Berufsunfähigkeit abgelehnt!
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Wann die BU-Rente abgelehnt wird und wie Sie sich wehren können!
Eine Absicherung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Der Versicherungsnehmer zahlt Jahre oder Jahrzehnte lang zuverlässig seine Beiträge und erwartet zu Recht schnelle finanzielle Hilfe in Form einer Berufsunfähigkeitsrente und/oder Beitragsbefreiung für den Fall, dass er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben und seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Seine Erwartungshaltung zum BU-Schutz ist geprägt von Werbeanzeigen, in denen Berufsunfähigkeitsversicherer Zuverlässigkeit und „schutzengelsgleiche“ Unterstützung versprechen. Die Realität sieht leider oft anders aus: Die Berufsunfähigkeit wird abgelehnt, der Versicherer zahlt nicht oder leistet nicht in vollem Umfang. Wie kann man sich dagegen wehren und seine BU-Rente erhalten?
Hat der Berufsunfähigkeitsversicherer die Berufsunfähigkeit abgelehnt, zahlt nicht oder nur teilweise, kann man sich mit der Hilfe eines Fachanwaltes für Versicherungsrecht in vielen Fällen erfolgreich gegen die Leistungsentscheidung des Versicherers wehren. Ein auf Berufsunfähigkeit spezialisierter Anwalt kennt die Ablehnungsgründe der Versicherer ganz genau und weiß, ob und wie man sich dagegen wehren kann. Welche Ablehnungsgründe es gibt und wie eine erfolgreiche Durchsetzung der Ansprüche auf Berufsunfähigkeitsrente gelingt, möchte ich nachfolgend umreißen und Sie ermutigen, Ihre konkreten Chancen im Rahmen einer anwaltlichen Erstberatung prüfen zu lassen.
Die BU-Versicherung zahlt nicht? – Das sind die Gründe!
Tritt Berufsunfähigkeit ein, geht es um viel Geld. BU-Leistungen belaufen sich in der Regel mindestens auf fünfstellige, oftmals auch auf (höhere) sechsstellige Beträge, die als Berufsunfähigkeitsschutz den Verlust der Arbeitskraft kompensieren sollen und deren rasche Auszahlung im existenziellen Interesse des Versicherungsnehmers liegt. Diesem Interesse stehen die Interessen des Versicherers bei Prüfung der BU-Anträge diametral gegenüber. Er handelt als privatwirtschaftliches Unternehmen gewinnorientiert und im Interesse seiner Anleger. Seine Mitarbeiter sind darauf geschult, bei Prüfung der Anträge auf BU-Leistungen Schwachstellen und Ablehnungsgründe zu finden. Fallstricke lauern nicht erst bei Einreichung der Krankenunterlagen, also bei der Prüfung, ob krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit vorliegt. Vielmehr setzt die Leistungsprüfung der Versicherer zur Überraschung vieler Versicherungsnehmer beim Bestand des Versicherungsvertrages an.
Vorerkrankungen, falsche Angaben bei Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung – Beendigung von Versicherung und BU-Schutz durch Anfechtung, Rücktritt oder Kündigung
Insbesondere wenn die Versicherung noch keine 10 Jahre alt ist, prüft der Berufsunfähigkeitsversicherer, ob beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung zutreffende Angaben gemacht wurden, ob also die Angaben im Versicherungsantrag vollständig und richtig sind. Das betrifft vor allem die Gesundheitsfragen. Sie erstrecken sich üblicherweise auf einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren, und zielen auf die Erfassung des Gesundheitszustandes des Versicherten ab. Seine Angaben sind Grundlage der Risikoprüfung, die der Versicherer immer vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung durchführt.
Wurden die Gesundheitsfragen falsch und/oder unvollständig beantwortet, kann er unter Umständen die Leistung ablehnen und sich gegebenenfalls sogar vom Vertrag lösen – durch Anfechtung, Rücktritt bzw. Kündigung. (Vermeintlich) Fehlende Angaben bei Vertragsschluss bilden laut einer Umfrage des GDV (= Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.) mit 21 % den zweithäufigsten Ablehnungsgrund aller Leistungsablehnungen.
