Bosnisches Familienrecht
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Das bosnische Recht (FamG FBiH – Abkürzung für Föderation Bosnien und Herzegowina- 2005, 2013) folgt dem Zerrüttungsprinzip. Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie „schwer und dauernd zerrüttet ist“. Es gibt keine Trennungsdauer – das Getrenntleben ist als solche somit keine Scheidungsvoraussetzung.
Es gibt auch im bosnischen Familienrecht eine streitige und eine einvernehmliche Scheidung.
Im Verfahren wird unterschieden, ob die Ehe kinderlos ist oder nicht. Ehegatten mit Kindern sind verpflichtet, vor dem Scheidungsantrag ein Vermittlungsverfahren (Schlichtungsverfahren) durchzuführen. Der Schlichter soll versuchen, die Zerrüttung zu beseitigen, damit die Ehe fortgesetzt werden kann. Scheitert dies, soll über Sorgerecht, Aufenthalt, Umgangsrecht und Unterhalt der Kinder eine Einigung erzielt werden. Nur wenn dieses Schlichtungsverfahren scheitert (es sollte binnen 2 Monaten abgeschlossen sein), kann ein Antrag auf Scheidung im streitigen Verfahren gestellt werden.
Wird von einem Ehegatten die streitige Scheidung im Klageweg beantragt und bestreitet der beklagte Ehegatte den Klageinhalt nicht, wird das Verfahren als einvernehmliche Scheidung durchgeführt.
Eine einvernehmliche Scheidung auf Antrag ist erst nach mindestens 6-monatiger Ehe möglich. Die Folgen der Scheidung werden nachfolgend aufgeführt.
Scheidungsunterhalt in Bosnien und Herzegowina
Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch ist, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte weder genügend eigene Mittel zum Lebensunterhalt besitzt noch diesen aus seinem Vermögen bestreiten kann und darüber hinaus entweder nicht arbeitsfähig ist oder keine bezahlte Beschäftigung finden kann.
Im Fall groben Fehlverhaltens oder wenn die Unterhaltsverpflichtung eine „offensichtliche Ungerechtigkeit“ darstellen würde, kann das Gericht den Anspruch ablehnen.
Der Antrag auf nachehelichen Unterhalt kann grundsätzlich nur bis zum Schluss der Hauptverhandlung im Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren gestellt werden, in Ausnahmefällen noch bis zu einem Jahr nach Beendigung der Ehe.
Der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten kann zeitlich begrenzt werden. Dies insbesondere bei kurzer Ehedauer oder in Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte in absehbarer Zeit seinen Lebensunterhalt vermutlich selbst bestreiten kann.
Der Unterhaltsanspruch erlischt bei Wiederverheiratung oder beim Eingehen einer außerehelichen Lebensgemeinschaft, wenn sich der Unterhaltsberechtigte aus anderem Grund unwürdig gezeigt hat oder die Voraussetzungen der Bedürftigkeit entfallen sind.
Eheliches Vermögen in Bosnien und Herzegowina
„Ehelich Erworbenes“ unterliegt im Scheidungsfall einer Aufteilung in einem gesonderten Verfahren, wobei diese primär vertraglich vorgenommen werden soll. Erzielen die Ehegatten keine Einigung, übernimmt das Gericht auf Antrag eines Ehegatten oder eines Gläubigers die Aufteilung. Im Fall einer Zwangsversteigerung von nicht aufteilbarem Vermögen wird den Eheleuten ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
Auch Geschenktes zählt zum „ehelich Erworbenen“, ererbtes Vermögen dagegen nicht.
Die größte Errungenschaft mit dem FamG BiH 2005, 2013 liegt in der Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Eheleuten (vermögensrechtlicher Ehevertrag).
Elterliche Sorge in Bosnien und Herzegowina
Im Zuge des Scheidungsverfahrens ist das Gericht von Amts wegen verpflichtet, über alle Fragen bezüglich der minderjährigen Kinder zu entscheiden. Das Gericht entscheidet somit im Scheidungsurteil über Sorge- und Umgangsrecht, wobei ein gemeinsames Sorgerecht möglich ist. Im Verfahren ist ein Vormundschaftsorgan einbezogen und gegebenenfalls das Kind zu hören.
Kindesunterhalt in Bosnien und Herzegowina
Auch im Scheidungsverfahren wird von Amts wegen der Kindesunterhalt festgesetzt. Die Eltern können auch mittels Notariatsakt die Unterhaltshöhe einvernehmlich festsetzen.
Unterhaltsberechtigt sind Kinder bis zum 26. Lebensjahr, solange sie sich in Ausbildung befinden oder falls sie arbeitsunfähig sind, solange die Arbeitsunfähigkeit andauert. Es sind hierbei alle relevanten Umstände, wie zum Beispiel Alter und Ausbildung, zu beachten, wie auch der Beitrag zur Erziehung des Elternteils, bei dem das Kind nicht lebt.
Einvernehmliche Ehescheidung in Bosnien und Herzegowina
Eine Art der Ehescheidung in Bosnien und Herzegowina ist die einvernehmliche Ehescheidung der Ehepartner.
Die einvernehmliche Ehescheidung ist bei den Ehepartnern möglich, die eine gute Kommunikation beibehalten haben und die bereit sind, alle für die Ehescheidung wichtigen Fragen einvernehmlich zu lösen.
Die einvernehmliche Ehescheidung bezieht sich auf den Artikel 55. des Familiengesetzes, der lautet:
„Artikel 55:
(1) Das Gericht wird die Ehe scheiden, die einvernehmlich stattfindet, wenn es keine gemeinsamen minderjährigen Kinder oder adoptierte Kinder gibt oder Kinder, für die ein verlängertes Elternrecht besteht.
(2) Wenn einer der Ehepartner vor dem Urteilsspruch der Ehescheidung seine Entscheidung über die einvernehmliche Scheidung zurückzieht, wird das Verfahren eingestellt.“
Das einvernehmliche Ehescheidungsverfahren wird vom Anwalt schriftlich beantragt und beide Ehepartner sagen aus, dass sie einer einvernehmlichen Ehescheidung zustimmen und bestätigen, dass alle Bedingungen aus dem Artikel 55 des Gesetzes erfüllt sind.
Die Aussage muss von beiden Ehepartnern oder von ihren Anwälten unterschrieben werden, und sie müssen alle formellen Bedingungen nach dem Gesetz von Bosnien und Herzegowina erfüllen.
Als Beweis werden zusammen mit dem Antrag der Auszug aus dem Geburtenregister der (minderjährigen und volljährigen) Kinder und die Heiratsurkunde beigelegt.
Familienrecht & Scheidungsrecht in Bosnien und Herzegowina
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Rechtsanwalt Azur Prnjavorac
Bosnien und Herzegowina
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