Bußgeldverfahren – kurz und bündig

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Wie kann ich einen Bußgeldbescheid angreifen ?

Sie haben einen Bußgeldbescheid erhalten, weil Sie zu schnell gefahren sind? Sie wollen dagegen vorgehen, weil Sie das Bußgeld nicht zahlen wollen oder weil ein Fahrverbot oder Punkte in Flensburg drohen?

Im Internet kursieren immer wieder Behauptungen, dass zwei von drei Bußgeldbescheiden fehlerhaft wären. Das stimmt nicht. Die meisten Bußgeldbescheide sind korrekt. Es gibt aber zahlreiche Ansatzpunkte, um einen Bußgeldbescheid vom Tisch zu bekommen, ein Fahrverbot oder die Punkte in Flensburg zu vermeiden. Auch bei ordnungsgemäßen Bußgeldbescheiden gibt es Möglichkeiten, Sanktionen zu vermeiden.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung muss zunächst das Gerät geeicht und der Messbeamte geschult sein. Die Ausstattung des Gerätes muss weiterhin in Ordnung sein (teilweise dürfen z. B. Kabel nicht zu lang sein). Das Gerät muss korrekt aufgebaut werden (teilweise muss vor und nach der Messung eine Wasserwaage verwendet werden). Bei den meisten Geräten muss ein Selbsttest durchgeführt werden.

Anhand der Akte und durch Befragung des Messbeamten können hier möglicherweise Fehler aufgedeckt werden, die zur Aufhebung des Bußgeldbescheides führen können.

Die Messung muss korrekt durchgeführt werden. Welche Voraussetzungen dabei einzuhalten sind, richtet sich nach dem jeweiligen Gerät (Poliscan Speed, Multanova, Riegl, Leivtec, ESO, Traffipax etc).

In diesem Bereich ergeben sich aus dem Messprotokoll oder den sogenannten Rohdaten oft Erkenntnisse. Auch ist der Messbeamte zu befragen. Falls die Bedienungsanleitung des jeweiligen Gerätes nicht genau eingehalten wurde, muss der Bußgeldbescheid aufgehoben werden.

Die Messung muss weiterhin korrekt ausgewertet werden. Auch hier kann es zu Problemen kommen.

Anhörungsbogen und Bußgeldbescheid müssen entsprechend den gesetzlichen Vorschriften korrekt und fristgemäß versandt werden. Vereinfacht gesagt ist eine Ordnungswidrigkeit verjährt, wenn der Bußgeldbescheid erst drei Monate nach dem Vorfall beim Betroffenen ankommt. 

Zusätzlich gibt es eine zweite Verjährungsfrist von sechs Monaten, die oft übersehen wird. Bei der Berechnung der Verjährung sind einige Besonderheiten und Detailregelungen im Gesetz zu beachten.

Falls eine der gesetzlichen Verjährungsregelungen greift, ist der Bußgeldbescheid aufzuheben.

Soweit der Betroffene einen Rechtsanwalt beauftragt, wird dieser Einspruch einlegen und Akteneinsicht beantragen. Auf einen korrekt formulierten Antrag hin muss vollständige Akteneinsicht gewährt werden (z. B. Ermittlungsakte, Bedienungsanleitung zum Messgerät, Eichschein, Schulungsnachweis, Beschilderungsplan etc.).

Falls dem Anwalt keine vollständige Akteneinsicht gewährt wird, muss im Gerichtstermin das Verfahren ausgesetzt werden. Da die Gerichte überlastet sind, besteht hier oft die Möglichkeit, statt einer Verfahrensaussetzung das Bußgeld herabzusetzen oder sogar das Verfahren einzustellen.

Im Gerichtstermin ist der Messbeamte zu befragen (Aufbau des Messgerätes, Durchführung der Messung). Falls sich hier herausstellt, dass der Messbeamte sich mit dem Gerät gar nicht richtig auskennt, bestehen gute Chancen auf eine Einstellung des Verfahrens.

Soweit bis hierhin nichts beanstandet werden kann, kann eventuell trotzdem ein Fahrverbot aufgehoben werden, beispielsweise wenn der Betroffene den Führerschein aus beruflichen Gründen braucht oder wenn zwischen dem Blitzen und der letzten gerichtlichen Entscheidung ein gewisser Zeitraum vergeht.

Schließlich können im Gerichtstermin selbst Fehler gemacht werden. Die Gerichte haben zahlreiche Vorschriften zur Durchführung der Hauptverhandlung zu beachten.

Falls hier Fehler auftreten, kann mit einer Rechtsbeschwerde gegen das Urteil vorgegangen werden. Durch die Rechtsbeschwerde kann in jedem Fall Zeit gewonnen werden, sodass zumindest der Wegfall des Fahrverbotes diskutiert werden muss.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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