaltstypische Leistung dar. Geregelt ist der Geschäftsbesorgungsvertrag in § 675 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
In Ausnahmefällen kann es sich bei einem Anwaltsvertrag jedoch auch um einen Werkvertrag handeln. Dies ist der Fall, wenn im Rahmen des Vertrags ein bestimmter Erfolg vereinbart wurde, den der Anwalt erbringen soll, z. B. die Erstellung eines rechtlichen Gutachtens.
Wann kommt ein Anwaltsvertrag zustande?
Ein Anwaltsvertrag kommt dann zustande, wenn der Anwalt den Antrag eines Ratsuchenden, für ihn anwaltlich tätig zu werden, annimmt und damit die Annahme des Mandats erklärt. Als anwaltliche Tätigkeit kommt jedwede Betreuung in rechtlichen Angelegenheiten in Betracht.
Ein Vertrag kann grundsätzlich auch mündlich geschlossen werden oder durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. In der Regel wird die Schriftform genutzt. Hierfür unterschreibt der Mandant eine Vollmacht und übergibt dem Rechtsanwalt die Allgemeine Mandatsbindung (AMB). Im Streitfall muss der Anwalt beweisen, dass ein Anwaltsvertrag wirksam zustande kam und er den Ratsuchenden in rechtlichen Dingen betreut hat.
Ein Anwaltsvertrag kann nicht nur mit einem Anwalt, sondern auch mit einer Anwaltsgesellschaft, z. B. mit einer Partnergesellschaft, geschlossen werden.
Tipp: Sie benötigen anwaltliche Hilfe? Finden Sie auf anwalt.de schnell und unkompliziert Unterstützung bei allen Fragen rund um den Anwaltsvertrag (Dienstvertrag)!
Ein Anwalt ist nicht verpflichtet, den Antrag eines Ratsuchenden anzunehmen und mit diesem einen Anwaltsvertrag zu schließen. Ausnahme: In bestimmten Fällen können Rechtsanwälte im gerichtlichen Verfahren einer Partei beigeordnet werden. Sie müssen dann die Pflichtverteidigung übernehmen und Beistand leisten (§ 49 Bundesrechtsanwaltsordnung BRAO). Beabsichtigt ein Anwalt, die Anfrage eines Ratsuchenden abzulehnen, muss er dies dem Ratsuchenden unverzüglich mitteilen (§ 44 BRAO), da dieser unter Umständen sonst Schadensersatzansprüche gegen den Anwalt geltend machen kann.
Wann ist ein Anwaltsvertrag unwirksam?
Ein Rechtsanwalt darf mit einem Mandanten nur einen Anwaltsvertrag schließen, wenn er nicht zuvor einen anderen Mandanten in derselben rechtlichen Angelegenheit im gegenteiligen Interesse beraten oder vertreten hat (§ 43a Abs. 4 BRAO). Man bezeichnet dies als Interessenskonflikt.
Die Vertretung widerstreitender Interessen führt dazu, dass der geschlossene Anwaltsvertrag nichtig wird. Folglich hat der Anwalt in der Regel auch keinen Anspruch auf Vergütung. Unter Umständen gilt dies nicht, wenn für den Anwalt nicht erkennbar war, dass bei Vertragsschluss ein widerstreitendes Interesse vorlag.
Inhalt eines Anwaltsvertrags
Der Anwalt verpflichtet sich vertraglich dazu, das Mandantenbegehren umfassend rechtlich zu prüfen, zu betreuen und den Mandanten dahingehend ausführlich und möglichst erschöpfend zu beraten. Grundsätzlich darf ein Anwalt mit entsprechender Vollmacht umfassend für den Mandanten handeln. Es ist jedoch auch möglich, dem Anwalt ein beschränktes Mandat zu erteilen. Der Umfang der anwaltlichen Befugnis beschränkt sich dann auf einen bestimmten, vertraglich festgesetzten Bereich.
Beispiel: Ein Mandant, der einen Anwalt beauftragt, ihn zu einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu beraten, darf keine Beratung in steuerrechtlichen Angelegenheiten voraussetzen. Der Rechtsanwalt muss den Mandanten aber darauf hinweisen, dass er zur Klärung dieser Sache einen Steuerberater beauftragen müsste.
Im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt der Mandant dem Anwalt eine schriftliche Vollmacht für rechtswirksames Handeln. Die Vollmacht dient als Nachweis nach außen hin für die Vertretungsbefugnis des Anwalts.
anwalt.de-Empfehlung: Finden Sie über unsere praktische Suche jetzt den passenden Anwalt, der Sie zum Thema Dienstvertrag informiert! In einem Beratungsgespräch legen Sie gemeinsam die Inhalte fest, die der Anwaltsvertrag umfassen soll.
Kosten eines Anwaltsvertrags
Ein Anwaltsvertrag wird immer entgeltlich geschlossen, sofern im Vertrag nicht ausdrücklich der Verzicht auf ein Honorar beziehungsweise auf die Rechtsanwaltsgebühren vereinbart wurde. In diesem Fall ist der Anwalt pro bono – also ohne Bezahlung – tätig. Im Streitfall muss jedoch der Mandant beweisen, dass die Leistung des Anwalts wirklich unentgeltlich erfolgte.
Die Abrechnung erfolgt regelmäßig nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), unter Umständen sind jedoch auch andere Vergütungsvereinbarungen möglich. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Sobald der Anwaltsvertrag zustande kommt, fordert der Rechtsanwalt üblicherweise einen Vorschuss auf seine Leistung. Der Rest der Gebühren wird bei Abschluss des Mandats fällig beziehungsweise nachdem die Leistung erbracht wurde.
