BAföG: Worauf kommt es nach Erhalt eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides an?
- 2 Minuten Lesezeit
Wenn das Studentenwerk BAföG zurückfordert, kommt es darauf an, richtig zu reagieren. Als Beispiel mag folgender Fall dienen, den wir im Januar 2007 zu bearbeiten hatten:
Eine Mandantin rief aus München an und teilte mit, dass sie vor wenigen Tagen einen Rückforderungsbescheid über rund 8.500,00 EUR erhalten hätte. Sie hatte vor mehr als zwei Jahren auf Anforderung des Studentenwerks über die Höhe des Vermögens, über das sie während des Bezugs von BaföG verfügte, Auskunft erteilen müssen. Seither hatte sie von der Behörde nichts mehr gehört. Sie bat zunächst um eine genaue Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Klage, weil ihr das Kostenrisiko bei ungewissem Prozessausgang zu hoch war.
Eine solche Einschätzung kann im Grunde nur dann zuverlässig vorgenommen werden, wenn der Rechtsanwalt Einsicht in die komplette Behördenakte nimmt. Üblicherweise wird die Akteneinsicht im Prozess beim Verwaltungsgericht beantragt. Das Gericht fordert, wenn es der beklagten Behörde die Klageschrift zustellt, gleichzeitig die Akte der Behörde an und sendet sie dem Anwalt der Klägerpartei zur Einsichtnahme zu.
Unsere Mandantin scheute jedoch das Risiko einer Klage. Deshalb musste noch vor Klageerhebung Akteneinsicht genommen werden. Noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist nahmen wir Kontakt mit dem Studentenwerk auf und baten um Vorlage der Akte. Dabei stellte sich heraus, dass das Studentenwerk eine gesetzliche Entscheidungsfrist versäumt hatte. Die Behörde muss nämlich eine Entscheidung über die Aufhebung eines rechtswidrigen Bescheides innerhalb eines Jahres treffen, nachdem ihr die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bekannt geworden sind.
Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginnt die Jahresfrist „in dem Zeitpunkt, in dem bei objektiver Betrachtung keine vertretbare Notwendigkeit mehr für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts besteht oder sich kein weiterer Aufschub für den Erlass des Rücknahmebescheids mehr aufdrängt. Der Beginn der Frist hängt nicht davon ab, wann eine Behörde - nach mehr oder weniger langer Zeit - zufällig mit dem Überprüfen ihrer Bescheide beginnt, was von Arbeitsbelastung, Aktenvorlage pp. abhängen kann. Die Frist ist keine Bearbeitungs-, sondern eine Entscheidungsfrist" (so z.B.Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 18.05.2000, 1 A 46/98).
Das Urteil können Sie unter dieser URL aufrufen: http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=0550019980000461%20A
Diese Frist war in unserem Fall eindeutig verstrichen, denn dem Studentenwerk waren sämtliche entscheidungsrelevanten Tatsachen bereits zwei Jahren vor Erlass des Rückforderungsbescheides bekannt. Das Studentenwerk erkannte die Fristversäumnis an. Die Behörde entschied, den Rückforderungsbescheid noch vor Ablauf der Klagefrist wieder aufzuheben und auf die Rückforderung zu verzichten. Der Mandantin blieb das gefürchtete Klageverfahren erspart.
Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.
Artikel teilen: