BGH: Auslegung des Taterfolgs bei Umsatzsteuertricksereien durch grenzüberschreitende Verkäufe

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Der BGH befasst sich in dem Beschluss vom 06.04.2016 – 1 StR 431/15 mit der Frage zur Erfüllung des Taterfolges einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 I AO.

Bei den Angeklagten handelt es sich hier um G, welcher der faktische Geschäftsführer ist, und um S, welcher der formelle Geschäftsführer der Firma G-GmbH ist. Die beiden haben zusammen den Tatplan entwickelt, Flachbildschirmfernseher ohne Belastung der Umsatzsteuer zu kaufen und anschließend mit der Belastung der Umsatzsteuer zu verkaufen. Die Einnahme der Umsatzsteuer sollte dann den Gewinn für die Firma darstellen.

Den Kauf der Flachbildschirmfernseher ohne die Belastung der Umsatzsteuer erreichten die beiden dadurch, dass G sich als Vertreter eines Unternehmens mit Sitz in Lettland vorstellte und als vermeintlicher Erwerber auftrat. Die Verkäufer behandelt daher die tatsächlich vorliegende Inlandslieferung als umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG.

Vor dem Finanzamt gaben G und S zwar in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung zutreffende Angaben über die Verkaufserlöse an. Jedoch wurden ungerechtfertigte Vorsteuerbeträge dem gegenüber gestellt. Folglich wurden die abzuführenden Umsatzsteuerbeiträge durch die Geltendmachung von nicht vorhandenen Vorsteuern wieder „ausgeschöpft“.

Die Vorinstanz sah dadurch den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 310 I Nr.1 AO erfüllt.

Dieses Urteil des Landgerichts kassierte der Bundesgerichtshof. Eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun sei nur erfüllt, wenn eine Verkürzung von Steuern oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile für sich oder einen anderen erlangt werden würde. Dabei reicht die alleinige Nichtentrichtung der geschuldeten Umsatzsteuern nicht aus. Doch genau darauf stellt das Landgericht ab. Er stellt auf die unterlassene Abführung einbehaltener Umsatzsteuer an statt auf die Steuerverkürzung.

Eine Steuerverkürzung bei einer Umsatzsteuervoranmeldung kann aber nur vorliegen, wenn die Voraussetzungen des § 168 AO in Form einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung erfüllt sind. Dies wäre dann der Fall, wenn das Finanzamt die Anmeldung anerkennt. Diese Zustimmung ist gemäß § 168 S.2 u. 3 AO formlos.

Eine solche Zustimmung des Finanzamtes lag im vorliegenden Fall nicht vor. Die eingereichte Steuererklärung der G-GmbH hat daher nicht die gemäß § 168 AO notwendige Wirkung einer Steuerfestsetzung, um eine Steuerverkürzung zu begründen und die bloße Nichteinreichung der geschuldeten Umsatzsteuern reicht zur Erfüllung des Taterfolges nicht aus. Folglich ist das Tatbestandsmerkmal der Steuerverkürzung nicht erfüllt und ein Taterfolg des § 370 I AO liegt nicht vor.

Der BGH ändert daher den Schuldspruch auf versuchte Steuerhinterziehung ab und legt damit die Erfüllungsvoraussetzungen des Taterfolges des § 370 I AO neu aus.


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