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Darf das Jobcenter Trinkgeld als Einkommen anrechnen?

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Jobcenter rechnen oftmals Trinkgelder als Einkommen an. Weigert sich der Leistungsempfänger, dem Jobcenter die Höhe des Trinkgelds mitzuteilen, wird dieses geschätzt. Doch darf das Jobcenter das überhaupt?

Nein, wie jetzt das Sozialgericht Karlsruhe mit Urteil vom 30.03.2016 – S 4 AS 2297/15 entschied.

Nach Auffassung des Gerichts seien Trinkgeldeinnahmen von Hartz-IV-Empfängern grundsätzlich nach § 11 a Abs. 5 SGB II nicht als Einkommen anzurechnen. Das Gericht brauchte deshalb gar nicht erst entscheiden, ob das Jobcenter überhaupt die Trinkgeldeinnahmen schätzen durfte.

Keine rechtliche oder sittliche Verpflichtung zur Zahlung von Trinkgeld

Das Geben von Trinkgeld beruhe nicht auf einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung. Es stelle eine freiwillige Leistung dar, die eine besonders gelungene Dienstleistung honorieren und dem Dienstleistenden selbst zukommen soll. Wüsste der Kunde, dass das Trinkgeld im Ergebnis die Situation des Dienstleistenden nicht verbessere, weil sich im selben Umfang die Leistungen des Jobcenters vermindern, würde der Kunde auch kein Trinkgeld an den Leistungsempfänger zahlen.

Anrechnung des Trinkgelds bedeutet unzumutbare Härte

Das Gericht findet dies ungerecht gegenüber den Kollegen, die mehr verdienen und zusätzlich ihr Trinkgeld behalten dürfen. Außerdem sei es auch schädlich für die Motivation der betroffenen SGB-II-Leistungsbezieher und ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Die Anrechnung des Trinkgeldes habe deshalb aufgrund Vorliegens einer unzumutbaren Härte zu unterbleiben, sofern das Trinkgeld ca. 10 % der gewährten Hartz-IV-Leistungen oder einen monatlichen Betrag von 60 € nicht übersteige.

Sofern das Jobcenter Trinkgeld als Einkommen anrechnet, sollte sich der Hartz-IV-Empfänger wehren. Es muss innerhalb eines Monats ab Zugang des Bescheides Widerspruch eingelegt werden. Hilft das Jobcenter dem Widerspruch nicht ab, bleibt nur der Weg zum Sozialgericht. Ein Anwalt für Sozialrecht kann helfen.


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