Falschberatung bei Abschluss der Versicherung
Tatsächlich kommt es beim Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung gar nicht selten zu objektiven Falsch- oder Fehlangaben, etwa weil der Versicherungsnehmer ärztlich dokumentierte Beschwerden bzw. Behandlungen nicht mehr erinnert oder von seinem Versicherungsmakler bzw. -vertreter falsch beraten wurde. Bedauerlicherweise kommt es immer wieder vor, dass Vermittler die Gesundheitsfragen in Unkenntnis oder im eigenen Provisionsinteresse verharmlosen und etwa dazu raten, (vermeintlich) „harmlose“ Beschwerden oder (vermeintlich) ausgeheilte Erkrankungen nicht anzugeben. Folgt der Versicherungsnehmer im Vertrauen auf die Expertise des Vermittlers dessen Rat, riskiert er seinen Versicherungsschutz und den Bestand seines Vertrages, ohne sich hierüber bewusst zu sein. Die Gefahr: Tritt der Leistungsfall ein, wirken solche Versicherungsnehmer unbedarft an der Leistungsprüfung des Versicherers mit, die dann mit einem bösen Erwachen endet.
Unbekannte ärztliche Diagnosen
Falschangaben im Versicherungsantrag kommen aber auch dadurch zustande, dass der Arzt Diagnosen stellt und dokumentiert, diese seinem Patienten aber nicht mitteilt. Von solchen Diagnosen erfahren Versicherte oftmals erst durch die Leistungsablehnung des Versicherers.
Falsche Angaben bei Vertragsabschluss – Was tun?
Am besten ist es natürlich, Falschangaben im Versicherungsantrag von vornherein zu vermeiden. Wird dem Versicherungsnehmer erst nach Vertragsabschluss klar, dass die Angaben im Versicherungsantrag nicht korrekt waren, muss das aber nicht automatisch zum Verlust seines Leistungsanspruchs bzw. Vertrages führen – auch dann nicht, wenn der Versicherer dies zunächst einmal einwendet. Denn häufig sind die Kündigung, der Rücktritt und auch die Anfechtung – als „schärftes Schwert“ des Versicherers – angreifbar.
Nur erfragte Umstände sind erheblich
Zunächst einmal ist – auch, wenn der Versicherer etwas anderes behauptet – nicht jeder Umstand anzeigepflichtig. Anzeigepflichtig sind nach dem Gesetz nur solche Umstände, die erfragt wurden und die dem Versicherungsnehmer bekannt waren. Ist nach einer bestimmten Erkrankung nicht gefragt, muss diese auch nicht angegeben werden, und kann damit schon gar keine Grundlage für eine Anfechtung, Kündigung oder einen Rücktritt sein.
Richtige Belehrung erforderlich
Wurde der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss nicht richtig über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrt, ist ein Rücktritt oder eine Kündigung grundsätzlich unwirksam. Ein auf die Berufsunfähigkeit spezialisierter Anwalt für Versicherungsrecht kennt die Rechtsprechung zum Belehrungserfordernis und weiß genau, wie die Belehrung des Versicherers inhaltlich und formal gestaltet sein muss und wann diese unwirksam ist.
BU-Versicherer muss Fristen beachten
Der Versicherer hat außerdem mehrere Fristen zu beachten, nach deren Ablauf die Anfechtung, der Rücktritt oder die Kündigung ausgeschlossen sind. Sind seit dem Versicherungsantrag bzw. Vertragsschluss 10 Jahre vergangen, erlöschen die Rechte, die ihm grundsätzlich zustehen, wenn der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit verletzt bzw. arglistig getäuscht hat.
