BGH: Grundsatzentscheidung zum Ausgleichsanspruch - Gericht definiert die Grundlagen der Berechnung

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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13. Januar 2010 klargestellt, dass Vertragshändlern generell ein Ausgleichsanspruch zusteht. In dem verhandelten Fall stellten die Bundesrichter fest, dass sich aus einer 16-jährigen Tätigkeit als Vertragshändler auch nach Beendigung des Vertriebsvertrags „erhebliche Vorteile für den beklagten Hersteller verblieben sind". Sie seien ein Resultat der geworbenen Zahl an Stammkunden und seien der Höhe nach identisch mit den Provisionsverlusten des klagenden Händlers (Az: VIII ZR 25/08).

Der BGH hat zunächst bekräftigt, dass dem Vertragshändler der Ausgleichsanspruch zusteht. Die Klägerin hatte in den 16 Jahren ihrer Tätigkeit als Vertragshändler des Beklagten eine größere Anzahl von Stammkunden geworben. Hieraus konnte gefolgert werden, dass auch nach Beendigung des Vertrages erhebliche Vorteile für den beklagten Hersteller verblieben sind. Diese sind der Höhe nach identisch mit den Provisionsverlusten, die die Klägerin erlitten hat.

Der BGH hat ausdrücklich die Auffassung des beklagten Herstellers abgelehnt, diesem seien aus der Werbetätigkeit des Händlers schon deshalb keine Vorteile zugeflossen, weil ihm ein Direktvertrieb von Fahrzeugen rechtlich nicht möglich sei und weil der Hersteller doppelt zahlen müsse: zunächst dem ausgeschiedenen Vertragshändler und künftig dem Nachfolger im Marktverantwortungsgebiet. Der BGH begründete seine ablehnende Haltung mit unterschiedlichen Rechtsansprüchen: Der Ausgleichsanspruch ergebe sich aus § 89b HGB, der Anspruch auf Provisionen für die künftig von dem Nachfolger vermittelten Geschäfte dagegen aus §§ 87 und 87a HGB.

Weiter hat sich der BGH mit den berücksichtigungsfähigen Vergütungsbestandteilen befasst. Danach sind Vergütungen für händlertypische Tätigkeiten nicht zu berücksichtigen. Dies gilt z.B. für die personelle und sächliche Ausstattung des Betriebes sowie für Werbung, Präsentation, Lagerhaltung und Vorführfahrzeuge. Entsprechendes gilt für Gegenleistungen, die der Händler für die Übernahme des Absatz-, des Lager-, des Preisschwankungs- und des Kreditrisikos erhält.

Als eine der zulässigen Berechnungsmethoden liegt der Schwerpunkt auf dem individuellen Rohertrag des Händlers. Dieser stelle die Differenz zwischen dem Verkaufspreis (vom Hersteller unverbindlich empfohlener Listenpreis abzüglich vom Händler gewährter Preisnachlässe an die Kunden) und dem Einkaufspreis des Händlers dar. Im Idealfall entspreche der individuelle Rohertrag des Händlers der Summe der Rabatte und Boni, die ihm der Hersteller auf den empfohlenen Verkaufspreis gewährt.

Aus dem individuellen Rohertrag sind jene Vergütungsbestandteile herauszurechnen, die händlertypisch sind. In einem weiteren Schritt ist der Händlerrabatt um diejenigen Anteile zu reduzieren, die der Vertragshändler für „verwaltende" (vermittlungsfremde) Tätigkeiten erhält.

Für die Einbeziehung von zusätzlichen Vergütungen in die Ausgleichsberechnung kommt es offenbar nicht darauf an, ob dem Vertragshändler ein vertraglicher Anspruch auf die gewährten Zusatzleistungen zusteht oder ob sie freiwillig geleistet worden sind. In beiden Fällen sind sie in die Preiskalkulation des Händlers eingeflossen und damit zum festen Bestandteil des individuellen Rohertrags geworden.

Vom Hersteller gezahlte Zuschüsse, die dem Ausgleich für vom Händler gewährte Großabnehmernachlässe dienen, sind - so der BGH - nicht als Entgelte für händlertypische Aufgaben einzuordnen (wenn doch, wären sie nicht zu berücksichtigen zugunsten des Händlers). Solche Zuschüsse seien nicht dazu bestimmt, ein dem Händler aufgebürdetes Absatzrisiko auszugleichen, also Tätigkeiten des Vertragshändlers zu entgelten, die händlertypisch - und damit nicht zu berücksichtigen sind. Sie seien vielmehr verkaufsfördernde Preisnachlässe des Herstellers an den Kunden.

Gebrauchtwagenzuschüsse des Herstellers sind zwar zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite sind aber die von der Klägerin den Kunden gewährten Preisnachlässe in Abzug zu bringen. Der BGH spricht von „versteckten Rabatten".

Allerdings mach der BGH auch klar, dass eine pauschale Kürzung um händlertypische Bestandteile in Höhe von 29 Prozent nicht zu beanstanden sei. Dieser Pauschbetrag kann aber nur vom Rohertrag ausschließlich der berücksichtigungsfähigen Zuschüsse (im vorliegenden Fall waren es der Großabnehmer-, der Gebrauchtwagen- und der Leasingzuschuss) abgezogen werden. Denn diese Zuschüsse waren gerade nicht händlertypisch.


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