Apothekenrecht: Nebengeschäfte in der Apotheke

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Apothekenbetreiber sind heute zunehmend darauf angewiesen, neue Erwerbsquellen zu erschließen. Hierzu kommen der Ausbau des Nebensortiments und das Angebot  besonderer Dienstleistungen in Betracht. Den dabei einzuhaltenden rechtlichen Rahmen beleuchtet der nachfolgende Beitrag.

Öffnung des Nebensortime

Der Vertrieb von Gesundheitswaren ist zulässig. Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des § 25 Apothekenbetriebsordnung im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes die Möglichkeit eröffnet, allgemein Gesundheitswaren (vgl. § 25 Nr. 2) in der Apotheke zum Verkauf anzubieten und damit das apothekenübliche Nebensortiment stark auszuweiten. Unklar ist aber, unter welchen Voraussetzungen der für die Apothekenüblichkeit einer Gesundheitsware erforderliche Gesundheitsbezug bejaht werden kann, höchstrichterliche Entscheidungen hierzu liegen noch nicht vor. Das Saarländische Oberlandesgericht hielt jedenfalls in seiner Entscheidung vom 24.3.2004 den Vertrieb von Eau der Parfum in einer Apotheke für unzulässig, weil es bei dieser Ware an einem greifbaren und ohne weiteres einsichtigen Gesundheitsbezug, welcher die Eignung und insbesondere die Bestimmung der Ware zur Förderung der psychischen oder physischen Gesundheit voraussetze, fehle.

Das Oberlandesgericht Naumburg hat indessen am 09.12.2005 einen greifbaren Gesundheitsbezug selbst bei einem Bekleidungsstück, einem Schal bejaht, wenn diesem neben seiner Funktion als Bekleidungsstück auch eine nicht völlig nebensächliche Gesundheitsförderung (hier im Fall einer Erkältung) zukomme Es gibt eine Vielzahl von Kleidungsstücken wie z.B. Mützen, Angoraunterwäsche etc., bei welchen man einen solchen Gesundheitsbezug begründen kann. Wie das OLG Naumburg in seinem Urteil auch ausführt, kommt hierbei der Auslobung des Gegenstandes mit Gesundheitsbezug („... damit die Erkältung keine Chance hat ...") in der Werbung eine wichtige Funktion zu. Es ist daher zu empfehlen, bei Werbeaktionen die Gesundheitsbezogenheit der angebotenen Waren hervorzuheben.

Neben besonderen Bekleidungsstücken bieten sich auch Körperpflege- und Wellnessartikel sowie Nahrungsmittel für besondere Zwecke (Sportlernahrung etc.) zur Ergänzung des apothekenüblichen Sortiments an. Der Verkauf von Wellnessartikeln lässt sich auch entsprechend durch das Angebot von Dienstleistungen angrenzender Gesundheitsbetriebe (z.B. Wellnessbetriebe) steigern. Darüber hinaus ist heute der Verkauf von Medizinprodukten aller Art ausdrücklich durch § 25 Nr. 1 ApoBetrO legitimiert. 

Dienstleistungen

- Klassische Dienstleistungen

Die Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, die Information und Beratung über Arzneimittel sowie die Überprüfung der Arzneimittelvorräte in Krankenhäusern bzw. Altenheimen sind für eine Apotheke erlaubte Tätigkeiten. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat darüber hinaus im Jahr 1995 entschieden, dass in der Apotheke die Untersuchung von Wasser- und Bodenproben, der Raumluft (z.B. Formaldehyd-Ausdünstungen), mikrobiologische Wasseruntersuchungen, Lebensmitteluntersuchungen auf krebserregende Stoffe, elektrobiologische Untersuchungen des Schlafplatzes, die Untersuchung von Computerarbeitsplätzen, die Haaranalyse (chronische Schwermetallvergiftungen), die Untersuchung auf Asbest- und Mineralstoffablagerungen, die Pestizidbelastung in Böden und Lebensmitteln und Analysen und Sanierungsvorschläge für Hausschädlinge wie Schaben, Motten, Pilze usw. zulässig ist.

- Zulässigkeit weiterer Dienstleistungen

Der Bundesgerichtshof hat den Kreis der zulässigen Dienstleistungen durch eine Apotheke aber noch mehr erweitert: In seiner Kompressionsstrümpfe-Entscheidung aus dem Jahr 2000 hat er darauf hingewiesen, dass es - im Gegensatz zu den apothekenüblichen Waren - an einer ausdrücklichen Reglementierung des Dienstleistungsangebots durch den Gesetzgeber fehle. Er hielt daher das Abmessen und Anpassen von Kompressionsstützstrümpfen in der Apotheke für zulässig.  

- rechtliche Grenzen für das Angebot von Dienstleistungen

Das Recht zum Anbieten und Durchführen von Dienstleistungen ist jedoch nicht grenzenlos. Es findet seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen und in der Hauptaufgabe des Apothekers, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Dieser Auftrag kann auch gefährdet sein, wenn die Bevölkerung aufgrund der angebotenen Dienstleistung das Vertrauen in den Apotheker bzw. die Apothekerschaft verlieren könnte. Das Landesberufsgericht für Apotheker in Karlsruhe hielt es für zulässig, dass ein Apotheker in einem von ihm betriebenen Wellnessbetrieb Leistungen wie Fußpflege, Massagen, Workshops für Kosmetik, Körperbehandlungen etc. anbietet und Kunden diese Leistungen in seiner Apotheke vereinbaren und buchen können. Unterhält ein Apotheker ein Wellnessinstitut, so trägt dieses bei entsprechendem Marktauftritt auch zur Steigerung des Umsatzes im Nebensortiment (Kosmetika, ggf. Nahrungsergänzung) bei. Unzulässig für den Apotheker ist die Ausübung heilkundlicher Tätigkeit. Hierfür benötigt er vielmehr eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz, die er auch erhalten kann. Die Ausübung heilkundlicher Tätigkeit wäre aber nach wie vor (auch räumlich) vom Apothekenbetrieb zu trennen. Unbedenklich sind Blutdruckmessungen, soweit sich der Apotheker auf die Bekanntgabe des objektiven Meßergebnisses beschränkt und nicht mit seiner Dienstleistung in das ärztliche Berufsbild übergreift. Ein solcher Übergriff liegt vor, wenn der Apotheker Ratschläge und Hinweise an den Kunden erteilt. Allerdings ist auch hier die Grenze fließend: denn auch dem Apotheker kommt nach geltendem Recht im Gesundheitswesen eine Beraterfunktion zu. Die Grenze zur unzulässigen Heilbehandlung ist aber überschritten, sobald der Apotheker ein Angebot zur Diagnose, Therapie oder Beratung bei Störung des körperlichen Wohlbefindens abgibt.

Verfasser: Rechtsanwalt Patrick Speckhardt, Weinheim 


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