Verschuldensgrad bestimmt "Sanktion"
Ob der Versicherer sich vom Vertrag lösen und die Leistung verweigern darf, hängt außerdem davon ab, welcher Grad des Verschuldens den Versicherungsnehmer an der Falschangabe trifft, also ob der Versicherungsnehmer arglistig, vorsätzlich, (grob) fahrlässig oder doch schuldlos gehandelt hat. Hier kommt es entscheidend auf die konkreten Umstände des Vertragsabschlusses an. Hat der Versicherungsnehmer die Versicherung allein (etwa im Internet) abgeschlossen oder wurde er beraten? Falls er beraten wurde: Von wem wurde er beraten? Wurde der Vertrag beispielsweise mit Hilfe eines Versicherungsvertreters geschlossen, wird dem Versicherer dessen Wissen – etwa von einer Vorerkrankung des Versicherungsnehmers – zugerechnet.
Fazit: Wirft der Versicherer Ihnen Falschangaben bei Vertragsschluss vor, lassen Sie sich keinesfalls entmutigen! Hat er die Anfechtung, den Rücktritt oder die Kündigung erklärt, sollten Sie umgehend einen auf die private Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierten Fachanwalt für Versicherungsrecht aufsuchen, damit dieser fristgerecht Gegenrechte ausüben und alle weiteren notwendigen Maßnahmen zur Sicherung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche ergreifen kann.
Grad der Berufsunfähigkeit nicht erreicht – keine BU-Rente
Am häufigsten lehnen Berufsunfähigkeitsversicherer die Rente laut der bereits erwähnten Umfrage des GDV (= Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.) ab mit der Begründung, der Grad der Berufsunfähigkeit sei nicht erreicht – nicht selten, ohne den Versicherten medizinisch begutachtet zu haben.
Wurde der Versicherungsnehmer medizinisch begutachtet, bestätigt das Gutachten aber keine 50 %-ige Berufsunfähigkeit, gibt es diverse Möglichkeiten, gegen die Ablehnung des Versicherers vorzugehen. Oftmals ist die Begutachtung mangelhaft, etwa weil dem Versicherungsnehmer ohne Anhalt Simulation oder Aggravation unterstellt wird (Lesen Sie hierzu unseren Artikel „Berufsunfähig wegen Depression? Der simuliert doch!“.), die Diagnostik unzureichend war, oder der Gutachter von der falschen Grunderkrankung bzw. vom falschen Berufsbild ausgeht.
Welcher Beruf ist maßgeblich?
Auf welches Berufsbild abzustellen ist, ist für den versicherungsrechtlichen Laien oftmals nicht erkennbar. Die meisten Antragsformulare enthalten hierzu ungenaue oder gar irreführende Fragen und Informationen, was dazu führt, dass der Versicherte den falschen Beruf angibt und/oder Versicherer und Gutachter sich am falschen Berufsbild orientieren. Das wirkt sich in aller Regel nachteilig aus. (Auch) Deshalb lohnt es sich, sich schon bei Antragsstellung professionell unterstützen zu lassen.
50 Prozent Berufsunfähigkeit?
Aber auch dann, wenn das zutreffende Berufsbild zugrunde gelegt und korrekt ermittelt wurde, muss das nicht bedeuten, dass der Versicherer aus dem Gutachten die richtigen Schlüsse zieht. Häufiger Fehler ist, dass allein eine quantitative Betrachtung stattfindet, also geprüft wird, ob der Versicherte zeitlich und rechnerisch betrachtet noch 50 Prozent seines Berufs ausüben kann. Sind diese 50 Prozent aber wertlos, weil sie ohne die nicht mehr ausübbaren Teiltätigkeiten sinnlos sind, reicht eine rein rechnerische Betrachtung nicht aus (Sehen Sie hierzu unser YouTube-Video.). Auch in einem solchen Fall liegt Berufsunfähigkeit vor!
Ein Beispiel: Kann eine Töpferin ihre selbst getöpferten Vasen zwar noch verkaufen, aber keine Vasen mehr herstellen, ist sie berufsunfähig, und zwar auch dann, wenn der Verkauf 50 % ihrer Arbeitszeit ausgemacht hat. Diese qualitative Betrachtung wird oft nicht vorgenommen. Auch dann ist die Ablehnung rechtlich nicht haltbar.
