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Auskunftsanspruch des geschiedenen Scheinvaters gegen Frau zur Feststellung des tatsächlichen Vaters

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Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter des Kindes über dessen Erzeuger – Unterhaltsregress gegen tatsächlichen Vater: Der BGH (Bundesgerichtshof) hat seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 09.11.2011) zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter des Kindes auf Mitteilung der Person des leiblichen Vaters konsequent mit einem weiteren Urteil zu dieser Thematik (Urteil vom 02.07.2014) fortgesetzt. Das Auskunftsverlangen des Scheinvaters sollte einen Unterhaltsregress gegen den tatsächlichen Vater des Kindes vorbereiten. Die Frau wollte sich dem Auskunftsverlangen entziehen mit der Behauptung, sie wisse nicht mehr, wer der tatsächliche Vater des Kindes ist. Diese einfache Ausrede ließ der BGH aber nicht durchgehen!

Zum Sachverhalt:

Die Parteien des Rechtsstreits, nämlich der Scheinvater und die Mutter des Kindes, sind geschiedene Eheleute. Sie heirateten 1971; im Jahr 1981 kam eine Tochter zur Welt. Der Ehemann der Kindsmutter galt somit gemäß § 1592 BGB als Vater des Kindes. Er war damit der rechtliche Vater und brachte Unterhalt für das Kind auf. Doch das Kind stammte nicht von ihm, was er damals nicht wusste. Leiblicher oder genetischer Vater war ein anderer Mann.

Später wurden die Eheleute geschieden. Abermals später stellte das Amtsgericht auf Antrag des (früheren) Ehemannes fest, dass er nicht der Vater des Mädchens ist. So wurde der geschiedene Ehemann vom rechtlichen Vater (kraft damaliger Ehe mit der Kindsmutter) zum Scheinvater, der jahrelang für den Unterhalt der Tochter aufgekommen ist, ohne der leibliche (genetische) Vater des Kindes zu sein. Der Scheinvater wollte daher von der Mutter des Kindes Auskunft über die Person des Erzeugers, um diesen auf den geleisteten Kindesunterhalt in Regress zu nehmen.

Die Frau dachte, es sich leicht machen zu können, und behauptete einfach, sie wisse nicht (mehr), wer der tatsächliche Vater des Kindes sei. Die Vorinstanzen (Amtsgericht und OLG) verurteilten die Frau antragsgemäß zur Auskunft und ließen ihre Ausrede nicht gelten. Die Rechtsbeschwerde der Frau zum BGH blieb erfolglos.

Zum BGH-Urteil vom 02.07.2014:

Der BGH führte aus, dass grundsätzlich ein Auskunftsanspruch besteht. Das ist nicht neu und wurde bereits im Urteil vom 09.11.2011 vom BGH festgestellt; jenes Urteil betraf ein Paar, das für 2 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebte. Das weitere Urteil vom 02.07.2014 betrifft nun ein ehemaliges Ehepaar.

Der BGH urteilte, dass ein Auskunftsanspruch grundsätzlich auch unter (ehemaligen) Ehepartnern besteht, also auch dann noch, wenn die Ehe bereits geschieden ist. Der Scheinvater hat nach der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft einen Regressanspruch gegen den genetischen („leiblichen“) Vater gemäß § 1607 BGB hinsichtlich des geleisteten Kindesunterhalts. Die Realisierung dieses Anspruchs setzt aber die Kenntnis von der Person des tatsächlichen Erzeugers voraus.

Der Anspruch leitet sich aus Treu und Glauben, § 242 BGB, und den zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen her; zum einen ist das die frühere Ehe, zum anderen die gemeinsame rechtliche Elternschaft. Auch nach der Scheidung bestehe dieses familienrechtliche Verhältnis der vormaligen Eheleute noch fort, so der BGH. Allerdings muss eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Mutter auf Geheimhaltung ihres Intimbereichs und dem Recht des Scheinvaters auf Auskunft zwecks Unterhaltsregress gegen den Erzeuger stattfinden.

Durch die inzwischen erfolgte Vaterschaftsanfechtung stehe bereits fest, dass die Tochter außerehelich gezeugt wurde. Ein vorrangiges Geheimhaltungsinteresse der Frau am Ehebruch an sich besteht daher in diesem Falle nicht (mehr). Zusätzlich muss dann noch die Frage abgewogen werden, ob die Frau auch zur Preisgabe der Identität des Erzeugers verpflichtet ist. Hier kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die Vorinstanzen bei ihrer Gesamtabwägung fehlerfrei feststellten, dass die Interessen des Scheinvaters in diesem Fall vorrangig sind.

Der Auskunftsanspruch des Scheinvaters kommt nur zum Erlöschen durch Erfüllung oder Unmöglichkeit. Eine Unmöglichkeit liegt aber nicht schon dann vor, wenn die Frau sich aktuell nicht (mehr) an den Erzeuger erinnert. Dann muss die Frau jedenfalls alles Zumutbare unternehmen, um die Person des Erzeugers ausfindig zu machen. Sie hat derartige Bemühungen im Prozess auch darzulegen. 

Im Prozess trägt die Frau die Beweislast, dass sie alles ihr Zumutbare unternommen hat, um den Erzeuger namhaft machen zu können. Wenn der Scheinvater die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen bestreitet, muss sie im Einzelnen darlegen, dass alle ihr zumutbaren Erkundigungen zu keinem Ergebnis geführt haben. Nur dann kann zugunsten der Frau angenommen werden, dass ihr die Erfüllung des Auskunftsanspruchs unmöglich ist und daher der grundsätzlich gegebene Auskunftsanspruch dennoch erloschen ist, § 275 BGB. 

Der zur Auskunft verurteilten Mutter droht nun die Vollstreckung aus dem Urteil, wenn sie weiterhin keine Auskunft gibt. Schweigt sie weiter, muss sie mit Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft rechnen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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