Betriebsübergang Vodafone
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Essen: Vodafone verkauft sein Call-Center an Arvato (Bertelsmann). Welche Folgen hat dies für die betroffenen Arbeitnehmer?
RP Online berichtet, dass Vodafone sein vorrangig für Festnetzkunden zuständiges Callcenter (ca. 500 Mitarbeiter) an die Bertelsmann-Tochter Arvato verkauft. Mitarbeiter, die einen Übergang zur Arvato ablehnen, sollen Abfindungen in Höhe von deutlich mehr als einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr erhalten. Beschäftigungszeiten bei den Firmen Arcor und Otelo sollen hierbei angerechnet werden. Außerdem soll den Mitarbeitern, die auf Arvato übergehen wollen, für mindestens zwei Jahre das bisherige Gehalt garantiert werden.
Dazu eine kurze Einschätzung vom Fachanwalt:
Erfolgt der Übergang so, wie berichtet, dürfte es sich unbedingt um einen Betriebsübergang handeln. Ein solcher Betriebsübergang und seine Folgen sind gesetzlich in § 613 a BGB geregelt. Das gilt auch für die Verpflichtung des alten und des neuen Arbeitgebers in diesem Zusammenhang.
Informationspflichten
Der bisherige Arbeitnehmer (Vodafone) oder der neue Inhaber (Arvato) müssen die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen unterrichten. Diese Unterrichtung muss in Textform erfolgen.
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann sowohl gegenüber dem alten als auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber erklärt werden.
Mögliche Folgen des Widerspruchs: Ein Widerspruch muss gut überlegt werden. Widerspricht der Arbeitnehmer, bleibt er beim alten Arbeitgeber. Hier besteht aber die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung. Soweit wegen des Übergangs keine Beschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer mehr bestehen, kann eine solche betriebsbedingte Kündigung wirksam sein. Natürlich müssen auch die übrigen Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung eingehalten werden. Fallen z.B. Restarbeiten weiter an, muss der Arbeitgeber zwischen den verbleibenden Arbeitnehmern eine Sozialauswahl treffen.
Widerspricht der Arbeitnehmer nicht innerhalb der genannten Frist, geht das Arbeitsverhältnis auf den neuen Arbeitgeber über.
Mögliche Folgen des Übergangs: Auch das Unterlassen des Widerspruchs, mit der Folge des Übergangs des Arbeitsverhältnisses, ist für Arbeitnehmer nicht ohne Risiko. Geht z.B. der Erwerber später in die Insolvenz (so z.B. bei Siemens / BenQ), besteht die Gefahr, dass die Arbeitnehmer gekündigt werden und nicht einmal mehr eine Abfindung erhalten. Man sollte also den möglichen neuen Arbeitgeber genau untersuchen.
Der alte Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer über den neuen Arbeitgeber genau informieren. Unterlässt er dies, kann man im Insolvenzfall versuchen, auf Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber zu klagen (so haben sich ehemalige BenQ-Mitarbeiter wieder bei Siemens eingeklagt). Das geht natürlich nicht, wenn die Information umfassend erfolgte.
Kündigungen wegen des Betriebsübergangs sind gemäß §§ 613 a Abs. 4 S. 1 BGB unwirksam. Gute Aussichten im Kündigungsschutzverfahren für alle die, die aktuell eine Kündigung erhalten. Der Verdacht, dass die Kündigung im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erfolgt, liegt nahe.
Rechte und Pflichten (u.a. Gehalt, Art der Beschäftigung, Urlaub, Sonderzahlungen) bestehen beim neuen Arbeitgeber genauso wie beim alten und dürfen vor Ablauf eines Jahres nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Hierfür gibt es eine Ausnahme: Sind die Rechte und Pflichten beim neuen Arbeitgeber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, ist dieser anwendbar. Das kann zu erheblichen Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer führen.
Zusammenfassung:
Die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer sollten ihre Entscheidung genau überlegen. Soweit Vodafone im Vorfeld Abfindungen anbietet, sollte man bei entsprechenden Aufhebungsvereinbarungen mit Vodafone beachten, dass die angebotene Abfindung nicht durch möglicherweise mit der Aufhebungsvereinbarung einhergehende Nachteile (Sperrzeit, Steuer, Anrechnung auf das Arbeitslosengeld) kompensiert wird.
Wer sich nicht auf eine Abfindungslösung einlassen will, sollte seine Entscheidung für oder gegen einen Widerspruch spätestens bei Erhalt des Informationsschreibens zum Betriebsübergang genau prüfen.
7.2.2012
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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