Bundesgerichtshof entscheidet zu Kündigung von Bausparverträgen

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In einer Niedrigzinsphase sind ältere Bausparverträge zur Beschaffung eines zinsgünstigen Darlehens wenig interessant. Als Kapitalanlage sind ältere Bausparverträge dagegen in diesen Zeiten sehr attraktiv, da die Kunden in diesen Verträgen teilweise Sparzinsen von mehreren Prozent erhalten. Bei den aktuellen Zinsangeboten ist das für die Kunden eine gute Anlagemöglichkeit. 

Diese Verträge belasten naturgemäß die Bausparkassen. Bereits seit längerer Zeit haben Bausparkassen vollbesparte Verträge gekündigt. Bausparkassen dürfen gemäß § 488 Abs. 3 BGB Verträge beenden, bei denen die Bausparsumme erreicht ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 2. September 2013, Az. 19 U 106/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011, Az. 9 aU 151/11)

In den letzten Jahren haben viele Bausparkassen allerdings auch nicht voll besparte Verträge gekündigt, wenn sie seit mindestens zehn Jahre zuteilungsreif waren. Diese Praxis wurde von zahlreichen Oberlandesgerichten als unzulässig betrachtet (OLG Stuttgart, Urteile vom 4. Mai 2016, Az. 9 U 230/15; 30. März 2016, Az. 9 U 171/15; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016, Az. 17 U 185/15; OLG Bamberg, Urteil vom 10. August 2016, Az. 8 U 24/16).

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in zwei Entscheidung vom 21. Februar 2017 entschieden, wann diese Praxis zulässig ist. 

Das höchste deutsche Zivilgericht entschied, dass Bausparkassen Altverträge frühestens zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündigen dürfen, auch wenn sie noch nicht voll bespart sind (Urteile vom 21. Februar 2017, Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16).

Auf Bausparverträge sei Darlehensrecht anzuwenden, da während der Ansparphase die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber sei. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens komme es zu einem Rollenwechsel. Der Zweck des Bausparens bestehe darin, durch Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife habe der Bausparer diesen Anspruch auf das Darlehen erlangt, das Darlehen ist damit vollständig gewährt und die Bausparkasse habe es damit empfangen.

Wenn der Bausparer nunmehr weiter spart, entspreche das nicht mehr dem Vertragszweck. Somit steht den Bausparkassen ein gesetzliches Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, wenn seit Eintritt der Zuteilungsreife zehn Jahre vergangen sind.

Bei Verträgen mit Zinsbonus, bei denen der Bausparer eine gewisse Zeit auf das zugeteilte Bauspardarlehen verzichten konnte und dafür einen Zinsbonus erhielt, soll sich allerdings die 10 Jahresfrist erst von dem Zeitpunkt der Erlangung des Bonus an berechnen lassen. Erst zu diesem Zeitpunkt sei das Darlehen vollständig empfangen im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (BGH, Urteil vom 29. Februar 2017, Az. XI ZR 272/16).

Bausparkassen können in diesen Fällen erst dann kündigen, wenn die Voraussetzungen für den Bonus länger als zehn Jahre erfüllt sind.

Betroffene Kunden sollten sich daher über ihre rechtlichen Möglichkeiten beraten lassen.


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