Baumängel & Werkvertrag: Ablauf der Gewährleistungsfrist bei sog. "Systemmängeln"

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Im Werkvertragsrecht gilt bekanntlich die fünfjährige Gewährleistungsfrist bei Bauwerken, die mit dem Tag der Abnahme zu laufen beginnt. Der Ablauf dieser Verjährungsfrist kann durch verschiedene rechtliche Maßnahmen gehemmt werden, das heißt also die Verjährungsfrist hört auf, weiter abzulaufen, solange die Hemmung andauert. Gehemmt wird der Ablauf einer Verjährungsfrist unter anderem durch die Einreichung einer Klage (beispielsweise einer Vorschussklage), durch den Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens und durch ähnliche Maßnahmen. Die Frage ist, was bei sogenannten Systemmängeln gilt: Unter einem Systemmangel wird eine Mangelerscheinung verstanden, die sich durch einen ganzen Bauteil, beispielsweise eine Dacheindeckung zieht. 

Die Rechtsprechung hat die sogenannte Symptomtheorie entwickelt, bei welcher es bei einem Werkmangel für die Geltendmachung der Rechte ausreichend ist, dass der Auftraggeber die Mängelerscheinung ausreichend beschreibt. Mit der Darstellung der Mängelerscheinung macht er den Mangel selbst in vollem Umfange zum Gegenstand seiner Rüge. Nach dem Grundsatz, dass der Auftraggeber mangels Fachwissen nur die Symptome des Mangels anzuzeigen hat und die Ursachen für die Mängel nicht zu erforschen hat, folgert die Rechtsprechung des BGH zugleich die Unschädlichkeit eines Irrtums über die Ursachen des Mangelauftritts. Dies bedeutet, dass die Wirkungen der Mangelanzeige sich jeweils auf den der Mangelerscheinungen zu Grunde liegenden (grundsätzlichen) Mangel, d.h. den Fehler des Werkes insgesamt beziehen. Eine Beschränkung auf die angegebene Schadstelle oder die vom Auftraggeber bezeichnete oder vermutete Ursache ist mit der Beschreibung der Mängelerscheinung regelmäßig nicht verbunden. Die Ursachen werden vielmehr vollständig erfasst und erstrecken sich dabei auch auf die Bereiche, in denen die Mangelerscheinungen bisher noch nicht sichtbar geworden ist. 

Dies bedeutet also, dass die Angabe einer bestimmten Schadstelle nur als Hinweis auf ein festgestellten Schaden, nicht aber auch als Begrenzung des Mängelbeseitigungsverlangens zu verstehen ist. Liegt eine solche Mangelanzeige vor, ist es sodann Sache des Unternehmers, die Ursache des Mangels festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dementsprechend genügt der Auftraggeber im Normalfall bereits dann den Anforderungen an die Darlegung einer mangelhaften Abdichtung eines Bauwerks zum Beispiel einer Dacheindeckung, wenn er lediglich auf die nach seiner Behauptung darauf zurückzuführenden Feuchtigkeitserscheinungen hinweist. Mit dieser Beschreibung der Mängel können Mängel des Bauwerks sehr unterschiedlicher Art unterschiedlichen Ausmaßes angesprochen werden. Damit steht fest, dass es für einen ausreichenden Sachvortrag des Auftraggebers ausreichend ist, dass er auf eine objektive Funktionsstörung hingewiesen hat.

Fazit/ Tipp: Praktisch bedeutet dies, dass beispielsweise der Hinweis, dass an einem Dach ein Wassereintritt festzustellen ist, nicht nur darauf beschränkt werden kann, dass im konkret benannten Bereich ein Mangel vorliegt. Es kann vielmehr auch sein, dass hiermit ein so genannter Systemfehler angezeigt wurde. Treten bei Vorlage eines Systemfehlers auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist erneut Mängel der gleichen Art auf, können diese unter Umständen noch geltend gemacht werden. Es bedarf also einer sehr genauen Berechnung des Gewährleistungszeitraums und insbesondere der Zeiten, während derer der Ablauf der Gewährleistungsfrist gehemmt war.


RA Finn Streich
Rechtsanwalt für Baurecht, Mietrecht, Arbeitsrecht

Streich & Kollegen
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB


Foto(s): www.unsplash.com: Iván Guerrero (Fotograf)

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