Aufhebungsvertrag und Abfindungsangebot - Was ist zu beachten?

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Nicht selten sehen sich Arbeitnehmer mit einem verlockenden Abfindungsangebot in Verbindung mit dem Vorschlag eines Aufhebungsvertrags konfrontiert. Dies gilt insbesondere aktuell, wo aufgrund coronabedingter Maßnahmen leider immer mehr Stellen abgebaut werden müssen.

 

Steht dann vielleicht auch noch als Alternative eine Kündigung im Raum, erscheint der Aufhebungsvertrag als harmonische und gewinnbringende Lösung, die es zudem ermöglicht, auf Augenhöhe über das Ausscheiden aus der Arbeitsstelle mitverhandeln zu können. Allerdings sollte man hierbei keine leichtfertigen Entscheidungen treffen, egal wie lukrativ ein solcher Aufhebungsvertrag auf den ersten Blick erscheint. Informieren Sie sich im Folgenden, was Sie im Hinterkopf behalten sollten und welche möglichen Folgen auf Sie zukommen können.

 

1.         Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis im Einvernehmen, d.h. der Arbeitgeber benötigt Ihre Zustimmung. Er stellt somit das Pendant zum Arbeitsvertrag dar. Gewählt wird diese Methode der Auflösung meistens, um im Ausgang unsichere, langwierige und eventuell kostenintensive Gerichtsprozesse (Kündigungsschutzklage), die mit einer einseitigen Kündigung einhergehen können, zu vermeiden. Im Zuge dessen kommt auch oft das Abfindungsangebot ins Spiel: Wenngleich ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abfindungszahlung hat, kann eine solche als Anreiz eingesetzt werden, eine unkomplizierte Beendigung herbeizuführen (siehe hierzu: https://www.anwalt.de/rechtstipps/kuendigung-erhalten-richtig-handeln_153502.html).

 

Die Höhe der Abfindung wird sich dabei in der Regel an Ihrer Betriebszugehörigkeit orientieren, wobei ein Richtwert von ca. 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr angesetzt werden kann.

 

Wenngleich Sie ein Abfindungsangebot erhalten, das diese sogenannte „Regelabfindung“ bei Weitem übersteigt, sollten Sie sich von diesen großen Zahlen zunächst nicht blenden lassen. Es gilt zunächst zu bedenken, dass Sie im Gegenzug zu dieser Zahlung Ihren Arbeitsplatz freiwillig aufgeben und mit Ihrem Arbeitsplatz auch Ansprüche verlieren.

 

2.         Welche positiven Folgen können für Sie entstehen?

Steht eine arbeitgeberseitige Kündigung im Raum oder haben Sie selbst eventuell bereits einen neuen Arbeitsplatz in Aussicht, kann ein Aufhebungsvertrag eine angenehme Lösung darstellen.

 

Für Ersteres kann es mitunter für den weiteren persönlichen Werdegang wichtig sein, dass im Lebenslauf keine Kündigung auftaucht, wobei der finanzielle Aspekt der Abfindung den Verlust des Arbeitsplatzes dabei zusätzlich kompensiert. Liegt dem Arbeitgeber weiterhin viel daran, Ihre Stelle möglichst schnell frei werden zu lassen oder abzubauen, können Sie dieses Bedürfnis für die Abfindungsverhandlungen nutzen und sich auf die Ausstellung eines entsprechenden Arbeitszeugnisses einigen. Neben den Bewertungen im Arbeitszeugnis sollte hier insbesondere auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geachtet werden, denn dieses Arbeitszeugnis ist für Sie eines der wichtigsten Werkzeuge in der dann anstehenden Jobsuche. Aber auch wenn eine Kündigungsschutzklage voraussichtlich geringe Erfolgsaussichten hätte, weil z.B. ein Fehlverhalten Ihrerseits vorliegt, kann der Aufhebungsvertrag der Kündigung vorzuziehen sein.

 

Zweitens können Sie so eine zügige und saubere Lösung erreichen, die gegenseitige Rechts- und Planungssicherheit mit sich bringt. Beispielsweise, wenn Sie bereits ein lukratives Jobangebot in Aussicht haben, können Kündigungsfristen durch einen solchen Aufhebungsvertrag entsprechend abgekürzt werden.

