Betreuungsunterhalt – wie wird er berechnet?
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Viele Paare brauchen keinen Trauschein, um glücklich miteinander zu sein. Geht die Beziehung irgendwann aber doch in die Brüche, beginnt häufig der Streit um die gemeinsamen Kinder sowie um gemeinsam angeschaffte Gegenstände, wie Immobilien oder Möbel. Ferner stellt sich die Frage, ob und in welcher Höhe der Elternteil, der den Nachwuchs versorgt, Betreuungsunterhalt verlangen kann. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat diesbezüglich für etwas mehr Klarheit gesorgt (Beschluss v. 21.02.2017, Az.: 25 UF 149/16).
Wie viel Betreuungsunterhalt ist angemessen?
Eine ledige Vollzeitangestellte blieb nach der Geburt ihres Sohnes Ende 2015 zu Hause und kümmerte sich um das Kind. Ihr Exfreund hatte die Vaterschaft anerkannt und zahlte 160 % des Mindestunterhalts für seinen Sprössling sowie Betreuungsunterhalt für die Kindsmutter. Dieser Betrag genügte der Alleinerziehenden jedoch nicht.
Schließlich wäre es ihr möglich gewesen, mehr Geld zu verdienen, wenn sie das Kind nicht bekommen und stattdessen weitergearbeitet hätte. Die Höhe des Betreuungsunterhalts müsse sich daher orientieren an ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen vor der Kindsgeburt bzw. anhand einer Prognose, wie viel Geld sie ohne die Geburt und Betreuung des Kindes verdient hätte.
Der Kindsvater weigerte sich, mehr Unterhalt zu leisten – maßgeblich sei nicht der Einkommensverlust seiner Exfreundin, sondern ihr konkreter Unterhaltsbedarf. Der sei aufgrund seiner Zahlungen ausreichend gedeckt. Zumindest müsse sie zuerst ihre Eigentumswohnung verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Der Streit der beiden früheren Lebensgefährten landete letztlich vor Gericht.
Das OLG Köln entschied, dass der Kindsvater seiner Exfreundin mehr Betreuungsunterhalt zahlen musste.
Wer hat Anspruch auf Betreuungsunterhalt?
Hat sich ein nicht verheiratetes Paar getrennt, ist vielen Betroffenen zwar gerade noch bewusst, dass für ein gemeinsames Kind Unterhalt gezahlt werden muss. Dass der Elternteil, der die Betreuung des Kindes übernimmt, unter Umständen aber auch Betreuungsunterhalt verlangen kann, ist oftmals unbekannt.
Geregelt ist der Unterhaltsanspruch in § 1615l II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach muss eine ledige Mutter zumindest für die ersten drei Jahre nach der Geburt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, wenn sie ihr Kind versorgt und betreut. In dieser Zeit muss der Kindsvater Betreuungsunterhalt leisten, um den Lebensunterhalt seiner Expartnerin zu sichern. Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm derselbe Anspruch gegen die Mutter zu.
Höhe des Betreuungsunterhalts: Maßgeblich ist das Einkommen vor der Geburt
Während bei getrennt lebenden Noch-Ehegatten bei der Berechnung des Unterhalts auf die ehelichen Lebensverhältnisse abzustellen ist – also z. B. die Einkommen beider Eheleute und angehäuftes Vermögen –, ist bei der Ermittlung des Betreuungsunterhalts allein die Lebensstellung der alleinerziehenden Person maßgeblich.
Zwar hat sie dabei nicht ihren konkreten Unterhaltsbedarf darzulegen, sie muss aber explizit nachweisen, welches Einkommen sie ohne die Geburt und Betreuung des Kindes erzielt hätte. Zum Einkommen gehört etwa das Festgehalt, aber auch Einmalzahlungen bzw. Boni. Werden diese leistungsabhängig und deshalb in schwankender Höhe gezahlt, ist von den Boni der letzten drei Jahre ein Durchschnitt zu bilden.
Was den Anspruch auf Betreuungsunterhalt mindern kann
Kann der betreuende Elternteil seinen Unterhaltsbedarf anderweitig decken, muss er das grundsätzlich tun. Das gilt jedoch nicht immer.
Sonstige Einnahmen
So muss die ledige Mutter oder der ledige Vater die eigenen Vermögensverhältnisse oder sonstigen Einnahmen – z. B. aus Vermietung oder aus einer Kapitalanlage – grundsätzlich nicht genau offenlegen. Anderes könnte aber gelten, wenn sie/er mehr Geld verlangen würde, als ihr/ihm aufgrund der Geburt „entgeht“. Darüber hinaus gilt: Nur wenn die sonstigen Einkünfte nach der Kindsgeburt höher sein sollten als davor, würde sich der Überschuss bedarfsmindernd auswirken.
Verwertung des Vermögens
Bevor der alleinerziehende Elternteil Betreuungsunterhalt verlangen kann, müsste er außerdem zunächst sein Vermögen verwerten. Dabei darf er lediglich einen Notgroschen behalten. Leider kann hier kein fester Betrag genannt werden – vielmehr entscheiden Gerichte über die Höhe des Notgroschens je nach Einzelfall sehr unterschiedlich. Auch ist zu berücksichtigen, dass der ledige betreuende Elternteil sein Vermögen nur verwerten muss, solange dies nicht unwirtschaftlich oder ungerechtfertigt wäre, vgl. die §§ 1615l III 1, 1602 II BGB.
Das wäre z. B. der Fall, wenn das einzige Vermögen einer ledigen Mutter aus einer Eigentumswohnung besteht, die sie zum Zweck der Altersvorsorge erworben hat. Verfügt darüber hinaus der Kindsvater über ein großes Vermögen, wäre es unbillig, die Alleinerziehende zum Verkauf der Wohnung zu zwingen, bevor sie Betreuungsunterhalt verlangen darf.
Anrechnung fiktiver Einkünfte
Letztlich könnte die Anrechnung sog. fiktiver Einkünfte den Unterhaltsbedarf mindern. Wäre das Kind z. B. älter als drei Jahre und dem betreuenden Elternteil die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit zumutbar, müsste er sich die theoretisch erzielbaren Einkünfte anrechnen lassen, wenn er stattdessen zu Hause bleibt. Auch Versorgungsleistungen eines neuen Partners, mit dem der Alleinerziehende zusammengezogen ist, werden regelmäßig als fiktive Einkünfte angerechnet und mindern die Unterhaltsbedürftigkeit.
Expartner muss mehr Betreuungsunterhalt zahlen
Im vorliegenden Fall entsprach der gezahlte Betreuungsunterhalt nicht dem Unterhaltsbedarf der Alleinerziehenden. Die hatte vor der Kindsgeburt schließlich um einiges mehr verdient.
Auch musste sie ihre Eigentumswohnung nicht verkaufen, bevor sie ihren früheren Lebensgefährten auf Betreuungsunterhalt in Anspruch nehmen durfte. Denn die Immobilie hatte sie zum Zweck der Altersvorsorge gekauft; demgegenüber lebte ihr Exfreund in wirtschaftlich guten Verhältnissen und war somit leistungsfähig. Ein Wohnungsverkauf wäre deshalb unzumutbar gewesen. Letztlich war ihr Kind noch keine drei Jahre alt – aus diesem Grund war sie auf keinen Fall zur Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit verpflichtet, sondern durfte sich nach wie vor ausschließlich der Betreuung ihres Sohnes widmen.
(VOI)
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