Aufhebungsvertrag und Freistellung: Arbeitsagentur darf Arbeitslosengeld nicht mehr kürzen

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Zeiten unwiderruflicher Freistellung bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags führen nicht mehr zu einer Kürzung des Arbeitslosengeldes. Mit dieser Feststellung hat das Bundessozialgericht die Verwaltungspraxis der Arbeitsagenturen gekippt und trennungswilligen Mitarbeitern wieder eine wichtige Gestaltungsmöglichkeit zurückgegeben.

Welche Gefahr bestand bislang bei unwiderruflicher Freistellung?

Wenn sich Unternehmen und Mitarbeiter einvernehmlich trennen, dann ist es gerade bei langdauernden Kündigungsfristen für beide Seiten interessant, eine unwiderrufliche Freistellung mit Gehaltsfortzahlung als Komponente zu vereinbaren. Im entschiedenen Fall hatten die Parteien eine einjährige Freistellung genutzt, um eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld zu vermeiden. Den Arbeitsagenturen ist es aber durch eine bindende Geschäftsanweisung vorgeschrieben, die Zeiten unwiderruflicher Freistellung beim Berechnen des Arbeitslosengeldes nicht zu berücksichtigen. Die ausgeschiedene Mitarbeiterin erhielt daher Arbeitslosengeld nicht in der gewünschten Höhe.

Wie hat das Bundesozialgericht entschieden?

Die Kasseler Richter stellten auf das weitergezahlte Gehalt ab. Es seien damit laufend bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Beiträge in die Arbeitslosenversicherung geflossen. Damit habe die Klägerin auch Anspruch darauf, dass die Zeiten der Freistellung in den Bemessungszeitraum mit aufgenommen werden. (Die tatsächliche rechtliche Lösung ist viel komplizierter als hier beschrieben, aber das ist der Kern des Urteils vom 30.08.2018 – B 11 AL 15/17 R.)

Welcher Nutzen lässt sich aus der Entscheidung ziehen?

Künftig ist es wieder gefahrlos möglich, lange Zeiten der unwiderruflichen Freistellung zu vereinbaren. Der Arbeitgeber kann rechtssicher den in dieser Zeit entstehenden Erholungsurlaub anrechnen. Der Mitarbeiter kann sich aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus bewerben oder Zeiten bis zu einer Altersgrenze überbrücken, ab der länger Arbeitslosengeld gezahlt wird. In bestimmten Fallkonstellationen lässt sich eine Sperrzeit und eine Kürzung des Arbeitslosengeldes ganz vermeiden: Liegt zwischen Abschluss des Aufhebungsvertrages und dem Antrag auf Arbeitslosengeld mehr als ein Jahr, dann kann ungekürzt Arbeitslosengeld bezogen werden. Ältere Arbeitnehmer können dann z. B. die Kürzung von 24 Monaten auf 18 Monate vermeiden – weil die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe immer eine Kürzung der Bezugsdauer um ein Viertel bedeutet, eine oft übersehene Tatsache.

Wem bereits das Arbeitslosengeld wegen dieser Geschäftsanweisung gekürzt wurde, kann u. U. sogar eine Korrektur und Nachzahlung erreichen.

Fazit

Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags sind immer die sozialversicherungsrechtlichen Regeln mit zu prüfen. Sie eröffnen Möglichkeiten, bergen aber auch Risiken. Die Klägerin erhielt hier das ihr zustehende Geld erst nach einer Klage durch drei Instanzen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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