 

3.         Welche negativen Folgen können auf Sie zukommen?

An erster Stelle steht der Verlust Ihres Arbeitsplatzes. Zu beachten ist insbesondere, dass es sich hierbei um eine selbst mit herbeigeführte Auflösung des Arbeitsverhältnisses handelt, die sich dann auf ein eventuelles Arbeitslosengeld auswirken kann. Gem. § 159 I SGB III ruht ein diesbezüglicher Anspruch, wenn Sie sich ohne einen sog. „wichtigen Grund“ versicherungswidrig verhalten haben. Da Sie wegen des Aufhebungsvertrags selbst für Ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich sind, steht ein versicherungswidriges Verhalten und damit eine sog. Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen im Raum, während derer Sie kein Arbeitslosenentgelt beziehen können.

 

Ein wichtiger Grund liegt dabei aber vor, wenn ein solcher Sperrzeitsachverhalt unvermeidbar ist, sprich: wenn Sie z.B. andernfalls betriebsbedingt gekündigt worden wären. Auch eine Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfristen kann im Hinblick auf den Arbeitslosengeldanspruch von Vorteil sein, um so keine Verringerung des Anspruchs zu riskieren. Für die Bewertung des individuellen Einzelfalls ist hier auf jeden Fall eine anwaltliche Beratung und Prüfung Ihres Falles anzuraten.

 

Um das Risiko einer Sperrzeit zu vermeiden, gilt es hier konkrete Formulierungen in den Aufhebungsvertrag einzubauen. Der Arbeitgeber wird dies nicht beachten, da sein Hauptaugenmerk auf der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt. Es liegt an Ihnen, die dementsprechenden Formulierungen in den Aufhebungsvertrag einbauen zu lassen, weshalb eine umfassende anwaltliche Beratung und Prüfung unerlässlich ist.

 

4.         Besonderheiten

Sind Sie schwanger, im Mutterschutz, schwerbehindert, Mitglied des BR oder genießen Sie aufgrund sonstiger Sachverhalte besonderen (Kündigungs-)Schutz, bestehen sowohl für die Kündigung wie auch für den Aufhebungsvertrag besondere Hürden. Da man die oben genannten besonderen Sachverhalte meist nur mit Kündigungen in Verbindung bringt, werden sie im Rahmen von Aufhebungsverträgen oftmals außer Acht gelassen. Dies ist meist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen, da er von diesen besonderen Umständen auch oftmals keine Kenntnis hat. Hier sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass Ihre Chancen, Ihren Arbeitsplatz zu behalten höher sind als im Normalfall, was einen wichtigen Faktor in der Entscheidung über den Aufhebungsvertrag darstellen kann. Sobald Sie den Aufhebungsvertrag mit Ihrer Unterschrift annehmen, geben Sie diesen besonderen Kündigungsschutz ebenfalls mit auf. Dies ist im Rahmen der Abfindungshöhe mit einzubeziehen, aber auch bei der Zustimmung weiterer Behörden zu beachten. Auch sollten Sie sich hier bezüglich der etwaigen inhaltlichen Besonderheiten des Aufhebungsvertrags, die auch Auswirkungen auf die Sperrzeit haben können, unbedingt vor Abschluss des Vertrags beraten lassen.

 

5.         Was ist sonst noch zu beachten?

Der Aufhebungsvertrag bedarf der Schriftform, d.h. er ist von beiden Parteien eigenhändig zu unterschreiben (§§ 623, 126 BGB). Auch empfiehlt es sich, im Vertrag zu formulieren, ob und wenn ja, welche Ansprüche bis zur Beendigung noch vom Arbeitgeber zu zahlen sind. Der Beendigungszeitpunkt kann grundsätzlich frei vereinbart werden.

Insgesamt sollten Sie sich immer fragen, wie sehr Ihnen am Erhalt des konkreten Arbeitsverhältnisses gelegen ist und wie die Kündigungschancen des Arbeitgebers stehen, um so zwischen einem Abwarten mit Risiko der Kündigung und einem Unterschreiben des Aufhebungsvertrags abwägen zu können. Es gilt – wie so oft: Unterschreiben Sie nicht ohne eingehende Prüfung und ohne das Für und Wider genau abgewogen zu haben.

 

Sollte Ihnen ein Abfindungsangebot bzw. ein Aufhebungsvertrag vorliegen und sind Sie unsicher, wie Sie sich diesbezüglich entscheiden sollen, wollen Sie dies prüfen lassen oder sich umfassend zum Thema informieren, stehen wir Ihnen gerne als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns telefonisch, per Mail oder direkt über anwalt.de (https:// www.anwalt.de/ulrike-boehm-roessler/nachricht-verfassen?source=1&article=153502) – Wir beraten Sie gerne und stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

 

Laura Dünzel studentische Hilfskraft

Ulrike Böhm-Rößler Fachanwältin für Medizinrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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