Betrunken auf E-Scooter erwischt - Entziehung der Fahrerlaubnis droht!

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Promille Fahrt auf dem E-Scooter: Fahrerlaubnis Entziehung oder nur "Warnschuss" mit Fahrverbot?

Für Alkoholfahrten gelten die gleichen Regeln wie bei allen Kraftfahrzeugen:

  • § 24 a StVG liegt vor, wenn man zwischen 0,5 und 1,09 Promille Blutalkoholkonzentration "BAK" (bzw. halber Wert bei Atem Alkoholtest). Dann gibt es 1 Monat Fahrverbot für KFZ, 2 Punkte in Flensburg und 500,00 Euro Strafe (für Ersttäter, sonst mehr).
  • § 316 StGB liegt vor ab 1,1 Promille (sog. "absolute Fahruntüchtigkeit")  bzw bereits ab 0,3 Promille bei zusätzlichen Fahrauffälligkeiten (sog. "relative Fahruntüchtigkeit": vom Roller gefallen, mit mehreren Personen darauf gefahren, Schlangenlinien, rote Ampel überfahren, - all die Sachen, die man also ständig in den Innenstädten beobachten darf). Die Folge ist dann in der Regel ein Strafbefehl vom Amtsgericht mit 30 - 60 Tagessätzen (1 Tagessatz = Nettomonatsgehalt/30), 3 Punkte in Flensburg.
  • § 315 c StGB liegt vor, wenn zu den Merkmalen des § 316 StGB noch eine Gefährdung des Straßenverkehrs hinzukommt. Das ist zB der Fall, wenn eine andere Person bei dem Unfall mit dem E-Scooter verletzt wird oder man mit einem Auto kollidiert und dort ein Sachschaden entsteht. Auch hier wird ein Strafbefehl kommen ähnlich wie bei § 316 StGB, tendentiell werden Sie aber hier kräftiger zur Kasse gebeten.

Nun ist es aber so, dass Sie nicht nur ein paar Punkte kriegen und Ihnen recht tief in den Geldbeutel gegriffen wird.

Was viele Betroffene nicht auf dem Radar haben, wenn Sie am Samstag mit ordentlich ATÜ auf dem Kessel den Roller nehmen, um schneller nachhause oder zum nächsten Späti, in den Club zu kommen...

Fahrerlaubnis ist in Gefahr - MPU droht

Im Rahmen der §§ 315 c, § 316 c StGB wird es immer auch und  gerade um die Frage gehen, ob Ihnen die Fahrerlaubnis generell entzogen wird oder Ihnen alternativ zur Entziehung der Fahrerlaubnis nur für mehrere Monate ein Fahrverbot ausgesprochen wird nach § 44 StGB.

Das läuft dann zwar lang, aber nach Ablauf des Fahrverbots können Sie einfach wieder fahren und müssen nicht erst die so oder so langwierige und nervenaufreibende Procedur der Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle in Angriff nehmen. 

Quizfrage ist nun, ob man nun bei einer Promille Fahrt auf dem Roller von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69 StGB, 111 a StPO absehen soll / kann und es bei einem Fahrverbot über Monate (für alle KFZ!) "belässt". 

Ob und unter welchen Voraussetzungen von der üblichen Entziehung abgesehen werden kann, darüber streiten die Gerichte. Zunächst gab es einige Gerichtsentscheidungen, die beim E Scooter Fahren eine geringere Gefahr auch für andere Verkehrsteilnehmer gesehen haben als etwa beim Auto.  Hier kommt es natürlich auch auf den Einzelfall und die Tatumstände an. 

Klar ist: Wird die Fahrerlaubnis entzogen und liegt ein Fall der absoluten Fahruntüchtigkeit vor, dann gibt es nach Ende der gerichtlichen Sperrfrist den Führerschein nicht einfach so wieder. Dann heißt es: Screening Programm, Verkehrspsychologe und später: MPU. Erst nach positiver MPU gibt es den Führerschein zurück. Teurer Abend sozusagen.

Neuere Urteile zum Thema E Scooter und Alkohol:

  • LG Wuppertal (22.02.2022): Ab 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit,Entziehung der Fahrerlaubnis als Regelfolge. Grenzwert von 1,6 Promille (gilt für Radfahrer) nicht übertragbar.
  • LG Kassel (22.01.2022): Ab 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit. Absehen vom Regelfall der Entziehung möglich, wenn der Roller nur über wenige Meter gefahren worden ist und das am frühen Morgen auf einer sehr wenig frequentierten Straße.
  • LG Flensburg (23.09.2021): Die Verwendung eines E Scooters bei einer Straftat nach § 316 StGB begründet kein Absehen von der Regelvermutung des § 69 Abs.II Nr. 2 StGB. Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69 StGB, 111 a StPO ist die Folge.
  • LG Düsseldorf (28.12.2020): Wegen geringerer Fremdgefährlichkeit ist bei einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB ein Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis dann denkbar, wenn sich die Tat nachts auf einer weniger befahrenen Straße ereignete.
  • Landgericht Berlin (05.08.2020): Ab 1,1 Promille wird absolute Fahruntüchtigkeit bejaht. Eine generelle Ausnahme von der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. II StGB liegt nicht vor, nur wenn E Scooter verwendet werden.
  • Landgericht Hamburg (17.12.2021): Trunkenheitsfahrten auf dem E Scooter weichen vom Durchschnittsfall des § 316 StGB so weit nach unten ab, dass nur in Ausnahmefällen die Fahrerlaubnis entzogen werden sollte.

Riskantes Spiel also: 

Schon relativ schnell nach ein paar wenigen Cuba Libre oder Gin Tonic droht nicht nur ein Bußgeld- oder Strafverfahren. Es ist auch sehr schnell die Fahrerlaubnis weg, die die Strafgericht dann entzieht. 

Wenn man die Fahrerlaubnis zurück will, geht das nur über die zeit- und kostenintensive MPU im Neuerteilungsverfahren der Fahrerlaubnisbehörde.

Vorsicht beim E Scooter Fahren, wenn die Fahrerlaubnis entzogen ist oder ein Fahrverbot besteht:

Wurde die Fahrerlaubnis für KFZ entzogen oder besteht ein Fahrverbot nach § 44 StGB oder § 25 StVG, dann sollte man besser nicht E Scooter fahren, sonst macht man sich strafbar nach § 21 StVG (Straftat: Fahren ohne Fahrerlaubnis).

Und wenn das in der Fahrerlaubnisakte steht, wird zB die MPU nicht leichter...abgesehen davon, dass die Strafe für § 21 StVG dafür je nach Fallgestaltung auch mal schnell im Führungszeugnis landen kann, also Ihnen  mehr als 91 Tagessätze aufgedonnert werden.

Was tun als Betroffener, wenn der Führerschein wichtig ist?

  • Sofort zum Anwalt. Nicht Abwarten. 
  • Sofort Konsum von Alkohol entweder einstellen und mittels Screenings Abstinenz nachweisen oder Konsum reduzieren und das nachweisen ("kontrolliertes Trinken").  Was sinnvoller ist, hängt davon ab, wieviel Promille gemessen wurden  bei der BAK. 
  • Je nach weiteren Verlauf in Rücksprache mit dem Anwalt: Verkehrstherapie beim Verkehrspsychologen.

Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, schreiben Sie mir gerne. Die Firma dankt für Ihre Aufmerksamkeit.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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