Was darf der Versicherer alles fragen?
Ein nicht unerheblicher Teil der Leistungsanträge wird abgelehnt oder verläuft im Sande, weil Versicherungsnehmer sie nicht weiter verfolgen. Dies aus einem nachvollziehbaren, aber vermeidbaren Grund:
Um den Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente zu prüfen, erhebt der Versicherer eine Vielzahl von Daten vor allem zum Beruf, Einkommen und zur Krankengeschichte. Versicherte erhalten einen umfangreichen Fragebogen, den sie ausfüllen und dem sie eine Vielzahl von Unterlagen beifügen sollen. Je nach Erkrankung und Verfassung kann bereits das Ausfüllen des Antragsbogens eine nahezu unüberwindbare Hürde darstellen.
Zudem kommen (oftmals berechtigte) Zweifel darüber auf, welche Fragen wie zu beantworten sind, und inwieweit überhaupt die Beauskunftung vor allem privater oder gar intimer Tatsachen geschuldet sind. Häufig fordert der Versicherer immer mehr Unterlagen und Informationen an, so dass sich die Leistungsprüfung in die Länge zieht und immer unübersichtlicher wird. Der Versicherer behauptet dann, Berufsunfähigkeit sei (noch) nicht nachgewiesen, ohne zu konkretisieren, an welchen Unterlagen und Informationen es noch fehlt.
(Auch) In einem solchen Fall lohnt es sich ausnahmslos, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Denn obwohl der Versicherte vertraglich und gesetzlich zur Mitwirkung an der Leistungsprüfung verpflichtet ist, hat diese Verpflichtung Grenzen. So hat das Landgericht Berlin zuletzt mit Urteil vom 18. August 2021 (Az. 23 O 180/18) bestätigt, dass der Versicherer konkret aufzeigen muss, welche weiteren Informationen er zur sachgerechten Leistungsprüfung benötigt. Das Gericht stellte außerdem fest, dass bereits ein rechtswidriges Mitwirkungsverlangen zur Fälligkeit des Leistungsanspruchs führt. Konkret hatte der Versicherer in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall nicht korrekt über die Rechte und Pflichten des Versicherten in Bezug auf die Erhebung von Gesundheitsdaten belehrt, weshalb die verlangte Einwilligung in die Datenerhebung rechtswidrig war. Ein Fachanwalt für Versicherungsrecht weiß genau, welche Mitwirkungsobliegenheiten zu erfüllen sind, welche Informationen und Unterlagen vorzulegen sind und welche nicht, und was zu tun ist, um schnell eine (positive) Leistungsentscheidung herbeizuführen.
Berufsunfähigkeit abgelehnt – Widerspruch einlegen!
Verzichten Sie keinesfalls vorschnell auf Ihre BU-Rente! Akzeptieren Sie die Ablehnung Ihrer existenzsichernden Ansprüche nicht. Die Erfolgsaussichten der anwaltlichen Durchsetzung von BU-Leistungen sind in der Regel sehr gut, wenn Sie sich von einem BU-Spezialisten unterstützen lassen. Gern helfen wir Ihnen dabei.
Die BU-Hilfe.de ist deutschlandweit die erste und bislang einzige Kanzlei, die ausschließlich auf das Recht der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisiert ist. Als auf die Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierte Fachanwältinnen für Versicherungsrecht mit jahrelanger Erfahrung können wir bereits im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung beurteilen, ob und wie Sie sich anwaltlich helfen lassen sollten. Diese erste Einschätzung ist für Sie kostenfrei und absolut unverbindlich.
Kontaktieren Sie mich und meine Kanzlei gern über das Kontaktformular auf dieser Homepage, über das Kontaktformular auf unserer Internetseite, per E-Mail oder per Telefon.
Wir freuen uns auf Sie und helfen Ihnen gerne!
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