"Barvermögen" im Nachlass – Was bedeutet das für die Erben

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Immer wieder findet sich in Testamenten die Formulierung „Mein Barvermögen vermache ich XY“. Die Frage die sich in Zeiten von Onlinekonten und bargeldlosem Zahlungsverkehr hierzu aufdrängt ist, was unter diesem „Barvermögen“ zu verstehen ist. Der Begriff „Barvermögen“ ist jedenfalls mehrdeutig und löst in Erbengemeinschaften häufig Streit aus.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die jüngste Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg. Die Richter kamen zu der Entscheidung, dass mit Barvermögen nicht nur Scheine und Geldmünzen gemeint sind, sondern auch das mit einer Karte abhebbare Bargeld auf dem Konto.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Begriff des Barvermögens in der heutigen Zeit des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehrs so zu verstehen sei, dass damit das Bargeld im körperlichen Sinne und die bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder gemeint sind. Die Verwendung von Bargeld in Form von Münzen und Scheinen sei heute nicht mehr in dem Maße üblich wie früher. Durch die vermehrte Kartenzahlung habe sich damit auch die Verkehrsanschauung des Begriffes „bar“ verschoben. Der Begriff des Bargeldes umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar sei.  Wertpapiere fallen nach dem Richterspruch nicht unter den Begriff des Barvermögens. Diese werden durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens erfasst. Er beschreibt das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld.

Man kann aber auch zu anderen Ergebnissen kommen, wie weitere Urteile zeigen:

Auch der Bundesgerichtshof hat sich schon mit der Bargeld-Problematik in Testamenten auseinandergesetzt. Die Karlsruher Richter billigten die Auslegung, das unter Barvermögen „auf der G Bank“ auch die dort befindlichen Wertpapiere gehören. In dem dortigen Testament war explizit eine bestimmte Bank genannt worden, so dass alle dort befindlichen Vermögenswerte im Rahmen der Auslegung des Begriffs „Barvermögen“ erfasst waren.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte entschieden, dass es nach der Lebenserfahrung nahe liege, dass mit dem Begriff „Barschaft“ nicht nur der geringe Bargeldbestand im Haus bzw. in der Geldbörse gemeint sei, sondern auch die leicht verfügbaren Bankguthaben. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe fallen frei veräußerliche Kapitalanlagen noch zwanglos unter den Begriff des Bargelds. Anders das Oberlandesgericht München das keine Regel ausmachen konnte, nach der unter dem Begriff „Bargeld“ zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld erfasst werde.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Erblasser, der seinen letzten Willen nicht eindeutig formuliert, Gefahr läuft, dass einzelne Personen nicht das bekommen, was sie eigentlich erhalten sollen. Hilfreich ist es, eindeutig zu formulieren wie: „mein Bankkonto bei der XY Bank erhält Z"; „mein Depot bei der A-Bank erhält B" oder „mein im Tresor bei der C-Bank befindliches Vermögen erhält D". Je konkreter Sie sind, umso unwahrscheinlicher ist es, dass es unter den Erben zu Meinungsverschiedenheiten kommt.

Sollten Sie Unterstützung bei der Formulierung Ihres Testaments benötigen, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.

Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Hans-Peter Rien
Rechtsanwalt


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