Kann ein Anwaltsvertrag widerrufen werden?
Verbraucher, also Privatpersonen, können einen Anwaltsvertrag innerhalb von 14 Tagen grundlos widerrufen, wenn der Vertrag unter dem systematischen Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zustande kam. Zu den Fernkommunikationsmitteln zählen Briefe, Telefonate oder E-Mails. Anders ausgedrückt: Die 14-tägige Widerrufsfrist gilt, wenn der Mandant bei Vertragsschluss nicht persönlich erschienen ist. Der Rechtsanwalt muss zudem seine Informationspflichten vor Vertragsschluss korrekt erfüllen, damit keine längere Widerrufsfrist gilt.
Wie kann man einen Anwaltsvertrag kündigen?
Der Anwaltsvertrag endet, wenn
der Rechtsanwalt die vereinbarte Leistung erbracht hat.
Rechtsanwalt und Mandant das Vertragsverhältnis einvernehmlich beenden.
eine der beiden Vertragsparteien den Vertrag kündigt.
Ein Anwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag mit besonderer Vertrauensstellung (§ 627 BGB). Das bedeutet, der Vertrag kann jederzeit, außer zur „Unzeit“ – wie z. B. während eines laufenden Gerichtstermins – gekündigt werden, auch ohne dass ein besonderer Grund vorliegt.
Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts besteht auch nach Ende des Anwaltsvertrags weiter (§ 43a Abs. 2 BRAO). Er ist zudem verpflichtet, den Mandanten bei Vertragsende über ausstehende Gerichtstermine, Fristen oder andere zur Rechtswahrung nötige Maßnahmen zu informieren.
(THH)
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Anwaltsvertrag?
Rechtstipps zu "Anwaltsvertrag" | Seite 2
-
12.05.2017 Rechtsanwalt Henning Schaum„… . Grundsätzlich kann der Anwaltsvertrag von beiden Seiten aus jederzeit und ohne Grund gekündigt werden. Fraglich ist dann jedoch, ob eine der Parteien aufgrund dieser Kündigung zum Schadensersatz verpflichtet …“ Weiterlesen
-
14.07.2022 Rechtsanwalt Henning Schaum„… an den von diesem beauftragten Rechtsanwalt. Nach § 269 BGB sind Ansprüche des Mandanten aus dem Anwaltsvertrag am Ort der Kanzlei des Rechtsanwalts als Leistungsort zu erfüllen. Der Rechtsanwalt …“ Weiterlesen
-
01.04.2018 Rechtsanwalt und Strafverteidiger Gregor Samimi | Fachanwalt für Verkehrsrecht, Versicherungsrecht und Strafrecht„Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes ist selten kostenfrei aber mitunter vergeblich. Bisweilen ist der Anwaltsvertrag auch sehr brüchig, wenn er nicht persönlich in den Kanzleiräumen sondern …“ Weiterlesen
-
02.12.2014 Rechtsanwalt Gerhard Jucknischke„BGH, Urteil vom 19.09.2013 – IX ZR 322/12 – 242 BGB, Anwaltsvertrag in Verbindung mit §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Rechtsanwälte sind vor Beginn einer Rechtsberatung eines Ehepaares hinsichtlich …“ Weiterlesen
-
13.01.2014 Rechtsanwalt Dieter Schmidt„… die sich unmittelbar aus dem Anwaltsvertrag ergebenden Hauptpflichten, sondern vielfältige Nebenpflichten, die dem eigentlichen Mandatsverhältnis z. T. vorgelagert sind, z. T. auch noch nach dessen Beendigung …“ Weiterlesen
-
16.09.2013 Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte„… des Anwaltsvertrages (§§ 675,611 BGB) der Mandant trägt. Im Ergebnis ist festzustellen, dass man auch bei seinem Anwalt des Vertrauens vor einer Schlechtberatung nicht gefeit ist. Der Mandant sollte daher nicht davor …“ Weiterlesen
-
14.02.2013 Rechtsanwalt Daniel Baumgärtner„… und der Rücksendung der Unterlagen bekam die Beklagte eine Rechnung über 1.307,81 EUR. Die Beklagte zahlte nicht und widerrief sogleich den Anwaltsvertrag. Entscheidungsgründe: Die Beklagte hat sowohl …“ Weiterlesen
-
02.12.2017 Rechtsanwalt H.- Wolfram Lehnert„… auf die Entgeltlichkeit. Hierzu hat das Amtsgericht Wiesbaden in seiner Entscheidungsbegründung ausgeführt: „Zwischen den Parteien wurde ein Anwaltsvertrag geschlossen. Der Beklagte hat den Kläger um …“ Weiterlesen
-
19.10.2012 Sandra Voigt, anwalt.de-Redaktion„… Das Amtsgericht (AG) Wiesbaden verpflichtete den Mandanten zur Zahlung. Zwischen ihm und dem Juristen ist ein sog. Anwaltsvertrag zustande gekommen. Hierbei gilt eine Vergütung des Anwalts nach § 612 I BGB …“ Weiterlesen
-
25.09.2012 Sandra Voigt, anwalt.de-Redaktion„… Abrede ist nicht erlaubt. Somit war die Vereinbarung des Erfolgshonorars unwirksam. Das führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages. Er bleibt vielmehr wirksam, sodass der Jurist …“ Weiterlesen
-
15.07.2011 Rechtsanwalt Martin J. Haas„Der BGH hat am 10. März 2011 zu den Pflichten aus einem Anwaltsvertrag wie folgt festgestellt: Der Prozessvertreter des Beklagten verletzt seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag, wenn er die Pfändung …“ Weiterlesen