Darf sich der neue / potenzielle Arbeitgeber beim alten Arbeitgeber über den Bewerber erkundigen?
- 2 Minuten Lesezeit
Häufig fragen mich Mandanten, ob es zu befürchten ist, dass ein Unternehmen, bei dem man sich bewirbt, beim bisherigen Arbeitgeber Erkundigungen eingeholt.
Gerade in dem Fall, dass das frühere Arbeitsverhältnis im Streit beendet wurde, kann eine solche Erkundigung eine Bewerbung aussichtslos machen.
Es stellt sich die Frage, ob eine solche Erkundigung rechtlich zulässig ist.
Davon zu unterscheiden ist freilich die Frage, was gelebte Praxis in Bewerbungsprozessen ist.
Letztere Frage vorweggenommen: Es ist gang und gebe, dass potenzielle neue Arbeitgeber den bisherigen Arbeitgeber kontaktieren, entweder unmittelbar oder über einen zwischengeschalteten Personalvermittler.
Die rechtliche Zulässigkeit ist jedoch umstritten.
Kernfrage ist, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem sich bewerbenden Arbeitnehmer und dem angefragten Arbeitgeber noch besteht oder bereits gekündigt ist. Im Falle eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses ist es dem möglichen neuen Unternehmen verboten, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers den aktuellen Arbeitgeber abzufragen.
Die geschützte Rechtsposition des Mitarbeiters ergibt sich hier aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, welches auch für ein potentielles neues Unternehmen bereits Fürsorgepflichten ihm gegenüber begründet.
Grundsätzlich zulässig sind jedoch Erkundigungen bei vorherigen Arbeitgebern, wenn das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist, vergleiche Bundesarbeitsgericht am 18. Dezember 1984 – 3 AZR 389/83.
Empfehlenswert ist es daher für das einstellende Unternehmen, den betroffenen Bewerber über den eingeholten Kenntnisstand beim früheren Arbeitgeber zu informieren und dem Bewerber die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.
Die allgemeine Lebenserfahrung lehrt, dass jede Situation verschiedene Sichtweisen mit sich bringt und hinter jeder Auskunft auch Interessen und sogar Empfindungen stehen können.
Eine solche Beteiligung des Bewerbers kann meines Erachtens eine ausgezeichnete Basis für ein zu begründendes Arbeitsverhältnis bieten: Offenheit, der Umgang mit einer Konfliktsituation und das Schaffen von Vertrauen können positive Konsequenzen aus diesem Umgang sein. Eine negative Rückäußerung des bisherigen Arbeitgebers per se sollte keinen vernünftigen Personal-Sachbearbeiter (HR-Recruiter) dazu veranlassen, ohne weiteres die Bewerbung abzulehnen.
Aus Sicht des Arbeitnehmers ist zu empfehlen, bei Befürchtungen mit diesem Thema offen gegenüber dem neuen Arbeitgeber umzugehen und einen möglichen Konflikt mit dem früheren Arbeitgeber aus der eigenen Sicht darzustellen und dem künftigen Arbeitgeber somit zu signalisieren, dass man transparent mit der eigenen beruflichen Vergangenheit umgehen möchte. Nicht selten führt dies zum Erfolg.
Artikel teilen: